Fortsetzung des Militäreinsatzes in Afghanistan:Steinmeier drängt Karsai zu Unterschrift

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"Wir haben nicht alles das erreicht, was wir uns vorgestellt haben": Steinmeier auf dem Flughafen in Masar-e-Scharif (Foto: dpa)

Die Zeit drängt: In diesem Jahr endet der internationale Militäreinsatz in Afghanistan. Außenminister Steinmeier fordert nun den afghanischen Präsidenten Karsai dazu auf, rasch das seit Monaten fertige Sicherheitsabkommen mit den USA zu unterzeichnen. Nur so könne es eine neue Mission am Hindukusch geben.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat an den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai appelliert, rasch die Grundlagen zur Fortsetzung des internationalen Militäreinsatzes am Hindukusch zu schaffen. "Es gibt nach wie vor große Hilfsbereitschaft, aber sie wird nicht aufgedrängt, sondern wir leisten sie, wenn sie hier willkommen ist", sagte Steinmeier nach einem Treffen mit Karsai in Kabul.

Nur wenn der Präsident das seit Monaten fertige Sicherheitsabkommen mit den USA bald unterzeichne, könnten die Staaten mit ihren Planungen für einen Beratungs- und Ausbildungseinsatz für die afghanische Polizei und Armee ab 2015 beginnen. Die neue, deutlich kleinere Mission soll auf den Kampfeinsatz folgen, der 2014 endet. Zugleich forderte Steinmeier die afghanische Regierung auf, entschiedener Korruption und Drogenanbau zu bekämpfen sowie sich verstärkt um eine Einigung mit den radikal-islamischen Taliban zu bemühen. "Ohne einen solchen Aussöhnungsprozess wird die Zukunft Afghanistans schwierig sein", warnte Steinmeier.

Deutschland sei bereit, seinen Beitrag zu leisten, um Missverständnisse zu überwinden. Details dazu nannte Steinmeier nicht. Karsai hatte kürzlich nach Angaben seines Sprechers Geheimgespräche mit den Taliban über das lange angestrebte Friedensabkommen mit den Extremisten geführt. Experten vermuten dies als Motiv dafür, warum Karsai das Sicherheitsabkommen entgegen allen Erwartungen bisher noch nicht unterzeichnet hat.

USA drohen mit Abzug

Die USA drohen deshalb mit dem vollständigen Abzug ihrer Truppen, wie sie es in einer ähnlichen Situation bereits 2011 im Irak getan haben. Zuletzt forderte die Regierung in Washington, Karsai müsse die Vereinbarung binnen Wochen und nicht Monaten unterzeichnen. Die große Ratsversammlung der Afghanen, die Loja Dschirga, hatte das Abkommen bereits im November gebilligt.

Steinmeier erinnerte Karsai allerdings daran, dass Deutschland und die anderen Staaten Zeit für die Planung des Folgeeinsatzes brauchten. "Das ist gerade unter den hier herrschenden Sicherheitsbedingungen kein Engagement, das man in 14 Tagen vorbereiten kann", erklärte er. Zugleich machte der Minister deutlich, dass die deutsche Hilfe keine Selbstverständlichkeit sei: "Wir brauchen diese Zeit auch, um die Öffentlichkeit und das Parlament vorzubereiten und zu überzeugen", sagte er. Deutschland sei aber daran gelegen, dass Afghanistan nicht in Chaos und Gewaltf zurückfalle.

"Wir möchten gesichert sehen, was wir uns gemeinsam - Afghanen und internationale Staatengemeinschaft - in den letzten schwierigen Jahren hier in Afghanistan erarbeitet haben", betonte der Minister. Steinmeiers afghanischer Kollege Sarar Ahmad Osmani versicherte, auch er hoffe auf eine rasche Unterzeichnung des Sicherheitsabkommen.

Steinmeier hatte zuvor die deutschen Truppen in Masar-i-Scharif besucht. Knapp ein Jahr vor Ende des Afghanistan-Einsatzes hat der SPD-Politiker dabei ein nüchternes Fazit gezogen. "Wir haben nicht alles das erreicht, was wir uns vorgestellt haben", sagte er.

Das, was erreicht worden sei, dürfe aber nicht gering geschätzt werden. In Afghanistan würden keine Terroristen mehr ausgebildet. Dies sei ein Ziel gewesen, als der Einsatz vor knapp 13 Jahren begonnen habe. Mit dem Abzug der internationalen Kampftruppen zum Jahresende sei nun ein Wendepunkt erreicht. Er hoffe, dass vieles von dem, was unter Gefahr für Leib und Leben auf den Weg gebracht worden sei, erhalten bleibe und das Land den Weg in eine Zukunft finde, die nicht von Gewalt geprägt sei.

Schwierige Sicherheitslage

Am 5. April finden in Afghanistan Präsidentschaftswahlen statt, zu denen Karsai nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf. Der Westen wirft Karsai Versagen im Kampf gegen die massive Korruption vor. Ohne die gewaltige Militärmaschinerie der Amerikaner könnten auch die übrigen Nationen wie Deutschland den geplanten Folgeeinsatz nicht stemmen. Derzeit sind noch knapp 3200 Bundeswehr-Soldaten als Teil der Nato-geführten Isaf-Truppe am Hindukusch im Einsatz. Das Bundeskabinett verlängerte ihr Mandat am Mittwoch zum letzten Mal.

Deutschland hat Afghanistan für die ersten Jahre nach dem Ende des Isaf-Einsatzes ab 2015 jährlich bis zu 430 Millionen Euro Entwicklungshilfe und weitere 150 Millionen Euro zur Finanzierung der Sicherheitskräfte zugesagt. Die Bundeswehr beteiligt sich seit 2002 an dem Nato-Auftrag.

Wie schwierig die Sicherheitslage in Afganistan vor dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes ist, zeigen neue Zahlen der Vereinten Nationen. Demnach sind 2013 deutlich mehr Zivilisten getötet oder verletzt worden als im Jahr zuvor. Die Zahl der zivilen Opfer habe sich um 14 Prozent auf 8615 erhöht, teilte die UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) mit.

© Süddeutsche.de/Reuters/AFP/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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