Afghanistan: Tote bei Angriff auf UN-Hauptquartier:Demo gegen Koranverbrennung eskaliert

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Nach einer Koranverbrennung in Florida, an der auch der berüchtigte evangelikale Pastor Terry Jones teilnahm, greifen Demonstranten in Afghanistan ein UN-Büro an. Sie töten mindestens acht Menschen.

Eigentlich war die Diskussion um eine mögliche Koranverbrennung längst vergessen - jetzt, ein halbes Jahr nach ihrem Höhepunkt, eskaliert sie. Weil der fundamentalistische US-Pfarrer Terry Jones angeblich entgegen früherer Beteuerungen doch einer Verbrennung des heiligen Buches der Muslime beiwohnte, griffen Demonstranten in Afghanistan ein regionales UN-Hauptquartier an. Mehrere Menschen starben dabei.

Männer tragen während der Kämpfe am UN-Büro einen Verletzten weg. (Foto: AP)

Bei dem Angriff wütender Demonstranten auf das UN-Hauptquartier im nordafghanischen Masar-i-Scharif sind am Freitag acht Menschen getötet worden, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Ein Polizeisprecher sagte, bei allen Toten handele es sich um ausländische Mitarbeiter der Vereinten Nationen, darunter sollen fünf Wachmänner aus Nepal sein. Die New York Times schreibt sogar von Berichten, laut denen Angreifer zwei ihrer Opfer enthauptet haben sollen. Auch drei Demonstranten sind laut Polizei getötet worden.

Die UN haben den Tod von mehreren Mitarbeitern mittlerweile bestätigt. Die Lage in dem UN-Büro in Masar-i-Scharif sei aber weiter unübersichtlich, sagte ein Sprecher am Sitz der Vereinten Nationen in New York.

Ein Sprecher der Regierung der Provinz Balch sagte, die Proteste hätten an einer Moschee in der Provinzhauptstadt Masar-i-Scharif begonnen und seien gewalttätig geworden, als die Menge das UN-Haus erreicht habe. Angreifer stürmten das Büro, feuerten auf die Wachen und legten Feuer im Gebäude.

Masar-i-Scharif liegt im Einsatzgebiet der Bundeswehr. Am Flughafen außerhalb der Stadt unterhält sie ihr größtes Feldlager in Afghanistan.

Die Demonstranten protestierten gegen die vor knapp zwei Wochen erfolgte öffentliche Verbrennung eines Koran-Exemplars in einer Kirche in Florida, bei der auch der evangelikale Pastor Terry Jones anwesend gewesen sein soll. Jones hatte es im Herbst vergangenen Jahres zu weltweiter Berühmtheit gebracht, weil er wegen des Streits um einen Moscheebau in der Nähe von "Ground Zero" in New York öffentlich einen Koran verbrennen wollte. Nach heftigen Protesten aus muslimischen Ländern, aber auch aus den USA selbst, hatte er jedoch versprochen: "Wir werden den Koran definitiv nicht verbrennen. Heute nicht, niemals."

30 Schaulustige bei Koranverbrennung

Vor zwei Wochen hat Jones nun aber doch ernst gemacht - von der Presse weitgehend unbeachtet. In Florida wohnte er einer öffentlichen Koran-Verbrennung bei. In der Kirche von Gainesville inszenierte Pastor Wayne Sapp einen "Prozess" gegen die Heilige Schrift des Islam, in dessen Verlauf eine "Jury" den Koran für "schuldig" befand und zur "Hinrichtung" durch Verbrennung verurteilte. Daraufhin wurde ein mit Kerosin getränktes Exemplar im Zentrum der Kirche angezündet. Rund 30 Menschen verfolgten die Aktion, darunter auch Terry Jones. Einige Schaulustige machten Fotos.

Das Büro in Masar-i-Scharif ist eines von acht regionalen Hauptquartieren der politischen Unterstützungsmission Unama der Vereinten Nationen in Afghanistan. Das Unama-Hauptquartier befindet sich in Kabul.

Auch in anderen Städten Afghanistans kam es am Freitag zu Protesten gegen die angebliche Koranverbrennung: In der Hauptstadt Kabul zogen rund 200 Protestierende nach dem Freitagsgebet zur US-Botschaft. Sie zündeten dabei eine US-Flagge an und riefen "Tod Amerika". "Die Rede eines Mullahs hat die Leute zur Demonstration ermutigt wegen der Verbrennung eines Korans in den USA", sagte einer der Demonstranten. Die Proteste richteten sich aber auch gegen die Pläne der USA, langfristig Stützpunkte in Afghanistan zu unterhalten.

© AFP/dapd/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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