Abschreckungskampagne:"Gerüchte über Deutschland"

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Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge in München. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Bundesregierung stellt eine Webseite online, die Flüchtlinge über Falschinformationen zu Deutschland aufklären soll.
  • Man wolle "die Deutungshoheit im Netz nicht allein den Schleusern überlassen", heißt es vom Auswärtigen Amt.
  • Die Seite ist Teil einer Kampagne, die bereits seit 2015 in einigen Ländern über Gerüchte aufklären soll.

Von Veronika Wulf

Deutschland gilt als Verheißung, besonders in Ländern, aus denen Flüchtlinge hierher kommen. Geld und Arbeitsplätze ohne Ende und ein Sozialsystem, das jeden aufnimmt - solche Gerüchte befeuern Schleuser, um ihre Geschäfte anzukurbeln. Dem steuert die Bundesregierung jetzt mit einer Webseite entgegen.

Die Seite "Rumours about Germany" erklärt mit einfachen Worten auf Englisch, Französisch und Arabisch, was dran ist an den "Gerüchten über Deutschland" - meistens nämlich nichts.

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"Wird Ihr Leben in Europa einfach sein? Wird die deutsche Regierung Ihnen einen Job suchen? Werden Sie gerettet werden nach zwei Stunden im Schlauchboot?" Diese Fragen beantwortet das Auswärtige Amt auf der Seite mit einem klaren Nein, dazu eine kurze Erklärung. Zu den "sieben größten Lügen der Schleuser", die auf der Seite präsentiert und widerlegt werden, zählen:

  • "Das Schiff für die Überfahrt ist sehr groß, es hat sogar einen Pool und ein Kino."
  • "Deutschland hat 800 000 Plätze nur für afghanische Flüchtlinge reserviert."
  • "Deutschland schenkt jedem Flüchtling ein Haus."

Neben Tipps, wie man legal nach Deutschland kommt und wie man freiwillig in sein Heimatland zurückkehren kann, stellt die Seite deutsche Projekte im Ausland vor, beispielsweise die Arbeit des Goethe-Instituts in Flüchtlingsunterkünften in Jordanien, der Türkei und im Libanon.

"Ja. Sie werden gewaltsam abgeschoben"

Auf die Frage, ob man gewaltsam abgeschoben wird, wenn man illegal ins Land kommt, heißt es: "Ja. Sie werden gewaltsam abgeschoben, wenn Ihr Asylantrag abgelehnt wurde und Sie nicht freiwillig nach Hause zurückkehren. In diesem Fall werden Sie außerdem ein Einreiseverbot in den Schengenraum für einen langen Zeitraum bekommen. Zudem müssen Sie die Kosten für Ihre Rückreise bezahlen."

Das Ziel der Bundesregierung scheint klar zu sein: bloß keine weiteren Flüchtlinge anlocken. Auch wenn das Auswärtige Amt zum Start der Internetseite erklärte, es gehe nicht um Abschreckung, sondern um Aufklärung. "Wir wollen verhindern, dass sich Menschen in ohnehin schwieriger Lage mit verklärten Vorstellungen und falschen Erwartungen auf den Weg machen", gab die Behörde bekannt. Das wichtigste Ziel sei es, die Deutungshoheit im Netz nicht den Schleusern zu überlassen.

Fraglich ist, ob Flüchtlinge die Seite überhaupt finden

Es ist nicht leicht, das komplizierte deutsche Asylrecht, das sich immer wieder verändert, in einfachen Worten zu erklären. Das ist der Seite gelungen, auch optisch ist sie übersichtlich. Fraglich ist aber, ob Flüchtlinge sie überhaupt finden, lesen und ihren Inhalt glauben. Durch Freunde und Bekannte in Deutschland dürfte einigen auch vor ihrer Reise bekannt sein, dass nicht jeder sofort gewaltsam abgeschoben wird, der illegal das Land betritt und kein Asyl bekommt. Die Frage ist auch, was jene tun, die kein Arabisch, Englisch oder Französisch sprechen oder gar nicht lesen können.

Die Kampagne "#RumoursAboutGermany" gibt es bereits seit 2015: In Afghanistan, Pakistan, Nord- und Westafrika klärt die Bundesregierung im Fernsehen, im Radio, auf Blogs und Großplakaten sowie mit Buswerbung über Gerüchte auf. Umso erstaunlicher erscheint es, dass diese Faktenchecks erst jetzt auf einer Webseite gebündelt wurden, nachdem die Flüchtlingszahlen stark zurückgegangen sind.

Mit Material von dpa

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