Demokratische Republik Kongo:Goldrausch mit Risiko

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Kongos Rohstoffreichtum könnte dem Land einen Aufschwung bescheren - oder wieder nur Chaos entfachen.

Marc Hofer, Mongbwalu

Die Arbeit beginnt früh in Mongbwalu. Durch den Morgennebel stapfen die ersten Männer von der nahen Siedlung herbei, vorbei an den Gebäudeskeletten, die im tropischen Klima vor sich hinrosten. Das Ziel der Arbeiter: Die alte Goldmine, die einst von den Belgiern errichtet wurde.

(Foto: Foto: Marc Hofer)

Hier, im Osten der Demokratischen Republik Kongo, sucht man wie vor hundert Jahren nach dem schnellen Reichtum: In der dunkelroten Erde der Ituri-Provinz liegt eines der größten Goldvorkommen der Erde.

Die belgischen Kolonialherren hatten den Rohstoffreichtum entdeckt und beuteten die Bodenschätze aus. Als die Europäer überhastet 1960 den Kongo verließen, blieb ein Netz aus Missionen, Handelsstationen und Straßen zurück. In der Folgezeit, die mitunter von chaotischen Zuständen gezeichnet waren, verfielen sie mehr und mehr.

Gierig nach Gold - wie einst die "Muzungus"

Der jahrelange Bürgerkrieg in dem Land, das mehr als sechs Mal so groß ist wie die Bundesrepublik, war auch ein Kampf um die wertvollen Vorkommen, die im heimischen Boden schlummern. Gold, Silber, Diamanten, allerlei Erze und andere Bodenschätze, auch Öl.

Früher suchten die Weißen, die "Muzungus", hier gierig, heute machen die Bodenschätze diejenigen reich, die im Kongo die Macht haben. Die Demokratische Republik Kongo bezieht inzwischen 70 Prozent ihrer Auslandsdevisen aus dem Mineralienhandel. Im Jahr 2001 wurden die Mineralienexporte auf fast 1,9 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Traditionell entfällt 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes auf den Minensektor. Die große Menge der illegalen Exporte zählen in den offiziellen Statistiken nicht mit.

Der immense natürliche Reichtum sorgte nicht für allgemeinen Wohlstand - das Pro-Kopf-Einkommen liegt nur bei 160 US-Dollar - sondern für Gewalt. In den blutigen Konflikten seit 1996, dienten Gold und andere Mineralien hauptsächlich dazu, den Krieg der Bürgerkriegsparteien zu finanzieren.

Obendrein schürten die Werte in Kongos Erde den Neid der Nachbarn: Staaten wie Uganda oder Ruanda mischten mit, um einen Teil des Reichtums abzukriegen.

Die Endkunden des Goldes, der Edelsteine und Metalle aus dem Westen und aus China interessierten sich nicht sonderlich für die brutalen Umstände im Fördergebiet - niedrige Preise sind einfach zu verlockend.

Ein "goldenes Zeitalter" vor Augen

Heute sieht man zumindest in der Ituri-Provinz wenig von der konfliktreichen Vergangenheit. Es gibt keine schwerbewaffneten Milizionäre in den Abbaugebieten und die Minenarbeiter werden nach festen Goldpreisen bezahlt. Die halbstaatliche Minengesellschaft Okimo hat die Kontrolle über die meisten Fördergebiete übernommen und versucht den Abbau offiziell zu regulieren.

Allerdings soll sich dieser Status quo bald ändern. Heute ist es relativ ruhig in diesem Teil von Afrikas drittgrößtem Staat - und die Hoffnung auf ein wahrhaft "goldenes Zeitalter" sprießt: Die steigenden Goldpreise könnten eine Chance für die ruinierte Wirtschaft des Kongo sein. Unerlässlich dafür ist das Engagement von außen - und das wächst. Ausländische Bergbaufirmen drängen ins Land.

Durch die stabile politische Lage in der Ituri-Provinz interessieren sich auch immer mehr ausländische Investoren und Förderunternehmen für die Gold- und Mineralienreserven.

Vor allem die hiesige Tochter des südafrikanischen Bergbaukonzerns AngloGold Ashanti - Ashanti Goldfields Kilo (AGK) - schickt sich an, größere Konzessionen der kongolesischen Staatskooperative Okimo zu übernehmen. Brisant dabei ist, dass die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW) dem Konzern vorwirft, lokale Milizen unterstützt zu haben, um Zugang zu den Anbaugebieten zu bekommen. AGK bestritt die Vorwürfe und HRW konnte letztendlich keine eindeutigen Beweise vorlegen.

Der Investor und die Sorgen des Abtes

Der südafrikanischen Konzern hat auch bei Abt Alfred Misstrauen geweckt: "Wir sind besorgt über das Engagement von AGK in der Region", sagt der Kirchenmann zu sueddeutsche.de. Die Firma verbesserte die Infrastruktur und versprach weitere Hilfe - doch ob AGK das soziales Engagement wirklich ernst meint, daran zweifelt der Geistliche.

"Letztendlich ist AGK kein Philanthropenverein, sondern eine Firma, die Geld machen will", sagt Abt Alfred. Er ist Mitglied von Caritas und Teil einer Aufsichtsgruppe, die den ausländischen Förderunternehmen auf die Finger schaut, die in der Region arbeiten möchten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum sich der Gold-Schmuggel lohnt - und wovor Abt Alfred Angst hat.

Allerdings sind internationale Konzerne nicht das einzige Problem. Während des Chaos der letzten Jahre, sind immer mehr "Artisinal Mines" entstanden - Abbaugebiete die nicht unter staatlicher Kontrolle durch die Staatskooperative Okimo sind. Meist in abgelegenen Gebieten, arbeiten Minenarbeiter auf eigenes Risiko unter eigener Regie oder für private Minenbesitzer.

Klicken Sie auf die Karte für eine größere Darstellung. (Foto: SZ-Karte)

Okimo hat versucht, diesen illegalen Minen etwas Unterstützung durch technisches Gerät zukommen zu lassen, um im Gegenzug zu verhindern, dass deren Ausschuss auf dem Schwarzmarkt landet. Allerdings hat AGK angekündigt, diese "freischaffenden Minenarbeiter" nicht zu unterstützen.

"Was passiert, wenn AGK einen Claim beansprucht und diese Minenarbeiter trotzdem nicht gehen wollen?", fragt Jean-Paul Lonema besorgt. "Wird AGK sie dann mit Hilfe von Polizei oder Militär vertreiben und die korrupten Strukturen ausnutzen?"

Lonema, einer der wenigen Mitarbeiter von Caritas, die direkt mit den Männern in den Minen zu tun hat, räumt ein: "Hier gibt es viel Potential für neue Konflikte."

Die ausländischen Konzerne, die Leute an den staatlichen Schaltstellen, die Arbeiter, die sich durch die Erde und das Gestein wühlen - sie alle wollen möglichst viel verdienen.

"Wenn ich nicht für Okimo oder einen anderen Betreiber arbeite, verdiene ich weitaus mehr mit dem Gold, das ich finde", behauptet einer der Männer in der "illegalen" Mine von Biri-Biri.

Die Grenzer halten gerne die Hand auf

Die Arbeiter verkaufen ihre Funde direkt an lokale Händler, die das Gold meist ins Ausland schaffen. In Kampala, der Hauptstadt des benachbarten Uganda, hat sich in den Jahren des Krieges eine Szene für illegalen Mineralienhandel etabliert - sie floriert nach wie vor.

Einer derjenigen, die in Kampala mitverdienen, ist Henri. "Du kannst drei Dollar pro Gram zahlen und du bekommst ein gefälschtes Zertifikat", versichert er, "gar kein Problem. Wir haben hier alles, Gold, Holz, Koltan oder Diamanten".

Für Henri, den kongolesischen "Händler", ist es klar, weshalb er lieber in Uganda als in der Heimat seine Geschäfte macht: "Die kongolesische Regierung bezahlt unter Preis. Also schaffen wir das Gold nach Kampala oder Nairobi und bekommen weitaus mehr Geld."

Der Schmuggel über die Grenze ist kein Problem: Henri und die anderen Händler können auch großere Mengen ins Ausland schleusen - Zöllner und Grenzer lassen sich zumeist bestechen.

Der Weg dieses Goldes auf den internationalen Markt bleibt so im Dunklen. Niemand kann später mit Sicherheit sagen, wo es gefördert wurde - und ob damit ein Bürgerkrieg finanziert wurde.

Diejenigen Kongolesen, die den legalen Weg im glänzenden Geschäft wählen, setzen auf das Enagement ausländischer Investoren wie Ashanti Goldfields Kilo. Die meisten Minenarbeiter teilen nicht die Zweifel von Abt Alfred.

"Wenn sie hierherkommen und uns helfen, ist das eine gute Sache", sagt Maurice Likolo, der in der von Okimo betriebenen Mine in Kilo-Moto arbeitet. Weder von ihm, noch den anderen Kumpeln kommt ein negatives Wort über die Südafrikaner. Likolo ist bemüht positiv gestimmt.

Nach dem Besuch bei den Minenarbeitern erklärt Abt Alfred die Kritiklosigkeit mit der Angst vor den kommenden Herren der Anlage: "Die Firma hat hier einen lokalen Agenten und niemand will negativ auffallen", sagt Alfred und räumt ein: "Auch ich habe manchmal Angst. Wenn dieser Deal platzt, dann entgeht auch einigen Regierungsmitgliedern viel Geld durch Konzessionen. Die werden da nicht tatenlos dabei zusehen, wenn jemand das Geschäft blockiert."

So sehen die Menschen in der Ituri-Provinz einer zweifelhaften Zukunft entgegen. Das Geschäft - im Kongo kann es Fluch und Segen bedeuten.

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