Vermittlungsausschuss:Schweiz bedauert Scheitern des Steuerabkommens

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Enttäuschung in der Schweiz, Ärger in der Koalition: Nach dem Scheitern des Steuerabkommens im Vermittlungsausschuss werfen sich Opposition und Regierung gegenseitig vor, Steuerflüchtlinge zu schützen. Aber ein endgültiges Aus für die Verhandlungen muss die jetzige Entscheidung nicht bedeuten.

Die Schweiz hat enttäuscht auf das Scheitern des Steuerabkommens mit Deutschland reagiert. "Wir bedauern, dass Deutschland das unterzeichnete schweizerisch-deutsche Quellensteuerabkommen nicht ratifiziert", sagte Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf nach der Entscheidung des Vermittlungsausschusses am Mittwochabend. Der Ausschuss es abgelehnt, das Abkommen zu ratifizieren, sich für Neuverhandlungen ausgesprochen.

Im Verhältnis zu Deutschland bleibe nach dem Nein "der wenig befriedigende Status Quo mit Zufallsfunden auf illegal erworbenen CDs sowie die Amtshilfe auf Anfrage gemäß internationalem Standard", teilte Widmer-Schlumpf mit. Sie wies auch darauf hin, dass mit jedem Jahr ohne Abkommen ein beträchtlicher Teil der ausstehenden deutschen Steuerbeträge verjähre. Steuerabkommen der Schweiz mit Grossbritannien und Österreich könnten dagegen am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Neue Verhandlungen schloss die Bundespräsidentin nicht mehr gänzlich aus. "Wir sind Nachbarn, da suchen wir nach Lösungen", sagte Widmer-Schlumpf. Das bisherige Abkommen sei aber nun Geschichte und stehe nicht mehr zur Diskussion. Verhandlungen über ein neues Abkommen werde es sicherlich noch nicht im nächsten Jahr geben.

Schäuble wirft Opposition Schutz von Steuerhinterziehern vor

Auch Banken- und Wirtschaftsvertreter der Schweiz reagierten mit Bedauern auf das Scheitern des Abkommens. Die Schweizerische Bankiervereinigung teilte mit, eine große Chance für eine für alle Seiten faire Lösung der Schwarzgeldproblematik sei vertan worden. Ungeachtet dessen werde der Schweizer Finanzplatz seine Neupositionierung vorantreiben und nur noch steuerkonforme Vermögen verwalten. Deutschland habe das "faire Angebot" der Schweiz ausgeschlagen und müsse nun die Konsequenzen tragen, hieß es beim Wirtschaftsdachverband economiesuisse. Neuverhandlungen seien aus Sicht der Schweizer Wirtschaft kein Thema.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kritisierte die Ablehnung des Steuerabkommens scharf. Die Haltung der Opposition werde dazu führen, "dass Bund, Länder und Gemeinden auf Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe werden verzichten müssen", erklärte Schäuble. Ein großer Teil der deutschen Steueransprüche für die Vergangenheit werde unwiederbringlich verjähren. Die Opposition schütze deutsche Steuerhinterzieher in der Schweiz.

Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) bedauerte das Scheitern. "Es geht hier um zehn Milliarden Euro, die nach Deutschland zurückgeflossen wären", sagte er. Mit dem Abkommen hätte Deutschland eine fundierte, gesicherte Rechtsgrundlage gehabt. Es wäre nicht länger nötig gewesen, "wie die nordrhein-westfälische Landesregierung in einer rechtlichen Grauzone darauf zu vertrauen, dass man immer wieder irgendwelche CDs angeboten bekommt".

Opposition kritisiert Steuerabkommen als ungerecht

Die Opposition verteidigte dagegen ihre harte Haltung in der Auseinandersetzung. Die Ablehnung des Abkommens sei für die SPD eine Prinzipienfrage, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, im ZDF-"Morgenmagazin". Dieses Steuerabkommen sei ungerecht, belohne die Steuerbetrüger und sorge dafür, dass auch in Zukunft unversteuertes Geld in die Schweiz gebracht werden könne. "Kein Land auf der Welt, auch nicht unsere guten Nachbarn in der Schweiz, hat das Recht, deutschen Staatsangehörigen dabei zu helfen, Steuern zu hinterziehen oder auch nur zuzulassen, dass Schweizer Banken so etwas machen", betonte Oppermann.

Zugleich wies der SPD-Abgeordnete den Vorwurf von Union und FDP zurück, SPD und Grüne hätten bei den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss am Mittwochabend eine Blockadehaltung an den Tag gelegt. "Wir haben konstruktive Vorschläge gemacht", sagte der Oppositionspolitiker.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/Reuters/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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