Accra:Gefälschte US-Botschaft in Ghana geschlossen

Lesezeit: 2 min

Die Fake-US-Botschaft in Ghanas Hauptstadt Accra (Foto: U.S.-Department of State)

Zehn Jahre lang sollen Kriminelle dort Visa ausgestellt haben. Teilweise mit gestohlenen Original-Formularen.

Von Tobias Zick

Accra, die Hauptstadt von Ghana, hat nicht allzu viele herausragende Bauwerke zu bieten. Eines der wenigen davon, das sehr viele Bürger kennen, und zwar nicht allein aus architektonischen Gründen, ist die US-amerikanische Botschaft: ein mächtiger, streng abgeriegelter Komplex in einem der teureren Viertel der Stadt; wer in die Vereinigten Staaten reisen möchte, muss sich mit einem Stapel von Dokumenten hier anstellen, um ein Visum zu beantragen. Ein zähes Verfahren mit ungewissem Ausgang, zudem ist allein schon die Phase des Schlangestehens denkbar ungemütlich. Es gibt kein Warte-Areal mit Sitzplätzen, geschweige denn Schatten; als Visumsanwärter muss man draußen auf der Straße, je nach Jahreszeit, im Regen oder in der stechenden Sonne ausharren.

Wäre es also nicht eine vielversprechende Geschäftsidee, die Prozedur ein bisschen kürzer und bequemer zu gestalten?

Zumal in Ghana die bürokratischen Hürden für die Umsetzung einer Geschäftsidee ein bisschen niedriger liegen als in manchen anderen Teilen der Welt, zumindest wenn man die richtigen Leute kennt (und bezahlt)?

Die echte Botschaft in Accra entspricht eher dem Bild, das man sich von einer US-Vertretung in Westafrika macht. (Foto: U.S.-Department of State)

"In Accra, Ghana, gab es ein Gebäude, vor dem jeden Montag, Dienstag und Freitag von 7.30 bis 12 Uhr die amerikanische Flagge wehte", teilt jetzt das State Department in einer Presseerklärung mit: "Drinnen hing ein Foto von Präsident Barack Obama, und Schilder wiesen darauf hin, dass man sich in der US-Botschaft in Ghana befinde." Stimmte aber gar nicht: "Diese Botschaft war ein Schwindel."

Dem Foto zufolge, das die Presseerklärung enthält, hätte man darauf auch auf den ersten Blick selbst kommen können: Es zeigt ein zweistöckiges Gebäude mit bröckelnder, rosa Fassade, vor dem ein Lieferwagen und ein Motorrad parken. Wobei die Fassade ja nicht so entscheidend ist, solange die inneren Werte stimmen. Und die waren offenbar beachtlich: die falsche Botschaft konnte der Erklärung zufolge "etwa ein Jahrzehnt lang ungehindert agieren". Betrieben wurde sie von ghanaischen und türkischen Kriminellen. Die angeblichen Konsularbeamten waren "türkische Staatsbürger, die Englisch und Niederländisch sprachen", und sie konnten ihr Geschäft deshalb so lange betreiben, weil sie "korrupte Beamte dafür bezahlten, wegzuschauen". Zudem hätten sie sich echte Blanko-Dokumente beschaffen können, die sie dann für ihre Zwecke "manipulierten".

Aufgeflogen ist das Geschäft den Angaben zufolge im Rahmen einer großangelegten regionalen Sicherheitsüberprüfung. Dabei habe man mehrere Verdächtige festgenommen sowie einen Laptop, Mobiltelefone und insgesamt 150 Pässe aus zehn verschiedenen Ländern sichergestellt. Unter den beschlagnahmten Visums-Dokumenten waren demnach auch solche aus der europäischen Schengen-Zone, Indien und Südafrika. Wie die Kriminellen Zugriff auf die Blanko-Dokumente bekommen hatten und wie viele Menschen tatsächlich mit gefälschten Visa in die USA und andere Länder gereist sind, dazu machte das State Department zunächst keine Angaben. Mehrere der Verdächtigen, heißt es, seien jedenfalls noch auf freiem Fuß. Die Razzien im Zuge der regionalen Sicherheits-Operation seien nun "erst der Anfang".

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Jugendliche in Ghana
:Bloß nicht blinzeln

Bei Porträtaufnahmen ist diese Aufforderung üblich. Bei Ulrik Toftes Aufnahmen von Jugendlichen aus Ghana hat sie noch eine weitere Bedeutung.

Von Carolin Gasteiger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: