Prozess gegen Ex-Fußballer Eike Immel:Wenn der Held im Tor am Leben scheitert

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Einst wurde Eike Immel in den Himmel gelobt, allein wegen seines Nachnamens. Heute steht er vor Gericht: Der 51-Jährige soll 78-mal Kokain gekauft und keinen Unterhalt gezahlt haben. Der Prozess zeigt einen Fußballtorwart, der außerhalb des Platzes ins Abseits geriet.

Martin Zips

Muss sich vor Gericht wegen Ankaufs von Kokain und Vernachlässigung seiner Unterhaltspflichten verantworten: Ex-Nationaltorwart Eike Immel. (Foto: dpa)

Es ist die Geschichte eines gefallenen Engels, von denen es im Sport so viele gibt. Vorbilder, Helden der Jugendzimmer - sie gelten plötzlich als Betrüger, als Brandstifter, als Gescheiterte. Ihre Namen tauchen dann nur noch in der Leute-Spalte auf, weil sie angeblich Probleme haben, mit dem Geld oder mit der Frau oder mit beidem.

Stars von einst werden von der Polizei abgeführt, weil sie irgendwo viel zu schnell gefahren sind. Andere lassen sich vom Fernsehen während einer Abmagerungskur filmen. Das ist alles ziemlich traurig, aber es sind eben Geschichten, die das Leben schreibt.

An diesem Dienstag humpelte in Dortmund ein Fußballtorwart vor Gericht, den die Zeitungen mal in den Himmel gehoben hatten, schon weil er Immel heißt. Eike Immel hatte schon als 17-Jähriger den Bayern gezeigt, was man alles halten kann. 1:0 gewann Dortmund gegen München dank ihm im Jahr 1978 - und der junge Torwart mit den lustigen Haaren wurde über Nacht berühmt.

"Meine Schwester hat zum Glück etwas Vernünftiges gelernt"

Jetzt, 34 Jahre später, hat er noch immer diesen Blick, den die Medien damals "verträumt" nannten, während in den aktuellen Texten der Nachrichtenagenturen von "sichtlichem Unbehagen" die Rede ist.

Saal 1201 des Dortmunder Amtsgerichts - Auftakt eines Drogenprozesses gegen einen 49 Jahre alten Bordell-Teilhaber als Hauptangeklagten - und Eike Immel, 51. Immel wird vorgeworfen, sich im Jahr 2007 in 78 Fällen "Kokain zum Eigenbedarf" gekauft zu haben, so heißt das im Juristendeutsch. Doch in der Erklärung, die die Verteidigerin vorliest, bestreitet der Dortmunder das. Allein, dass er im Jahr 2005 seinen beiden Kindern zeitweise keinen Unterhalt bezahlt habe, das räumt Immel ein.

Was er denn heute so verdiene, möchte man von ihm wissen. "Nichts", antwortet er. Er lebe nur von der Unterstützung seiner Familie. "Meine Schwester hat zum Glück etwas Vernünftiges gelernt und hilft mir jetzt, so gut sie kann." Und sein ehemaliger Kumpel? Hat der ihm die Drogen für insgesamt 10.000 Euro nun verkauft oder nicht? "Ich habe nie Kokain verkauft", behauptet der frühere Freund. "Schon gar nicht an Eike."

Immel war immer der zurückhaltende, brave Held im Tor. Mehr als 500 Spiele hielt er für Borussia Dortmund und den VfB Stuttgart, als Nationaltorwart blieb er zweite Garde, es dominierten Toni Schumacher und Uli Stein. Vor Kurzem erzählte er, der zuletzt als Torwarttrainer in der Türkei und in Österreich arbeitete, im Fernsehen von einer angeborenen Schwäche seines linken Auges: Sehfähigkeit unter 20 Prozent. Eigentlich eine Sensation, dass er so ein guter Keeper war.

Das gute Geld, das Immel auf der Höhe seines Erfolges verdiente, zerrann ihm bald zwischen den Fingern. Von einer Leidenschaft für das Glücksspiel war die Rede, von falschen Freunden und faulen Immobilien. Die 70.000 Euro, die er während demütigender Torturen im RTL-Dschungelcamp verdient haben soll, wurden im Jahr 2008 gleich an seinen Insolvenzverwalter weitergereicht.

Das Hüftleiden, dessentwegen er vor 15 Jahren seine Karriere beendet hatte, macht ihm immer noch schwer zu schaffen. "Bei uns, da geht's auch nicht immer bergauf", heißt es in dem Lied, mit welchem Eike Immel zusammen mit Bata Illic nach dem Dschungelcamp da und dort das Volk belustigte.

Jetzt also Saal 1201 im Dortmunder Landgericht. Hat er oder hat er nicht? Die Hauptbelastungszeugin gegen Immel erscheint nicht, sie hat sich krank gemeldet. Überhaupt soll sie ihre belastende Aussage mittlerweile widerrufen haben. Das Urteil, es wird voraussichtlich am kommenden Dienstag gesprochen.

© SZ vom 24.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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