EU:Deutschland erfüllt nur seine humanitären Pflichten

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Insgesamt nimmt die EU 50 000 schutzbedürftige Menschen auf. (Foto: dpa)

10 000 sorgsam überprüfte Flüchtlinge will die Bundesrepublik aufnehmen. Selbst die AfD dürfte, wenn sie ihre eigenen Worte ernst nähme, nichts dagegen haben.

Kommentar von Josef Kelnberger

Geht Deutschland wieder einmal voran mit seiner Willkommenskultur? Zehntausend Flüchtlinge vor allem aus Nordafrika will die Bundesregierung bis Herbst 2019 aufnehmen - das erinnert auf den ersten Blick an 2015, als Kanzlerin Angela Merkel die deutschen Grenzen öffnete. Doch in Wahrheit ist diese Umsiedlung das Gegenteil des Alleingangs von damals. Es handelt sich um ein von den Vereinten Nationen angestoßenes Programm. Deutschland beteiligt sich daran unter dem Dach der Europäischen Union, die sich zur Aufnahme von 50 000 Menschen verpflichtet hat. Und die Menschen werden nach eingehender Überprüfung abgeholt in ihrer Not.

Selbst die AfD dürfte, wenn sie denn ihre eigene Rede ernst nähme, nichts dagegen haben: Die Flüchtlinge kommen nicht nach langer und gefährlicher Flucht übers Mittelmeer oder die Balkanroute nach Deutschland, nicht illegal und nicht nach dem Prinzip: Nur die Stärksten, also vor allem junge Männer, kommen durch. Es verdient auch kein Schleuser daran. Nach Deutschland kommen Folteropfer, vergewaltigte Frauen, alleingeflüchtete Kinder. Innenminister Seehofer hat jetzt seine Zustimmung gegeben, weil die Flüchtlinge einem peniblen Sicherheitscheck unterzogen werden. Ein Programm für besonders schutzbedürftige Menschen also.

Es passt, dass die Nachricht heute publik wurde, am selben Tag, an dem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron in Berlin mit Angela Merkel über die Zukunft der Europäischen Union beraten. Was diese kriselnde, von den Rechtpopulisten bedrängte EU wieder beleben kann? Ein gemeinsamer Haushalt, ein gemeinsamer Finanzminister? Neue Legitimation wird sie letztlich nur dann gewinnen, wenn sie eine gemeinsame Antwort auf die drängendste Frage unserer Zeit findet, auf das Flüchtlingsproblem.

Das Kontingent der 50 000 deutet an, wie das aussehen könnte. Auch Frankreich hat zugesagt 10 000 von ihnen aufzunehmen. Blickt man aber weiter auf die Liste der aufnehmenden Länder, verflüchtigt sich die Hoffnung schnell. Stand heute: Ungarn 0, Polen 0, Slowakei 0. Es wird auf absehbare Zeit keine gemeinsame europäische Linie geben. Und auch wenn Flüchtlingsorganisationen nun kritisieren, Deutschland nehme zu wenig Menschen auf, so ist sind die 10 000 wohl das politische Machbare. Deutschland erfüllt seine humanitären Pflichten, nicht mehr und nicht weniger.

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Bei den Menschen soll es sich um besonders Schutzbedürftige vor allem aus Nordafrika handeln, die in die EU umgesiedelt werden. Aus Brüssel kommt Lob für Deutschlands Solidarität.

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