Guttenberg in der Kritik:Die einsame Show des bayerischen Barons

Lesezeit: 3 min

Karl-Theodor zu Guttenberg neigt häufig dazu, Politik nicht zu machen, sondern nur zu inszenieren. Das mag seine Popularität zwar sichern. Ansonsten aber hilft es niemandem.

Ein Kommentar von Nico Fried

Dieser Tage erlebt Karl-Theodor zu Guttenberg, wie nahe Einzigartigkeit und Einsamkeit beieinanderliegen. Der Verteidigungsminister hat Ärger mit der Kanzlerin, Teilen der Unionsfraktion und seiner CSU. Es geht um die Wehrpflicht, um Geld und um angebliche Intrigen.

Karl-Theodor zu Guttenberg: Eigentlich ist der Verteidigungsminister ein Freund der klaren Kante. Nur nicht, wenn es drauf ankommt.  (Foto: ag.dpa)

Am Samstag zogen Rücktrittsgerüchte durchs Land. Am Sonntag hieß es, Guttenberg wolle nicht zurücktreten - und am Montag plötzlich, er habe auf den Rücktritt verzichtet, den er doch gar nicht beabsichtigt hatte. Am lautesten aber dröhnte die ganze Zeit das Schweigen all der Kollegen, die Guttenberg nicht zum Bleiben überredeten.

Seit Februar 2009 ist Karl-Theodor zu Guttenberg nun Bundesminister. Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Zeit heißt, dass die Aufregung um seine Person meistens viel größer ist als die politische Wirkung des Ministers. An nichts wird das deutlicher als an seinem erneut ausgefallenen Abgang. Schon zweimal war nun davon die Rede, beide Male hat Guttenberg nicht geliefert. Der Minister ist ein Freund der klaren Kante. Nur nicht, wenn es drauf ankommt.

Ein bisschen Neid ist wohl dabei

Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch Neid auf Deutschlands beliebtesten Politiker jene bösen Geschichten mitschreibt, die jetzt zum Beispiel über sein rumpelstilzchenhaftes Benehmen verbreitet werden. Aber Guttenberg hat auch sehr viel dafür getan, sich diese Missgunst unter Kollegen zu verdienen. Der Freiherr hat sich schon in seiner Zeit als Wirtschaftsminister sorgsam als Solitär inszeniert. Es kann ihn nicht wirklich wundern, dass er jetzt isoliert erscheint. Guttenberg hat sich bewusst vom Typus des gewöhnlichen Politikers abgegrenzt. Hier der ungewöhnliche Minister, dort der übliche Betrieb. Das hat manche verprellt, die er jetzt als Unterstützer gut gebrauchen könnte.

Als Guttenberg das erste Mal mit seinem Rücktritt spielte, ging es um Opel. Der damalige Wirtschaftsminister stand in der großen Koalition allein gegen alle, blieb aber im Amt. Guttenberg inszenierte sich als Hüter ordnungspolitischer Grundsätze und lebte davon, anders zu sein als die Kompromissler in Regierung und Koalition. Sein politisches Programm bestand ganz wesentlich darin, eigentlich kein Politiker zu sein.

Könnte sich so jemand jetzt ernsthaft darüber beklagen, ihm fehlten die Verbündeten und niemand redete mit ihm?

Als sein Ministerium im Sommer 2009 mitten im Wahlkampf die Reinheit der Lehre in einige praktische Punkte übersetzte, verwarf Guttenberg das Papier, obwohl es in weiten Teilen der Unions-Programmatik entsprach. Weniger Kündigungsschutz, keine Mindestlöhne, Steuersenkungen. Der Minister ließ sich mit dem Satz zitieren: "So geht das nicht." Er versprach, ein neues Konzept zu erarbeiten. Es kam nie zustande. "So geht das", hat man von ihm nicht mehr gehört. Er ging einfach weiter, wo er einmal hätte stehen können.

Karl-Theodor zu Guttenberg
:Der inszenierte Minister

Bundesverteidigungsminister Guttenberg weiß, welche Bilder ankommen. Erst rückte er sich sich in Afghanistan ins rechte Bild. Nun ist Berlin wieder seine Bühne.

Als Verteidigungsminister immerhin hat Guttenberg ein unbestreitbares Verdienst: Er hat den Umgang der deutschen Politik mit dem Krieg in Afghanistan ehrlicher gemacht. Es mag ihm leichter gefallen sein, weil er als überzeugter Transatlantiker außenpolitisch in amerikanischem Realismus gelehrt worden ist. Ob die neue Strategie, die er für den Militäreinsatz mit entworfen hat, erfolgreicher sein wird als die gescheiterten Strategien der vergangenen neun Jahre, muss sich freilich noch erweisen.

Ohnehin kann die nüchterne Afghanistan-Politik Guttenbergs Hin und Her bei anderen Problemen nicht verdecken. Den Militärschlag in Kundus fand er erst militärisch angemessen, ein paar Wochen später militärisch nicht angemessen. Damals redete sich der Minister darauf hinaus, hochrangige Mitarbeiter hätten ihm wichtige Informationen vorenthalten. Bis vor ein paar Wochen verteidigte Guttenberg auch die Wehrpflicht vehement als militärisch angemessen, inzwischen nicht mehr. Wahrscheinlich haben ihm diesmal hochrangige Mitarbeiter zu lange Informationen über die Kassenlage in Deutschland vorenthalten.

Immer das gleiche Muster

Der Minister zu Guttenberg neigt häufig dazu, Politik nicht zu machen, sondern nur zu inszenieren. Ginge es ihm wirklich nur um die Zukunft der Bundeswehr, dann hätte er seinen Vorstoß zur Aussetzung der Wehrpflicht vorbereitet und sich Verbündete in den eigenen Reihen und jenseits der FDP gesucht. Stattdessen hat Guttenberg den Alleingang gewählt und fühlt sich nun allein gelassen. Hier der tapfere Reformer, da der mutlose Betrieb. Immer das gleiche Muster. Dieses Muster mag die Popularität des Ministers sichern. Ansonsten hilft es niemandem.

Guttenberg bedient bisweilen ein Politikverständnis, das nur richtig und falsch kennt, Freund und Feind, nichts dazwischen, vor allem keine Zweifel. Das wiederum suggeriert, dass Politik viel einfacher sei, als die Bürger sie erleben; dass auch hopplahopp gehen könnte, was manchmal Wochen, Monate oder Jahre dauert. Dieses Politikverständnis entwertet den Kompromiss, der in Wirklichkeit wertvoll ist - und zwar umso mehr, je härter er errungen wurde.

In der Diskussion um die Wehrpflicht hat die Kanzlerin dem Minister nun ausdrücklich keine Denkverbote auferlegt. Guttenberg sollte das auch einmal auf seine Rolle als Politiker beziehen.

© SZ vom 15.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Karl-Theodor zu Guttenberg
:Baron Bundesminister

Der beliebteste, bestangezogene, als Direktkandidat erfolgreichste Politiker Deutschlands heißt Karl-Theodor zu Guttenberg. Die steile Karriere des Wirtschaftsministers in Bildern.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: