Deutsche Flüchtlingspolitik:Österreichs Innenministerin begrüßt Rückkehr zum Dublin-Verfahren

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  • Innenminister Thomas de Maizière will das Dublin-Verfahren für syrische Flüchtlinge wieder einführen.
  • Die österreichische Innenministerin Mikl-Leitner nennt diese Ankündigung "eine Rückkehr zu einer Kultur der Vernunft".
  • Doch in der Realität dürfte die Entscheidung kaum Folgen haben.

Mikl-Leitner befürwortet deutschen Schwenk

Die deutschen Überlegungen für einen restriktiveren Umgang mit syrischen Flüchtlingen stoßen im Nachbarland Österreich auf Zustimmung. "Das wäre das Signal, auf das wir die letzten Wochen gewartet haben - der Wendepunkt von der grenzenlosen Willkommenskultur zurück zu einer Kultur der Vernunft und des Augenmaßes", sagte Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

"Jetzt ist es aber auch notwendig, diese Nachricht auch deutlich in die Welt zu senden, damit sie auch wirkt", fügte die konservative Politikerin hinzu. Europa sei in eine Schieflage geraten, weil das Dublin-Verfahren zwischenzeitlich ausgesetzt war.

De Maizières Ankündigung

Am Dienstag hatte das von Thomas de Maizière (CDU) geführte Innenministerium bestätigt, dass Deutschland dieses Verfahren wieder anwendet. Syrische Asylbewerber sollen nun wieder in diejenigen EU-Länder zurückgeschickt werden, über die sie zuerst in die Europäische Union eingereist sind. Nur nach Griechenland soll nicht abgeschoben werden.

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Der Innenminister hat versucht, möglichst vielen Flüchtlingen starken Schutz zu nehmen. Das passt zur Tendenz der Bundesregierung, doch de Maizières Taktieren ist eine Katastrophe für die Flüchtlingspolitik.

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Für die Betroffenen soll es - im Unterschied zu der im August aus humanitären Gründen geänderten Praxis - wieder Einzelfallprüfungen geben. Dabei wird auch eine Rolle spielen, wie realistisch es ist, Syrer in einen anderen Mitgliedstaat abzuschieben. Eben das dürfte schwierig werden. Denn nur wenige der Flüchtlinge, die derzeit nach Deutschland kommen, sind zuvor in einem anderen EU-Staat registriert worden. Inoffiziell ist von maximal drei Prozent die Rede.

SPD - von der Entscheidung kalt erwischt

Die Union will die Hürden für Syrer auch beim Familiennachzug erhöhen. Über einen solchen Kurswechsel wird nun zunächst auf Ebene der Länder-Innenminister mit der SPD beraten. Doch SPD-Vize Ralf Stegner geht davon aus, dass die Konservativen mit ihrem Plan scheitern werden. "In der Innenministerkonferenz gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Es wird also nichts", sagte Stegner in Berlin.

Er kritisierte außerdem die Kommunikation des Koalitionspartners CDU/CSU in den vergangenen Tagen. Die überraschende Rückkehr zum Dublin-Verfahren für syrische Asylbewerber reihe sich in diese Kette ein. De Maizières Argument, er könne das als zuständiger Minister alleine anweisen, sei nicht überzeugend. "Das Ressortprinzip ist gut und schön. Das ist aber keine Entschuldigung für mangelhaftes Kommunikationsverhalten."

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Innenminister de Maizière sorgt für Zoff: Für seinen Vorstoß, die Rechte von Flüchtlingen zu beschneiden, wird er von den einen gegeißelt, von den anderen erhält er Zuspruch.

In der Praxis werde die Entscheidung ohnehin kaum Folgen haben, weil das alte Dublin-System "tot" sei, so der SPD-Politiker. Es müsse dringend ein neues, solidarisches Verteilsystem innerhalb der EU geben. Dies dürfe allerdings die kleinen Länder nicht überfordern.

Informationen aus Parteikreisen zufolge wurde die SPD-Spitze von der Entscheidung de Maizières kalt erwischt. Dies sei im Vorfeld nicht mit der Bundesregierung abgesprochen worden. Die Union wolle offensichtlich ein "Ordnungssignal" aussenden.

Unmut in der Union über Merkels Flüchtlingspolitik

Doch auch innerhalb der Union schwelt weiter Unmut über den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). In einer dreistündigen, kontroversen Diskussion meldeten sich in der Fraktionssitzung am Dienstag erneut mehrere Abgeordnete zu Wort und verlangten, Flüchtlinge an den Grenzen zurückzuweisen.

Merkel dagegen verteidigte ihr Vorgehen und warb um Geduld. "Wir arbeiten am Problem", betonte sie nach Teilnehmerangaben und appellierte an die Abgeordneten, sie zu unterstützen.

© SZ.de/dpa/jly - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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