Autobombe am Times Square:Mann im roten T-Shirt

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Wegen einer Autobombe musste der Times Square geräumt werden - die Taliban wollen sie gebaut haben, doch die Polizei hat einen anderen im Visier.

Jörg Häntzschel, New York

Einen Tag nachdem am New Yorker Times Square eine Autobombe entdeckt wurde, deren Zündmechanismus offensichtlich versagt hatte, suchen FBI und New Yorker Polizei nach Hinweisen auf Motiv und Täter. "Wir behandeln den Fall als möglichen Terroranschlag", sagte die US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano betont vorsichtig. Bisher gehe man aber davon aus, dass es sich um eine "einmalige" Tat handele, also nicht um das Werk organisierter Terroristen.

Nachdem die Straßen und Blocks am New Yorker Times Square von der Polizei geräumt worden waren, warteten Passanten und Anwohner auf Informationen. (Foto: Foto: dpa)

Inzwischen fahndet die New Yorker Polizei nach einem "weißen Mann in den 40ern". Der Mann sei von Videokameras aufgenommen worden. Der Unbekannte zog sein Hemd in der Nähe des Tatautos aus und steckte es verstohlen in eine Tasche, wie aus den am Sonntag veröffentlichten Aufnahmen hervorgeht. Er drehte sich zudem um und schaute auf den Geländewagen, aus dem Qualm aufstieg.

Die New Yorker Polizei und FBI-Ermittler müssen nach eigenen Angaben noch Hunderte Stunden von Videomaterial aus Überwachungskameras vom Times Square auswerten.

Indes hat SITE, eine private Organisation, die terroristische Aktivitäten weltweit verfolgt, auf ihrer Website ein Video veröffentlicht, in dem sich die pakistanische Gruppe Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) bezichtigt, einen "kieferbrechenden Schlag gegen Satans USA" geführt zu haben. Die Polizei bezweifelte allerdings, dass das Video authentisch sei.

Ominöser Anrufer

Sie prüft auch einen Anruf, der am Sonntagmorgen gegen vier Uhr bei der Polizei einging und von einer Telefonzelle wenige Blocks nördlich des Times Square stammte. Der Anrufer habe einen weitaus schwereren Anschlag angekündigt und erklärt, die Bombe vom Times Square sei nur eine Ablenkung gewesen.

Unklar ist auch, ob es eine Beziehung zwischen der Bombe vom Times Square und zwei Anschlägen in Glasgow und London 2007 gibt, bei der ähnlich dilettantisch gebaute Bomben verwendet wurden, die auch dort nicht detonierten.

Einem T-Shirt-Verkäufer war am Samstagabend an der Ecke Broadway und 45. Straße ein Nissan Pathfinder aufgefallen, der mit laufendem Motor und mit im Zündschloss steckenden Schlüsseln im Halteverbot stand. Als der Mann sah, dass Rauch aus dem Inneren drang, sprach er einen Polizisten an, der Schwefelgeruch feststellte. Als ein herbeigerufener Feuerwehrmann mehrere kleine Explosionen hörte, evakuierte die Polizei die gesamte Umgebung, während sich Spezialteams in Schutzanzügen und mit Robotern dem Auto näherten.

Benzinkanister, Propangasflaschen, Feuerwerkskörper

Sie bestätigten bald: Es war tatsächlich eine Autobombe. Bei einer Pressekonferenz um zwei Uhr morgens berichtete Bürgermeister Michael Bloomberg, in dem Auto, das ein falsches Nummernschild trug, seien zwei Kanister mit je 20 Litern Benzin, drei Propangasflaschen, Feuerwerkskörper und zwei batteriegetriebene Wecker gefunden worden.

Der Sprecher der New Yorker Polizei, Paul Browne, erklärte, die Bombe sei "im Prozess der Detonation gewesen", habe aber nicht funktioniert. "Uns ist ein potentiell sehr tödliches Ereignis erspart geblieben", sagte Bloomberg. Dann aber wiegelte er ab: Es habe sich um eine "amateurhafte" Konstruktion gehandelt, sagte er. Ein ehemaliger Bombenspezialist der Polizei erklärte, selbst bei einer Zündung hätte die Konstruktion eher einen Brand als eine Explosion ausgelöst. Untersuchungen ergaben, dass es sich bei dem im Tatfahrzeug gefundenen Pulver um nicht-explosiven Dünger handelte.

Nach dem Schrecken von 9/11 war New York zuletzt zu großer Gelassenheit im Umgang mit der Terrorgefahr zurückgekehrt. Dennoch hat die Sorge vor weiteren Anschlägen die Stadt dauerhaft verändert: Die Zentralen wichtiger Firmen und Behörden sind mit Pollern geschützt. An den Zufahrten zu Brücken und Tunnels stehen Polizeiposten. Und die Gebäude am früheren Ground Zero sollen nicht nur durch spezielle Fassadenkonstruktionen, sondern auch durch ein Netz von Kontrollstationen geschützt werden. In U-Bahnhöfen wird man gelegentlich gebeten, seine Tasche zu öffnen. Und Durchsagen appellieren dort immer wieder an die Passagiere, verdächtige Gegenstände zu melden: "If you see something, say something!"

Am sichtbarsten sind jedoch die sogenannten "show of force"-Einsätze der Polizei. Fast täglich kann man Kolonnen von bis zu 30 Streifenwagen beobachten, die mit großem Getöse durch die Straßen fahren, an prominenten Orten der Stadt parken, um später wieder abrücken. In U-Bahnhöfen posieren regelmäßig Gruppen von Polizisten mit Maschinengewehren und im martialischen Kampfoutfit.

"Lächerlich", grummeln die New Yorker denn auch. Andererseits sind sie dankbar, dass ihnen Katastrophen wie die in London oder Madrid nach dem 11. September erspart geblieben sind. Erst im vergangen September stand ein vergleichbares Attentat offenbar kurz vor der Ausführung. Drei Männer aus dem Stadtteil Queens sollen in Pakistan mit ranghohen Al-Qaida-Leuten zusammengetroffen und einen Anschlag auf die New Yorker U-Bahn geplant haben. Der US-Justizminister Eric Holder bezeichnete ihn als "einen der ernstesten Terrorpläne seit 9/11"

© SZ vom 03.05.2010/apn/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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