CDU-Abstimmung zum Koalitionsvertrag:Hauptsache regieren

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Nur zwei Enthaltungen und keine Gegenstimme: Die Kanzlerin referiert 45 Minuten lang, dann billigt die CDU den Koalitionsvertrag. Für Kritik ist da kaum Platz. Aber der Enthusiasmus über das Ergebnis der Wahl ist verflogen.

Von Nico Fried, Berlin

Ganz am Ende, als der Koalitionsvertrag vom kleinen Parteitag der CDU gebilligt worden ist, da geht Angela Merkel noch einmal ans Mikrofon. Sie wolle sich bedanken für eine muntere Diskussion, sagt die Parteivorsitzende, und auch für "den Impuls", den einige jüngere CDU-Politiker in einem Thesenpapier am Wochenende schon mit Blick auf die nächste Bundestagswahl gegeben hätten. "Natürlich denkt man da zunächst, es wäre schön wenn wir jetzt erst mal eine Regierung von 2013 bis 2017 hätten", sagt die Kanzlerin in einem Anflug von Süffisanz. Aber es sei doch andererseits auch ein gutes Zeichen, "dass so viele mitdenken" in dieser CDU, über die manche schon gesagt hätten, sie sei gar nicht mehr lebendig.

So sieht wohl eine rundum zufriedene Angela Merkel aus. Es hat ein paar kritische Wortmeldungen zum Koalitionsvertrag gegeben, aber in der Abstimmung nur zwei Enthaltungen und keine Gegenstimme. Die etwa 180 Delegierten brachten auch den Kalender der Kanzlerin nicht durcheinander, die schon vor Beginn des CDU-Bundesausschusses um 12 bereits für 16 Uhr den nächsten Termin ankündigen ließ: Eintrag ins Kondolenzbuch für Nelson Mandela in der südafrikanischen Botschaft. Bei so viel Disziplin ist auch die Chefin in Geberlaune und stellt im Schlusswort mehr innerparteiliche Mitsprache in Aussicht, nachdem sie das Wahlprogramm vor ein paar Monaten noch im engsten Kreis der Unionsspitze besprochen hatte. Dann singen alle die Nationalhymne.

So läuft das in der CDU. Drei Stunden währte der kleine Parteitag. In der SPD werden die Diskussionen über den Koalitionsvertrag fast drei Wochen gedauert haben, wenn am Samstag das Mitgliedervotum ausgezählt wird. Und man kann keineswegs sicher sein, was dabei herauskommt. In der CDU aber gilt: Hauptsache regieren, die Details regeln wir später. Deshalb kündigen auch diejenigen, die am Koalitionsvertrag etwas auszusetzen haben, keinen Widerstand an, sondern nur, dass sie genau hinschauen wollen, wenn die Vereinbarungen dann zu Gesetzen werden.

Eine typische Angela Merkel-Rede

Angela Merkel hält zum Auftakt dieses Bundesausschusses eine typische Angela Merkel-Rede: Sie zählt auf, sie geht ins Detail, sie erspart ihren Zuhörern nichts, außer ein wenig Begeisterung. Sie sagt, die Verhandlungen mit der SPD seien nicht einfach gewesen, mit manchem Kompromiss habe man sich sehr schwer getan. Dem Vorwurf, die CDU habe nur die Wünsche der Sozialdemokraten abgewehrt, aber wenig selbst gestaltet, begegnet die Kanzlerin mit dem Satz: "Wenn etwas falsch ist, ist es besser, nein zu sagen, als nur um ja zu sagen, ja zu sagen." Wer wollte da widersprechen? Zumal man, wenn man nein sagt, nach der Lehre des Merkelismus bisweilen auch ja sagt: "Ein Nein zu Steuererhöhungen ist ein Ja zu Arbeitsplätzen und ein Nein zu Neuverschuldung ist ein Ja zur Verantwortung für künftige Generationen."

Merkel referiert 45 Minuten lang, preist die Entlastung der Kommunen, die zusätzlichen Ausgaben für Bildung und Forschung, den "qualitativen Durchbruch" in der Energiewende, weil zum ersten Mal "verbindliche Ausbaukorridore" für die erneuerbaren Energien festgelegt würden. Sie verteidigt den Kompromiss beim Mindestlohn und die Beschlüsse zur Rente, lobt den Kapitalstock für die Pflegeversicherung und findet, dass die Wirtschaft zum Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags zur Krankenversicherung sagen könne: Da habe die Union an die Wirtschaft gedacht. "Mit diesem Programm", so beschließt Merkel ihre Rede, "kann ich sagen: Es gibt eine gute Chance, dass es den Menschen 2017 besser geht als heute."

Große Koalition
:CDU stimmt Koalitionsvertrag zu

Die Delegierten der CDU haben dem Koalitionsvertrag mit CSU und SPD zugestimmt. Auf einem kleinen Parteitag in Berlin wurde die Vereinbarung einmütig angenommen. Es gab keine Nein-Stimmen und lediglich zwei Enthaltungen.

Die ersten Redner nach Merkel äußern ein bisschen Kritik. Aber nicht zu viel. Der Chef der Jungen Union kritisiert einen Teil der Rentenbeschlüsse, weil sie zu Lasten der jüngeren Generation gingen. Der Chef des Wirtschaftsrats moniert die Energiewende, weil sie die Industrie belaste. Ein Sprecher der Konservativen mosert am medialen Erscheinungsbild der CDU herum, der Mittelständler bedauert, dass der Abbau der kalten Progression nicht im Koalitionsvertrag stehe. Und so weiter.

Dann kommen diejenigen, die finden, man müsse auch mal das Positive herausstellen, Peter Altmaier gehört dazu, der Umweltminister, oder der Staatssekretär im Finanzministerium, Steffen Kampeter. Die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhmer, preist die Mütterrente, für die sie jahrelang gekämpft hat. Insgesamt melden sich rund 30 Redner zu Wort. Knapp drei Monate nach der Wahl ist der Enthusiasmus über das Ergebnis verflogen. Geblieben ist nur die Erkenntnis: Ihren Laden hat Merkel im Griff.

© SZ vom 10.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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