Atomabkommen mit Iran:Europäer sehen Israels Vorwürfe skeptisch

Lesezeit: 2 min

Israels Regierungschef Netanjahu präsentiert bei einer Pressekonferenz Bilder aus einem "geheimen Atomarchiv" in Teheran. Sie sollen beweisen, dass der Iran weiterhin den Bau einer Atombombe anstrebe. (Foto: dpa)
  • Nach Informationen des israelischen Geheimdiestes soll Iran trotz des Atomabkommens von 2015 weiter Forschung zum Bau einer Atombombe betreiben.
  • Deutschland, Frankreich und die EU reagieren zurückhaltend bis skeptisch auf die Enthüllungen Israels.
  • Die Internationale Atomenergiebehörde gab bekannt, keine Hinweise auf ein iranisches Atomwaffenprogramm nach 2009 zu haben.

Die europäischen Verbündeten Israels haben zurückhaltend auf die Enthüllungen des israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu reagiert, Iran habe entgegen seiner bisherigen Aussagen ein Atomwaffenprogramm betrieben. Dies wäre nach dem Atomabkommen aus dem Jahr 2015 nicht mehr erlaubt.

Die Bundesregierung hat sich in einer ersten Reaktion zu den Vorwürfen geäußert. "Wir werden die Informationen der israelischen Seite im Detail analysieren und bewerten", sagte ein Regierungssprecher. "Klar ist, dass die internationale Gemeinschaft Zweifel daran hatte, dass der Iran ein ausschließlich friedliches Atomprogramm verfolgte."

Die IAEA selbst sieht keine Hinweise

Gerade deswegen sei ja 2015 das Atomabkommen mit Teheran getroffen worden. In diesem sei "ein präzedenzlos tiefgreifendes und robustes" Überwachungssystem der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) zur Einhaltung des Abkommens eingerichtet worden. "Dieses unabhängige Überwachungssystem ist auch in Zukunft notwendig, um die Einhaltung der nuklearen Beschränkungen, die das Abkommen dem Iran auferlegt, und die ausschließlich friedliche Nutzung der Atomenergie durch den Iran sicherzustellen", so der Regierungssprecher. Die IAEA selbst teilte am Mittag mit, sie selbst habe "keine glaubwürdigen Hinweise" auf ein iranisches Atomwaffenprogramm nach 2009.

Das französische Außenministerium erklärte, die Behauptungen Netanjahus sprächen für einen Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran. Zudem entsprächen sie rund 15 Jahre alten Erkenntnissen von Frankreich und seiner Partner, wonach "Teile des iranischen Atomprogramms nicht zivil waren".

Die Europäische Union sieht in den jüngsten Vorwürfen aus Israel bislang ebenfalls keine Beweise für einen Verstoß des Irans gegen das internationale Atomabkommen. Die Anschuldigung von Netanjahu, der Iran habe früher nach einem Kernwaffenprogramm gestrebt, weise nicht auf einen Bruch des Vertrags von 2015 hin, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Montagabend.

Die USA halten die Dokumente für glaubwürdig

Netanjahu lud alle Unterzeichner des Abkommens und die IAEA ein, sich selbst ein Bild von den Dokumenten zu machen. Iran habe gelogen, als es behauptete, nie ein Atomwaffenprogramm betrieben zu haben, der IAEA Informationen vorenthalten und sein Atomprogramm auch nach dem Deal weiter ausgebaut.

Die USA hatten die israelischen Informationen kurz nach ihrer Enthüllung als glaubwürdig bezeichnet. Der US-Außenminister und ehemalige CIA-Chef Mike Pompeo sagte, die Dokumente der Israelis seien echt und viele davon neu. US-Präsident Donald Trump fühlte sich in seinem kritischen Kurs bestätigt. Die Präsentation Netanjahus zeige ebenso wie andere jüngste Ereignisse, dass er selbst "zu einhundert Prozent" Recht habe hinsichtlich des Irans. Am 12. Mai will Trump entscheiden, ob die USA das Atomabkommen aufkündigen.

© SZ.de/afp/dpa/cis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Atomabkommen mit Iran
:Netanjahu macht Druck

Israels Premier will erreichen, dass die USA das Atomabkommen mit Iran kündigen. Er präsentiert aber keinen nachvollziehbaren Beweis für einen Wortbruch des Regimes. An einer raschen Prüfung des Materials sollte auch Iran interessiert sein.

Kommentar von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: