Zugunglück nahe Viareggio:Explosion in Italien - mindestens zwölf Tote

Lesezeit: 2 min

Apokalyptische Szenen in der Nacht: Ein Güterzug ist in der Toskana entgleist und ein mit Flüssiggas gefüllter Waggon explodiert. Häuser stürzten ein, mehr als ein Dutzend Menschen starben.

Explodierendes Flüssiggas aus einem Bahnwaggon hat in der Toskana ein nächtliches Flammeninferno ausgelöst und etwa ein Dutzend Menschen das Leben gekostet, darunter zwei Kinder. Dutzende Personen wurden durch den Unfall kurz vor Mitternacht nahe dem Bahnhof der Hafenstadt Viareggio bei Lucca teils lebensgefährlich verletzt, 15 von ihnen schweben in Lebensgefahr.

Die Explosion nahe der Hafenstadt Viareggio hatte die Wirkung einer Bombe: Autos gingen in Flammen auf, Häuser stürzten ein. (Foto: Foto: AFP)

Der aus 14 Waggons bestehende Güterzug kam aus La Spezia und war auf dem Weg nach Pisa, als er kurz nach dem Bahnhof entgleiste, sagte der Polizeisprecher in der nahegelegenen Stadt Lucca, Raffaele Gargiulo. Videos auf YouTube zeigten Flammen, die in den Himmel schießen. Es sind Sirenen und Explosionen zu hören. Als der Zug entgleiste, stürzten die Wagen am Ende in einige Häuser in der Nähe des Bahnhofs.

Sieben Menschen, darunter ein Kind, wurden bei der Explosion oder durch das Feuer getötet. Einige der Leichen seien nur sehr schwer zu identifizieren, sagte Gargiulo. Zwei weitere Menschen starben, weil sie gerade in der Nähe der Gleise fuhren, als sich das Unglück ereignete. Ein junger Mann erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen. Beide Zugführer sind leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht worden. Dort sagten sie, sie hätten 200 Meter vor dem Bahnhof von Vareggio einen Aufprall gespürt. Kurz danach sei das Zugende entgleist.

Explosion wie bei einer Bombe

Die Explosion habe nach Angaben der örtlichen Feuerwehr "wie eine Bombe" gewirkt und im Umkreis von 300 Metern Schäden angerichtet. Viareggios Bürgermeister Luca Lunardini sprach von "apokalyptischen Szenen".

Der Präfekt von Lucca, Carmelo Aronica, sagte im Fernsehsender RAI, insgesamt seien bei dem Unglück in der in der Region Toskana gelegenen Stadt mindestens 50 Personen verletzt worden. 35 hätten schwere Verbrennungen erlitten, rund die Hälfte von ihnen sei in kritischem Zustand. Wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, wurden am Dienstagmorgen drei Kinder lebend aus den Trümmern eines eingestürzten Hauses geborgen. Vier Menschen werden noch vermisst.

Ursache des Unglücks könnten ein Schaden an den Gleisen oder ein Problem mit den Bremsen gewesen sein, sagte Gargiulo. Feuerwehrchef Antonio Gambardella sagte, der Brand sei inzwischen eingedämmt, es bestehe aber die Gefahr, dass weitere Kesselwagen explodierten. Die Feuerwehrleute suchten auch in den Trümmern der Häuser nach weiteren Opfern, sagte Gambardella. 300 Feuerwehrleute waren im Einsatz. 1000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. So werden bis auf weiteres in Zelten in der Nähe des Rathauses von Vareggio bleiben.

Schäden an den Gleisen oder Probleme mit den Bremsen

Zu den möglichen Ursachen für das Unglück gibt es widersprüchliche Aussagen. Als eine mögliche Unfallursache kommen sowohl Schäden an den Gleisen, Probleme mit den Bremsen des Zuges, als auch Materialermüdung am Fahrgestell des Flüssiggas-Waggons in Frage. Italienische Medien berichten aber, dass die Vorderachse bei der Durchfahrt des Zuges nachgegeben habe. Daraufhin sei Gas ausgetreten, was zu der Explosion geführt habe. Der Unfall ist nach Berichten italienischer Medien aber nicht auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Ein hochrangiger Vertreter des Verkehrsministeriums sagte im Rundfunk, es müsse geprüft werden, ob die derzeit alle sechs bis sieben Jahre vorgeschriebene technische Kontrolle von Waggons ausreiche. Regierungschef Silvio Berlusconi wollte sich zum Unglücksort begeben.

Der Unglückswaggon gehört nach italienischen Medienberichten wahrscheinlich der in Wien ansässigen internationalen Güterwagenvermietungs-Gesellschaft Gatx. Zunächst war in Agenturberichten aufgetaucht, ein Teil des Zuges sei Eigentum der Deutschen Bahn. Daraufhin erklärte eine Sprecherin der Deutschen Bahn: "Die Wagen gehörten uns nicht und wurden auch nicht von uns angemietet." Ein Wagen soll der polnischen Bahngesellschaft PKP gehören. Spezialkräfte sicherten die umgekippten Tankwagen, um weitere Explosionen zu vermeiden.

Augenzeugen standen unter Schock. "Ich habe die Explosion gehört und bin raus auf die Straße. Da stand ich direkt in den Flammen und vor mir auf dem Boden lag eine verkohlte Leiche", berichtete ein Mitarbeiter einer Pharmafirma in der Nähe des Unglücksorts der Nachrichtenagentur ANSA. In der an Viareggio angrenzenden Region Lucca wurde der Ausnahmezustand erklärt.

© dpa/AP/AFP/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: