Angeblicher Regelverstoß:Facebook sperrt Seite der "Partei"

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Kapitalismuskritik unerwünscht: Facebook blockiert die Seite des hessischen Landesverbandes von "Die Partei" (Foto: Screenshot: Facebookseite/Jan Steffen)

Die Satiriker von "Die Partei" machen sich über die EZB lustig. Daraufhin sperrt Facebook die Seite. Offenbar ist Kapitalismuskritik unerwünscht.

Von Esther Widmann

"Schulfrei im Frankfurter Osten! Die EZB-Banker lassen sich einiges einfallen, um sich bei den Jungkapitalisten einzuschleimen". Der hessische Landesverband der von der Satire-Zeitschrift Titanic gegründeten politischen Vereinigung "Die Partei" kommentierte am vergangenen Donnerstag auf gewohnt bissige Weise auf Facebook die Blockupy-Proteste in Frankfurt. Kurz darauf sperrte Facebook die Seite. Jan Steffen, der die Seite verwaltet, erhielt für 30 Tage ein Posting-Verbot.

Dabei heißt es in den Regeln, die das soziale Netzwerk aufgestellt hat, explizit: "Personen können Facebook nutzen, um Konzepte, Institutionen und Praktiken in Frage zu stellen".

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"Sie haben wiederholt Dinge gepostet, die auf Facebook nicht erlaubt sind", steht in der automatischen Blockier-Meldung, die der Landesverband als Screenshot über Twitter verbreitet. Facebook verbietet Hassbotschaften und Gewaltverherrlichung. Offenbar sahen die Verantwortlichen bei Facebook in dem Post einen Verstoß gegen diese Regeln.

Facebook hat die Seite des hessischen Landesverbandes depubliziert, sie ist im Netz nicht auffindbar. Genauere Gründe dafür nennt das Unternehmen nicht - auch nicht dem Administrator der Seite. Die anderen von Jan Steffen betreuten Seiten sind noch aktiv, posten kann er aber auch dort nicht. Das macht Steffen jetzt - abseits aller Satire - Probleme, weil er auch eine geschäftliche Unternehmensseite betreut.

Austritt kommt nicht in Frage

Der Landesverband Hessen von "Die Partei" hat auf Facebook 2500 Follower. Er benennt Google Plus als Ausweichmedium, dort sind es nun 18 - "einer mehr als vorher!", so Steffen.

Sobald die Seite wieder freigeschaltet ist, will der Verband sie weiter betreiben, ein Austritt stehe nicht zur Debatte. "Wir betreiben populistische Turbopolitik und müssen deshalb soziale Netzwerke nutzen", sagte Steffen zu SZ.de.

Der Berliner Landesverband der "Partei" reagierte auf seiner Website mit einer Solidaritätsbekundung: "Wenn ein Landesverband gesperrt wird, betrachten wir uns alle als gesperrt" steht dort, und darunter: "Je suis Die Partei".

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Nackte Brüste und Kapitalismuskritik verboten

Kritiker werfen Facebook vor, rassistische Äußerungen oftmals nicht zu blockieren. Streng ist das Netzwerk dagegen, wenn es beispielsweise um Nacktheit geht: Fotos von stillenden Müttern hat Facebook erst Mitte 2014 offiziell zugelassen - vorher waren sie wegen der vermeintlich anstößigen nackten Brüste wiederholt gesperrt worden.

Die offiziellen Richtlinien des Netzwerkes erlauben Humor und Satire zu Themen wie Rasse, religiöse Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung. Zum Thema Kapitalismus offenbar nicht. "Die Partei" wolle sich trotzdem in Zukunft auch nicht zugunsten des Facebook-Auftritts auf rassistische Äußerungen beschränken, so Steffen.

Gemäß der von Facebook angebotenen Möglichkeit hat er Einspruch gegen die Posting-Sperre erhoben, verspricht sich allerdings nicht viel davon. Gegen die Depublikation der Seite ist gar kein Einspruch möglich. Deshalb müsse man zu anderen Mitteln greifen, sagt Steffen. "Natürlich ist es nicht zufriedenstellend, auf einer Plattform zu arbeiten, die man nicht vollständig kontrollieren kann", feixt er. "Aber das muss ja nicht so bleiben."

Update: Inzwischen ist die Seite des Landesverbandes Hessen wieder zu erreichen.

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