Flüchtlinge:De Maizière will mehr Syrer in EU-Länder zurückschicken

  • Asylbewerber aus Syrien sollen künftig wieder häufiger in andere europäische Länder zurückgeschickt werden.
  • Wenn das Dublin-Verfahren in Deutschland wieder Anwendung findet, müssten viele Flüchtlinge nach Bulgarien, Rumänien oder Kroatien zurückkehren und dort ihren Asylantrag stellen.
  • Das Problem ist die Durchsetzung. Ein Großteil der Syrer will nach Deutschland.

Von Roland Preuß

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) unternimmt einen weiteren Schritt, die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland zu reduzieren. Syrer sollen künftig wieder häufiger in andere europäische Länder zurückgeschickt werden. Das entsprechende Dublin-Verfahren der EU gelte auch wieder für syrische Flüchtlinge, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Dienstag mit.

Deutschland verfolge das Ziel, zu geordneten Verfahren zurückzukehren, dazu "gehört auch die Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens", erklärte der Sprecher. Eine entsprechende Anweisung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) greife bereits seit dem 21. Oktober und sei "selbstverständlich mit Billigung der Hausleitung", also von de Maizière, ergangen. Die SPD-Vizevorsitzende und Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz, kritisierte die Entscheidung. "Es kann nicht sein, dass der Bundesinnenminister, statt für Ordnung zu sorgen, die Abläufe fast täglich chaotisiert", sagte sie. Die Dublin-Verfahren seien aus gutem Grund ausgesetzt worden, um den bürokratischen Aufwand zu verringern.

Nach dem Dublin-Verfahren ist grundsätzlich der EU-Staat für das Asylverfahren zuständig, den ein Flüchtling zuerst betreten hat. Rechtlich gesehen müssten viele Flüchtlinge also in Griechenland, Bulgarien, Rumänien oder Kroatien bleiben. Laut EU-Recht darf Deutschland Flüchtlinge, die bereits im Land sind, in den zuständigen EU-Staat zurückschicken. Wegen der katastrophalen Lage vieler Schutzsuchender in Griechenland schieben die Behörden allerdings bereits seit Jahren so gut wie keinen Flüchtling mehr Richtung Athen ab, sondern prüfen die Asylanträge selbst.

Seit dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen ist das Bamf auch in vielen anderen Fällen dazu übergegangen, die Asylanträge in Deutschland zu prüfen, im ersten Halbjahr 2015 wurden nur 108 Syrer in EU-Staaten zurückgeschickt. Ende August teilte die Behörde sogar per Twitter mit, dass die Dublin-Verfahren derzeit "faktisch nicht weiter verfolgt" würden. Kritiker machten diese vielfach verbreitete Kurzbotschaft mitverantwortlich für den Zustrom an Flüchtlingen in den darauffolgenden Wochen.

Familiennachzug soll für zwei Jahre ausgesetzt werden

Vergangene Woche hatte er bereits Irritationen in der Bundesregierung und Kritik beim Koalitionspartner SPD hervorgerufen, als er das Bamf angewiesen hatte, Syrer nicht mehr pauschal als Asylsuchende nach der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen, sondern häufiger als subsidiär Schutzberechtigte, die einen geringeren Status erhalten. Jeder Asylantrag soll dazu wieder einzeln geprüft werden, so wie dies bis November 2014 der Fall war. Die Koalition hatten zuvor beschlossen, dass der Familiennachzug für diese Gruppe für zwei Jahre ausgesetzt werden soll.

Nun also kommt der nächste Schritt, der den Zustrom von Syrern verringern soll. Damit will de Maizière das häufig totgesagte aber weiterhin geltende Dublin-Verfahren wiederbeleben und so eine gewisse Lastenteilung in der EU erzwingen. Bisher nehmen wenige EU-Staaten die große Mehrheit der Flüchtlinge auf, unter ihnen Schweden und Deutschland.

Das Problem ist die Durchsetzung. Ein Großteil der Syrer will nach Deutschland, nicht nach Bulgarien. Die Menschen müssten also entweder an der Grenze abgewiesen oder (womöglich mehrmals) aus Deutschland in das zuständige EU-Land zurückgeschickt werden - und dort eine Perspektive erhalten, die sie im Land hält.

Es sei jedoch nicht geplant, jemand an den Grenzen zurückzuweisen, heißt es aus dem Innenministerium.

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