Gipfeltreffen in Lissabon:Berlin und Paris einig über Nato-Strategie

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Frankreich und Deutschland legen ihren Streit über die künftige Nato-Strategie bei. Bundeskanzlerin Merkel will Russland beim Aufbau eines Raketenschirms beteiligen.

Im Streit um das politische Ziel einer neuen Nato-Raketenabwehr für Europa haben Frankreich und Deutschland kurz vor Beginn des Nato-Gipfels in Lissabon ihren Streit beigelegt. Mit der deutsch-französischen Einigung ist damit eines der letzten Hindernisse für die Annahme des neuen strategischen Konzepts der Allianz aus dem Weg geräumt.

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:Die Expansion der Nato

1949 fing das nordatlantische Verteidigungsbündnis mit zwölf Mitgliedern an. Inzwischen sind es 26 - und die nächsten stehen vor der Tür.

Diplomaten sagten am Freitag, die Regierungen in Paris und Berlin hätten sich auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach verzichtet die Atommacht Frankreich auf die Formulierung, wonach die Raketenabwehr nur "komplementär", also ergänzend zur atomaren Abschreckung sei. Frankreich pocht auf den uneingeschränkten Zugriff auf sein Atomwaffenarsenal.

Der von Deutschland gewünschte Hinweis auf neue Abrüstungschancen wird diesen Angaben zufolge nicht direkt mit der Raketenabwehr verbunden. Dieser Passus des Konzepts werde davon getrennt festgeschrieben. Zugleich wird darauf hingewiesen, dass Abrüstung nur "gleichmäßig" und "gleichgewichtig" möglich sei.

Eine Nato-Sprecherin wollte die Einigung offiziell nicht bestätigen, formulierte jedoch: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir eine Einigung über sämtliche Fragen der Raketenabwehr haben werden." Nun muss die Gipfelrunde noch eine Formel finden, in der es um die Zusammenarbeit zwischen der Nato und der EU geht. Die Türkei will nicht von einer "strategischen Zusammenarbeit" sprechen. Dahinter steht der Konflikt zwischen der Türkei und dem EU-Mitglied Zypern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hob unterdessen die Bedeutung des Nato-Gipfels für die Beziehungen zum ehemaligen Bündnis-Gegner Russland heraus. Die Beratungen in Lissabon "können ein Meilenstein in der Entwicklung der Nato und in Beziehung auf Russland sein", sagte Merkel am Freitag in Berlin nach einem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsident Mark Rutte. Das neue strategische Konzept der Nato, das auf dem Gipfel verabschiedet werden soll, beschreibe nicht nur klar die Herausforderungen und Gefahren des Bündnisses.

Die Installation eines europäischen Nato-Raketenabwehrschirms sei ein ganz wesentlicher Punkt und eine gute Botschaft. "Ich wünsche mir, dass Russland, so weit es möglich ist, dort einbezogen wird", betonte Merkel wenige Stunden vor Beginn des zweitägigen Treffens. Dies könne eine neue Qualität in den Beziehungen zu Russland bedeuten.

Wichtig sei aber, dass die Nato sich nicht nur gegen neue Gefahren wappne, sondern auch das Thema Abrüstung betone. "Dies sind zwei Säulen eines gemeinsamen Konzepts." Auch Außenminister Guido Westerwelle lobte, dass das strategische Konzept das Ziel einer atomwaffenfreien Welt betone. "Natürlich ist das kein Abrüstungsvertrag", sagte er in Berlin. Solange es Atomwaffen in der Welt gebe, werde auch die Nato daran festhalten. Aber es sei wichtig, dass Abrüstung und der Kampf gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen auf die Tagesordnung der Nato gesetzt würden.

Zugleich forderte er eine Nachfolgekonferenz speziell zur Abrüstung, um dort über den Abbau der taktischen Atomwaffen in Europa zu sprechen. Dabei müsse es auch darum gehen, dass Russland ebenfalls seine taktischen Nuklearwaffen reduziere.

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