Sailing Yacht A:100 Meter hohe Masten, sechs Decks - und eine Menge Fragen

Wurde das Teakholz illegal geschlagen? Kann das Schiff sein Testgelände in der Ostsee überhaupt verlassen? Die größte private Segelyacht bietet Anlass für Spekulationen.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Wer auf die eine oder andere Art zu größerem Wohlstand gekommen ist, der kauft sich zum Beispiel ein Schiff. Besonders gerne erwerben Oligarchen und Ölscheichs ihre Spielsachen in Deutschland. Der russische Milliardär Roman Abramowitsch etwa ließ sich 2009 bei Blohm & Voss in Hamburg mit der 162,5 Meter langen Eclipse ausstatten und der Emir Chalifa bin Zayid Al Nahyan aus Abu Dhabi 2013 bei der Bremer Lüssen mit der 180 Meter langen Azzam - sie führen vorläufig die Motoryachten-Weltrangliste an. Abramowitschs schwimmende Villa wurde später angeblich mit einem Raketenabwehrsystem nachgerüstet, was man halt so braucht. Jetzt aber starren Wasserfreunde auf die derzeit bizarrste Attraktion der Meere: die A. Genauer: die segelnde A.

Seit ein paar Tagen ist die längste private Segelyacht der Erde in der Ostsee zu Testfahrten unterwegs. Ein Schlepper zog den silbergrauen Dreimaster aus dem Kieler Trockendock der German Naval Yards, deren Rendsburger Werft Nobiskrug sie dort in vier Jahren gebaut hat. Zuschauer staunen, Medien berichten auch aus England oder Arabien. Ohne Segel sieht das Ungetüm, entworfen vom französischen Designer Philippe Starck, aus wie ein gepanzerter Tanker. Geschmackssache. 143 Meter lang, 25 Meter breit.

Aus dem Monster-Rumpf ragen drei Lanzen in den Himmel. Die Masten aus Carbonfasern sind 100 Meter hoch, doppelt so hoch wie die des Windjammers Gorch Fock. Sie waren nach dreijähriger Entwicklung aus Portsmouth herbeigeschifft worden und dürfen nun die norddeutsche Brise ausprobieren. Gesetzt werden die Segel auf Knopfdruck. Ihre Fläche ist ungefähr halb so groß wie ein Fußballplatz, mehr als 3700 Quadratmeter, und soll bei den Übungsmanövern fürs Erste nur vor der dänischen Insel Bornholm kurz zur Entfaltung kommen.

So lichtet sich ein wenig der Nebel um das neueste Mysterium der Branche. Bekannt war das Projekt zunächst als White Pearl, weiße Perle, obwohl es wohl nie so heißen sollte, und wurde bis 2015 hinter Sichtschutz montiert. Dann sprach sich herum, wem sie gehören würde, obwohl alles streng geheim war. Die Ingenieure durften offiziell kaum ein Wort über ihren Auftrag verlieren. Also: Besitzer ist der Russe Andrej Melnitschenko, das Fachblatt Forbes schreibt ihm ein Vermögen von 11,9 Milliarden Dollar zu.

Verdient hat er sein Geld unter anderem mit Wechselstuben, Kohle, Dünger und Strom. Schon seine Motoryacht mit drei Pools trägt den Namen A, er hatte sie für mutmaßlich 200 Millionen Euro 2008 bei Blohm & Voss erworben. Die Segelyacht kostet geschätzt mindestens 400 Millionen Euro und bekam als Titel ebenfalls den ersten Buchstaben des Alphabets. Bescheidenheit muss sein.

Es heißt, an Bord sei illegal Teakholz verbaut worden

Ende August 2016 lief Melnitschenko auf seiner motorbetriebenen A in Schleswig-Holsteins Landeshauptstadt ein und sah nach seiner künftig windgetriebenen A. Hotelzimmer brauchte er keins, der Krösus schlief auf einem der fünf Decks der ersten A. Die zweite A hat sechs Decks. Man erzählt sich von einem Glasboden im Rumpf, vielleicht glotzt beim Cocktail künftig gelegentlich ein Hammerhai ins Wohnzimmer. Des Weiteren ist von Hubschrauberlandplatz und einem mitzuführenden U-Boot die Rede, die Besatzung soll aus 54 Menschen bestehen.

Zuletzt machte auch die ungünstige Meldung die Runde, 1278 Stück Teakholz an Bord der Sailing Yacht A seien illegal in Myanmar geschlagen worden. Ein Sprecher Melnitschenkos und die Nobiskrug GmbH widersprechen, die Behörden prüfen. In jedem Fall eng wird es, wenn die Reise irgendwann aus der Ostsee hinausgeht: Das funktioniert angesichts der Höhe der A offenbar nur am Drogden-Sund zwischen Dänemark und Schweden. Die Sailing Yacht A braucht wegen der Einflugschneise dafür eine Genehmigung und einen Slot des Flughafens Kopenhagen, das ist bei Schiffen mit einer Höhe von mehr als 35 Metern so üblich.

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