Unruhen nach Tod von Michael Brown:Obama schickt Justizminister nach Ferguson

National Guard Called In As Unrest Continues In Ferguson

Auch am Montag gingen in Ferguson die Unruhen nach dem Tod von Michael Brown weiter.

(Foto: AFP)

Er selbst will noch nicht anreisen, doch US-Präsident Obama schickt zumindest Justizminister Holder nach Ferguson. Der Gouverneur hat die Ausgangssperre in der Kleinstadt aufgehoben. Zwei deutsche Journalisten wurden vorübergehend festgenommen.

  • Justizminister Holder reist am Mittwoch in die Kleinstadt Ferguson, Senator warnt vor Übernahme der Ermittlungen durch Bundesbehörden.
  • Soldaten der Nationalgarde sollen die Polizei in der Kleinstadt Ferguson unterstützen, der Gouverneur hebt die Ausgangssperre auf.
  • Am Rande der gewaltsamen Unruhen in Ferguson wurden zwei deutsche Journalisten fesetgenommen. "Welt"-Reporter beklagt eklatante Verletzung der Pressefreiheit.
  • Eine privat in Auftrag gegebenes Autopsie hat ergeben, dass Michael Brown von mindestens sechs Projektilen getroffen wurde.

Justizminister soll Ferguson besuchen

Soll US-Präsident Barack Obama nach Ferguson reisen? Entsprechende Forderungen waren nach den jüngsten Ausschreitungen lauter geworden. Obama hat seinen Urlaub unterbrochen und nun erklärt, dass Justizminister Eric Holder Ferguson am Mittwoch besuchen werde, um sich ein Bild der Lage zu machen. Holder selbst erklärte in einer Stellungnahme, die selektive Veröffentlichung heikler Informationen durch die Behörden vor Ort "verstöre" ihn.

Obama rief die Anwohner dazu auf, friedlich zu bleiben. Über die Polizei, die für ihr hartes Vorgehen kritisiert worden war, sagte Obama: "Es gibt keine Entschuldigung für unverhältnismäßige Härte der Polizei." Obama war am Sonntag von seinem Urlaubsort Martha's Vineyard für zwei Tage nach Washington gekommen.

Senator warnt vor Übernahme der Ermittlungen

Derzeit ermitteln 40 FBI-Beamte vor Ort, das Justizministerium führt eine Bürgerrechts-Untersuchung durch. Diese soll klären, ob die Grundrechte Einzelner - in diesem Fall des von einem Polizisten getöteten schwarzen Teenagers Michael Brown - verletzt wurden. Dafür soll Brown unter anderem erneut unter Aufsicht der Bundesbehörden obduziert werden.

Der Fall selber liegt jedoch in der Hand der örtlichen Behörden. Roy Blut, republikanischer Senator von Missouri, warnte deshalb das Justizministerium davor, die Ermittlungen an sich zu ziehen. Die Polizei von Missouri steht wegen ihrer defensiven Informationspolitik heftig in der Kritik und sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, nicht neutral zu ermitteln.

Nationalgarde in Ferguson - Ausgangssperre vorest ausgesetzt

In der US-Kleinstadt Ferguson ist inzwischen die Nationalgarde eingetroffen. Mit diesen "zusätzlichen Ressourcen" sei es möglich, angemessen auf mögliche neue Vorfälle und Gewalt zu reagieren, erklärte der Gouverneur des US-Bundesstaats Missouri, Jay Nixon. Am Montagabend und in der Nacht werde es daher "keine Ausgangssperre" geben.

Nixon hatte zuvor wegen der anhaltenden schweren Krawalle die Entsendung der Soldaten angeordnet. Rund zehn Mitglieder der Garde trafen in Ferguson ein. Sie sollen die Einsatzkräfte vor Ort unterstützen und vor allem das Polizeihauptquartier bewachen. In den vergangenen beiden Tagen war es trotz Ausgangssperren zu Ausschreitungen gekommen. In der Nacht zum Sonntag wurde eine Person wurde durch Schüsse lebensgefährlich verletzt. In der Nacht auf Montag wurde das Polizeihauptquartier angegriffen.

Deutsche Journalisten festgenommen

Am Rande der Proteste in Ferguson sind zwei deutsche Journalisten vorübergehend festgenommen worden. Die Welt berichtete, ihr Autor Ansgar Graw und der für mehrere Lokalzeitungen tätige Reporter Frank Herrmann seien am Montagnachmittag in Handschellen abgeführt und ins Gefängnis in St. Louis gebracht worden. Nach drei Stunden seien die beiden wieder freigelassen worden. Graw und Herrmann bestreiten die Vorwürfe, sie hätten eine Aufforderung der Polizei missachtet, nicht auf der Straße stehen zu bleiben. Dort hätten nachts zwar Proteste stattgefunden, zum Zeitpunkt der Festnahme aber sei die Straße menschenleer gewessen. Graw und Herrmann versicherten, dass sie dieser Order nachkamen. "Die Polizei wollte verhindern, dass wir unseren Auftrag, über die Vorgänge in Ferguson zu recherchieren, erfüllen können", wurde Graw zitiert. "Das ist eine eklatante Verletzung der Pressefreiheit."

Die Fotoagentur Getty Images teilte ebenfalls mit, dass einer ihrer Fotografen in der Kleinstadt festgenommen worden sei. Scott Olson wurde in gewahrsam genommen, als er am Montag Bilder von einer Demonstration aufnahm. Zu den Gründen für die Festnahme machte die Agentur keine Angaben.

Erneut Auseinandersetzungen

In der Nacht zum Dienstag ist es vereinzelt zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Nachdem einige Protestierende mit Glas- und Plastikflaschen warfen und versuchten, eine Straße zu blockieren, setzte die Polizei nach Angaben des US-Senders CNN Tränengas ein. Augenzeugen berichteten auch von Schüssen. Angeblich sollen Demonstranten auch wieder Molotowcocktails eingesetzt haben.

Privatgutachten: Mindestens sechs frontale Treffer

Der von einem Polizisten in der US-Kleinstadt Ferguson erschossene Teenager Michael Brown soll einem Privatgutachten zufolge von mindestens sechs Kugeln getötet worden sein. Zwei Projektile hätten den Kopf und vier den rechten Arm des 18-Jährigen getroffen, das sagt ein von den Eltern des Opfers eingeschalteter Rechtsmediziner, wie die New York Times am späten Sonntagabend berichtete.

Laut dem vorläufigen Ergebnis der Autopsie seien alle Kugeln von vorne abgefeuert worden. Der von Browns Eltern beauftragte Pathologe Michael Baden gilt als Koryphäe auf seinem Gebiet. Er sagte Anfang der Neunzigerjahre unter anderem in dem spektakulären Gerichtsverfahren gegen den Ex-Footballstar OJ Simpson aus und wurde auch schon bei den Untersuchungen zum Mord an US-Präsident John F. Kennedy zu Rate gezogen. Baden war früher als oberster Gerichtsmediziner in New York tätig.

Warum der Fall so brisant ist

Ferguson ist seit der Tötung des schwarzen Jugendlichen Michael Brown durch einen weißen Polizisten am 9. August Schauplatz von Unruhen und Protesten, da dem Schützen rassistische Motive unterstellt werden.

Das militärisch hochgerüstete Auftreten hatte weite Teile der Bevölkerung zusätzlich gegen die örtlichen Polizisten eingenommen, die Demonstranten mit Sturmgewehren und Panzerfahrzeugen eingeschüchtert hatten.

Die Affäre Brown hat die landesweite Kontroverse um Rassismus und die zunehmende Militarisierung der Polizei in den USA neu angestoßen.

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