Agenda der EU:Was sich die Europäische Union vornimmt

Lesezeit: 2 min

So etwas hat es noch nie gegeben. Zum ersten Mal einigen sich die EU-Länder auf eine Art Regierungsprogramm für die nächsten Jahre: fünf Ziele auf sieben Seiten, darunter Wachstum, eine besser abgestimmte Außenpolitik und eine Energie-Union.

Von Cerstin Gammelin, Brüssel

So etwas hat es noch nicht gegeben in Europa, in der EU. Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der europäischen Institutionen haben die Staats- und Regierungschefs zu Beginn der neuen Legislaturperiode über eine Art Regierungsprogramm, über ein strategisches Konzept für die kommenden fünf Jahre abgestimmt. Es soll dem künftigen Kommissionspräsidenten als Leitlinie an die Hand gegeben werden. Der muss dann dafür im Europaparlament um eine Mehrheit werben. EU-Diplomaten loben die Neuerung. Es sei doch gut, sagen sie am Rande des Gipfeltreffens in Brüssel, "wenn es zu einer inhaltlichen Zusammenarbeit der Institutionen kommt".

"Strategische Agenda für die Gemeinschaft in Zeiten des Wandels" heißt diese Wunschliste der 28 Staats- und Regierungschefs. Auf sieben Seiten führen sie fünf Ziele auf, vage genug, denen sich die Europäische Union widmen müsse: Die Volkswirtschaften sollen stärker werden und Jobs schaffen, die Bürger mehr Mitsprache erhalten. Die Energieversorgung wird umgebaut. Und das Klima soll besser geschützt werden, ebenso wie die Freiheitsrechte der Bürger. Nicht zuletzt wollen die EU-Länder ihr gemeinsames Auftreten in der Welt verbessern, sich früher und besser vor allem in sicherheits- und außenpolitischen Fragen verständigen. "Die Bürger erwarteten zügiges Handeln", heißt es in der Agenda.

Die Gemeinschaft, so der Konsens der 28, sollte nur dann handeln, wenn sie ein Ziel eher erreichen kann, als wenn sich die Mitgliedsstaaten einzeln daran versuchen würden. Die Glaubwürdigkeit der Gemeinschaft hänge davon ab, dass einmal getroffene Entscheidungen tatsächlich auch umgesetzt werden könnten. "Die Gemeinschaft muss konkrete Resultate liefern."

Arbeitsplätze schaffen, Bürokratie abbauen

Ganz oben auf der Liste der gewünschten Resultate stehen Arbeitsplätze, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. "Alle nationalen Volkswirtschaften müssen weitere strukturelle Reformen durchführen", heißt es. Der gemeinsame Erfolg Europas hänge davon ab, dass jedes einzelne Land erfolgreich sei. Die durch die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts bereits eingeführte Flexibilität dürfe die Kommission künftig großzügiger auslegen, wenn es helfe um Investitionen anzukurbeln.

Der Autor sieht in Brüssel viel Positives: So sei die EU-Verwaltung keine intransparente Superbehörde, sondern durchsichtiger und effizienter als viele Nationalregierungen. (Foto: Julien Warnand/dpa)

Konkret ist in dem Pakt ist eine Investitionsklausel enthalten, nach der bestimmte Investitionen nicht auf die Schuldenstände angerechnet werden - eine Verbeugung vor den Südländern. Geld soll in neue Energieleitungen, Transportwege und Telekommunikation fließen. Klein- und mittelständige Betriebe sollen leichter an Kredite kommen, Bürokratie soll abgebaut werden.

Die Agenda enthält ein klares Ja zum Freihandelspakt mit den USA

Die Agenda ist auch ein Bekenntnis zur weiteren Öffnung des Binnenmarkts, um internationale Investoren anzuziehen. Im Jahr 2015 sollen Freihandelsabkommen unterzeichnet werden, vor allem der umstrittene Handelspakt mit den Vereinigten Staaten. Die Länder der Euro-Zone sollen enger zusammen arbeiten und werden zugleich gemahnt, darauf zu achten, dass sie die übrigen EU-Länder nicht abkoppeln.

Die Europäer verpflichten sich einmal mehr, Jugendliche in Ausbildung und Jobs zu bringen, auch grenzüberschreitend. "Die Mobilität der Arbeitnehmer muss verbessert werden", heißt es in dem Papier. Es gebe Gegenden in Europa, wo Fachkräfte gesucht würden, die in anderen Teilen der EU keine Anstellung fänden. Das Recht, innerhalb der Union sich frei bewegen und niederlassen zu können, zähle weiterhin zu den fundamentalen Rechten der Bürger - doch müsse dem Missbrauch vorgebeugt werden, heißt es ganz allgemein. Darauf dürfte nicht nur der britische Premier David Cameron gedrungen haben.

Energie-Union

Die 28 Chefs wollen zudem nichts weniger als eine Energie-Union schaffen. Europa müsse seine Abhängigkeit vom Import von Öl, Gas und Kohle reduzieren, durch den Ausbau grüner Energiequellen. Das soll das Klima schützen - und die Abhängigkeit von Russland verringern.

Ein konkretes Ziel zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes bis 2030 ist in dem Papier nicht zu finden. Es heißt nur, dass es "auf einer Linie" mit dem Ziel für 2050 liegen soll. Bis dahin sollen die Emissionen in der EU um 80 bis 95 Prozent sinken, gegenüber den Werten von 1990.

© SZ vom 28.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: