Trauerfeier in Paris:Hollande ehrt die drei getöteten Polizisten

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Präsident Hollande gedenkt der bei Anschlagsserie getöteten Polizisten. (Foto: AFP)
  • Mit einer bewegenden Trauerfeier hat Frankreich der bei den Terroranschlägen getöteten Polizisten gedacht.
  • Die Beamten seien "gestorben, damit wir in Freiheit leben können", sagte Präsident François Hollande.
  • In Jerusalem wurden die jüdische Anschlagsopfer von Paris beigesetzt.
  • Politiker beklagen bei der Trauerfeier die mangelnde Sicherheit für Juden.

Posthume Aufnahme in die französische Ehrenlegion

Bei einer bewegenden Trauerfeier hat Frankreichs Staatschef François Hollande die drei bei den islamistischen Anschlägen getöteten Polizisten gewürdigt. Die Beamten seien "gestorben, damit wir in Freiheit leben können", sagte Hollande bei der Zeremonie im Innenhof der Pariser Polizeipräfektur. "Sie sind in Ausübung ihres Amtes gestorben, mit Mut, mit Tapferkeit, mit Würde." Ihnen gebühre größte Dankbarkeit.

Hollande nahm Franck Brinsolaro, Ahmed Merabet und Clarissa Jean-Philippe posthum in die französische Ehrenlegion auf. Die Orden befestigte er an den Särgen der Polizisten, die in französische Nationalflaggen gehüllten waren. An der Trauerfeier nahmen auch Premierminister Manuel Valls, Innenminister Bernard Cazeneuve sowie Hinterbliebene der Opfer teil - unter ihnen die Mutter der Polizistin Jean-Philippe: sie brach bei der Gedenkfeier in Tränen aus.

Zeremonie im Innenhof der Pariser Polizeipräfektur. (Foto: dpa)

"Heldenhaft" entgegengestellt

Beim Angriff auf die Satirezeitung Charlie Hebdo am Mittwoch hatten die zwei Attentäter nicht nur Redaktionsmitglieder erschossen, sondern auch den zum Schutz des Karikaturisten "Charb" abgestellten Polizisten Franck Brinsolaro. Auf der Flucht töteten sie den zum Anschlagsort geeilten Beamten Ahmed Merabet.

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Wer waren die zwölf Menschen, die beim bislang heftigsten islamstischen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit in der westlichen Welt starben? Was trieb sie an? SZ-Autoren blicken zurück auf die bewegten Leben der Opfer.

Ahmed Merabet habe sich den flüchtenden Charlie Hebdo-Attentätern "heldenhaft" entgegengestellt und ihnen den Weg versperrt, sagte Hollande. "Er wurde von einer ersten Salve getroffen, ist standhaft geblieben, hat sich gewehrt, und wurde dann feige mit einer Kugel in den Kopf hingerichtet, während er am Boden lag."

Videoaufnahmen der kaltblütigen Erschießung Merabets, die im Internet zirkulierten, hatten weltweit für Entsetzen gesorgt. Später solidarisierten sich zahlreiche Menschen auf Twitter unter dem Hashtag #JeSuisAhmed mit dem getöteten muslimischen Polizisten.

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Nach dem Terroranschlag wissen die französischen Muslime, dass sie vielen ihrer Landsleute verdächtig sind. Sie hoffen, dass die Franzosen einen Namen wahrnehmen: Ahmed Merabet. Der Polizist, den die Täter per Kopfschuss töteten.

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Sein Kollege Brinsolaro sei als "Charbs" Personenschützer ein Freund des Charlie Hebdo-Leiters und quasi "Mitglied der Redaktion" gewesen, sagte Hollande. Er habe sich den Angreifern entgegengestellt und sei "mit der Waffe in der Hand" gestorben. "Er ist für die Freiheit, für die Meinungsfreiheit gestorben." Frankreich könne angegriffen werden, werde aber "nie nachgeben", so Hollande. "Die Freiheit siegt über die Barbarei."

Die unbewaffnete Polizistin Clarissa Jean-Philippe war dann am vergangenen Donnerstag von einem zweiten Attentäter in Montrouge, südlich von Paris, erschossen worden. Die 26-Jährige, die für die Verkehrsregelung zuständig war, sei "feige mit einem großkalibrigen Projektil in den Rücken geschossen" worden, sagte Hollande.

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"Ihr Charlie Hebdo, ich die Polizisten": Die Brüder, die die Redaktion des Satire-Magazins stürmten, und der Supermarkt-Geiselnehmer haben sich abgesprochen. Amedy Coulibaly ist kein Unbekannter, doch unklar ist, welche Rolle seine Freundin spielte. Sie ist flüchtig.

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Womöglich sei sie getötet worden, weil der Angreifer "eine wenige hundert Meter entfernt liegende Schule" ins Visier habe nehmen wollen. Medienberichten zufolge wollte der Islamist Amedy Coulibaly vermutlich eine jüdische Schule attackieren.

Jerusalem trauert um getötete Geiseln

Einen Tag später verschanzte er sich in einem jüdischen Supermarkt in Paris. Die vier jüdischen Todesopfer des Geiseldramas wurden am Dienstag in Jerusalem beerdigt. Unter den 2500 Gästen der Trauerfeier am Dienstag waren Israels Staatschef Reuven Rivlin und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Als Vertreterin der französischen Regierung erklärte Ministerin Ségolène Royal, Antisemitismus habe keinen Platz in Frankreich.

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Weil sie Juden waren, hat der Attentäter Amedy Coulibaly in einem koscheren Supermarkt vier Menschen getötet. Bereits in den vergangenen Jahren gab es brutale antisemitische Übergriffe. Die jüdische Gemeinde in Frankreich ist zunehmend verunsichert.

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Vor der Bestattung wurden die Leichname in blau-weiße Gebetsmäntel gehüllt auf einer Tribüne aufgebahrt. "Mein Vater liebte Israel, nun wird er hier leben", sagte der Sohn eines Opfers. Israels Präsident mahnte eindringlich: "Wir können nicht zulassen, dass siebzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg Juden wieder Angst haben, auf den Straßen Europas eine Kippa oder Gebetsfäden zu tragen." Juden aus Frankreich seien in Israel willkommen. "Aber ihr solltet nicht aus Not oder Hoffnungslosigkeit zuwandern müssen," sagte Rivlin.

Mitstreiter in Bulgarien festgenommen

Derweil wurde bekannt, dass an Bulgariens Grenze zur Türkei ein mutmaßlicher Komplize der Charlie Hebdo-Attentäter festgenommen wurde. Der aus Haiti stammende französische Staatsbürger Fritz-Joly J. sei bereits in der Nacht zum 1. Januar auf Antrag Frankreichs festgehalten worden, sagte der bulgarische Innenminister Wesselin Wutschkow dem staatlichen Radio in Sofia.

Zunächst ging es dabei um den Verdacht einer Kindesentführung. Nach den Anschlägen in Frankreich wurde Bulgarien ein weiterer Haftbefehl wegen Terrorverdachts übermittelt. Das Auslieferungsverfahren gegen den Verdächtigen, der mit einem der Kouachi-Brüder in Kontakt gestanden haben soll, soll bis Ende der Woche im Gericht des südbulgarischen Haskowo beginnen.

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