Zugunglück nahe New York:Medienberichte: Der Zug war schneller als er sein sollte

Teile der Decke sind eingestürzt, Hubschrauber holen Verletzte ab: Die Lage am Bahnhof von Hoboken ist noch immer unübersichtlich.

Von Hakan Tanriverdi, Hoboken, und Claus Hulverscheidt, New York

Für viele Pendler in Hoboken beginnt der Donnerstagmorgen mit einem Fußmarsch. Sie machen sich auf den Weg in Richtung Holland-Tunnel oder nach Jersey City, um dort ein Auto nach New York zu erwischen oder den Zug zu nehmen. Der Tunnel ist eine der Verbindungen zwischen New Jersey und Manhattan über den Hudson River.

Normalerweise nutzen die Menschen öffentliche Verkehrsmittel: U-Bahnen, Fähren, Züge. Heute stehen die Züge in Hoboken still. Ein Zugunglück am Bahnhof der Stadt hat den Berufsverkehr zum Erliegen gebracht.

Bei dem Unfall ist mindestens eine Person gestorben. 108 weitere wurden verletzt, wie Chris Christie, der Gouverneur des Bundesstaates New Jersey, mitteilte. Eine Sprecherin der Eisenbahn spricht gar von deutlich mehr als 100 Verletzten. Der Unfall ereignete sich in den Morgenstunden gegen 8:45 Uhr zur Hauptverkehrszeit.

Zeugen berichten, dass ein Nahverkehrszug der Gesellschaft New Jersey Transit (NJT) ungebremst in den Bahnhof krachte. Offenbar überfuhr er auch einen Prellbock am Ende des Gleises und raste in Richtung Eingangshalle an eine Wand. Der Aufprall war anscheinend derart heftig, dass Teile der Decke einstürzten und auf den Zug fielen. Pfeiler knickten ein, die Halle ist einsturzgefährdet.

Mehrere Medien berichteten, dass der Zug mit 30 Meilen pro Stunde unterwegs gewesen sein soll. Üblich seien bei der Einfahrt in einen Bahnhof fünf. Im Eingangsbereich des Bahnhofs befindet sicht auch die Wartehalle. Es ist unklar, wie viele Menschen dort verletzt wurden. In Medienberichten ist teilweise von drei Toten die Rede.

In den sozialen Netzwerken wurden Bilder geteilt, die einen völlig zerstörten Zug zeigen. Augenzeugen berichteten von ihren Versuchen, im ersten Waggon eingeklemmte Passagiere zu befreien. Offenbar wurde der vordere Teil des Zuges zur Hälfte zusammengedrückt. Das Dach stürzte auf die Sitze. Der Lokführer musste nach Informationen des Fernsehsenders Fox News von Helfern aus dem Führerstand befreit werden. Der Verkehrsgesellschaft zufolge sollen etwa 250 Menschen in dem Zug gewesen sein. Dutzende Krankenwagen waren vor Ort, ein Hubschrauber der Heimatschutzbehörde landete in der Nähe des Bahnhofs.

"Es gibt viele Verletzungen, viele schwere Verletzungen," sagte die Sprecherin der Verkehrsgesellschaft, Nancy Snyder. Die Behörden untersuchten, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Hinweise, dass es sich um einen Terroranschlag handeln könnte, gibt es vorerst nicht. Bekannt ist, dass der Zug nicht mit einem automatischen Bremssystem ausgerüstet war. Die US-Eisenbahnen sollten veraltete Züge umrüsten, die Umsetzung der Maßnahmen verläuft aber schleppend.

Zweites schweres Unglück innerhalb von fünf Jahren

​Hoboken ist ein wichtiges Drehkreuz in der Region. Die 50 000-Einwohner-Stadt befindet sich westlich vom Hudson River. Die Station ist der fünftgrößte Bahnhof des Verkehrsverbunds.

Vom Bahnhof aus hat man einen guten Blick auf die Skyline von Manhattan. Das Whitney Museum befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite, schräg gegenüber ist das World Trade Center. 15 000 Passagiere werden täglich durch den 109 Jahre alten Bahnhof geschleust. Gewöhnlich steigen die Menschen dort um, um nach New York City zu gelangen. Die Verkehrsgesellschaft hat den Zugverkehr eingestellt und den Bahnhof weiträumig abgesperrt.

In den USA hat es zuletzt eine ganze Reihe von schweren Zugunfälle gegeben, unter anderem in Kalifornien, New York und Philadelphia. 2011 kam es in Hoboken schon einmal zu einem schweren Unfall. Damals wurden 30 Menschen verletzt. Ein Pendlerzug war an einem Sonntagmorgen in die Puffer am Ende der Schienen gekracht.

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