Tod von Michael Brown:Zwei Demonstranten bei Unruhen in Ferguson angeschossen

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Die Polizei bekommt die Unruhen in Ferguson auch am neunten Tag nicht unter Kontrolle (Foto: AFP)

Nach einem Abend mit friedlichen Protesten eskaliert die Situation auf den Straßen Fergusons erneut. Es fallen Schüsse, zwei Menschen werden verletzt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wendet sich mit deutlichen Worten an die US-Behörden.

  • In der Nacht auf Dienstag kommt es erneut zu heftigen Unruhen in der amerikanischen Kleinstadt Ferguson.
  • Zwei Menschen werden bei einer Schießerei verletzt. Die Polizei setzt erneut Tränengas ein, um die Kundgebungen aufzulösen. Demonstranten werfen Molotowcocktails.
  • Mehr als 30 Personen werden festgenommen - darunter auch zwei deutsche Journalisten.
  • Präsident Barack Obama schickt den Justizminister nach Ferguson. Er soll sich ein Bild der aktuellen Situation vor Ort machen.

Zwei Demonstranten bei Schießerei verletzt

Zehn Tage nach dem Tod von Michael Brown kam es in der vergangenen Nacht erneut zu erheblichen Unruhen. Dabei wurden zwei Demonstranten durch Schüsse verletzt. Sie sollen dem Einsatzleiter Ron Johnson zufolge allerdings nicht von der Polizei abgegeben worden sein. Augenzeugen berichten, dass sowohl Demonstranten als auch Einsatzkräfte Schüsse abgegeben hätten.

Dabei begannen die Proteste friedlich. Zwei Stunden lang zogen Hunderte durch die Straßen und riefen Parolen wie "Hände hoch, schieß nicht" oder "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden". Doch nach einiger Zeit begannen einigige Demonstranten, Steine, Flaschen und Molotowcocktails auf die Polizisten zu werfen. Dann eskalierte die Situation: Die Beamten antworteten mit Blendgranaten und Tränengas. Einige Protestierende errichteten eine Barrikade - unter anderem aus mobilen Toiletten. Ein Sprecher der Polizei sagte, man versuche trotz der bisherigen Vorkommnisse weiterhin friedlich zu agieren.

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Militärmaterial im Wert von 450 Millionen Dollar erhielten US-Kommunen allein im Jahr 2013. Politiker wollen das Entsetzen über die Tumulte in Ferguson nun nutzen, um die Militarisierung der US-Polizei per Gesetz zu stoppen.

Von Benedikt Becker

Vermutungen über Unruhestifter von außerhalb

Friedliche Demonstranten versuchten, den aggressiven Teil der Menge zu regulieren. "Runter von der Straße! Kämpft nicht!", tönte es aus Megaphonen. Der Demonstrant Jerrell Bourrage sagte: "Wir brauchen diese Kämpfer hier nicht. Ich bin gekommen, um meine Leute zu schützen. Vater, Brüder, Mütter und Tanten sind hier." Manche vermuten, dass die Unruhe stiftenden Demonstranten von außerhalb kämen. "Wir lassen Provokateuer nicht hierher kommen. Wir dürfen es nicht erlauben, dass diese Bewegung zerstört wird", sagte Malik Shabazz, Nationalpräsident der "Black Lawyers for Justice". Die Vermutung, dass es sich bei den aggressiven Demonstranten um Auswärtige handelt, teilt auch Missouris Gouverneur Jay Nixon. Er schickte bereits am Montag etwa 200 Soldaten der Nationalgarde nach Ferguson. Die friedlichen Proteste seien überschattet worden von "gewaltsamen kriminellen Handlungen einer organisierten und wachsenden Zahl von Menschen, viele von außerhalb der Gemeinde und des Staates", sagte Nixon.

31 Menschen festgenommen

Insgesamt kam es laut Polizei zu 31 Festnahmen - darunter auch zwei deutsche Journalisten der Welt. Die Tageszeitung berichtet, ihr Autor Ansgar Graw und der für mehrere Lokalzeitungen tätige Reporter Frank Herrmann seien am Montagnachmittag in Handschellen abgeführt und in ein Gefängnis in St. Louis gebracht worden. Nach drei Stunden seien die beiden wieder freigelassen worden. Graw und Herrmann wurde demnach vorgeworfen, eine Aufforderung der Polizei missachtet zu haben, nicht auf der Straße stehen zu bleiben. Die beiden Jouranlisten streiten das ab. Zwar hätten nachts Proteste stattgefunden, zum Zeitpunkt ihrer Festnahme sei die Straße aber menschenleer gewessen. Graw und Herrmann versicherten, dass sie der Order nachgekommen seien. "Die Polizei wollte verhindern, dass wir unseren Auftrag, über die Vorgänge in Ferguson zu recherchieren, erfüllen können", wurde Graw zitiert. "Das ist eine eklatante Verletzung der Pressefreiheit."

Die Fotoagentur Getty Images teilte mit, dass einer ihrer Fotografen ebenfalls in der Kleinstadt festgenommen wurde. Scott Olson wurde in Gewahrsam genommen, als er am Montag Bilder von einer Demonstration machte. Zu den Gründen für die Festnahme machte die Agentur keine Angaben.

In der vergangenen Woche waren zwei Reporter der Washington Post und der Huffington Post vorübergehend festgenommen worden, als sie über eine Demonstration berichteten.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon wendet sich an US-Behörden

Neben Präsident Obama hat sich auch der Uno-Generalsekretär in den Konflikt eingeschaltet. Ban Ki Moon verlange von den US-Behörden, "das Recht zur friedlichen Versammlung und zur freien Meinungsäußerung zu gewährleisten", hieß es in einer Mitteilung seines Büros. Er fordere alle zu Zurückhaltung auf - die amerikanischen Einsatzkräfte sollten die internationalen Standards zum Umgang mit Demonstranten befolgen.

Justizminister bittet um Geduld

Seitdem ein weißer Polizist den schwarzen Teenager Michael Brown erschossen hat, kommt es immer wieder zu Unruhen auf den Straßen in Ferguson. Die Schulen sind mittlerweile aus Sicherheitsgründen bis auf weiteres geschlossen. Richter haben mittlerweile mit der Anhörung von Zeugen begonnen. Außerdem hat das Justizministerium eine Untersuchung der Bürgerrechte im Fall Brown eingeleitet. "Ich verstehe, dass ein großes Interesse an dem Fall besteht, aber ich bitte die Öffentlichkeit um Geduld, während wir den Fall untersuchen", sagte Justizminister Eric Holder.

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