Nummernschilder:Auf Nummernschildern in Belgien ist auch ALLAH erlaubt

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In Deutschland sind Autofahrer bei der Wahl des Kennzeichens wesentlich eingeschränkter als in Belgien. (Foto: dpa)

RAMBO oder SMILE: In Belgien dürfen Autofahrer gegen Gebühr eigentlich alles auf ihr Nummernschild schreiben. Wirklich alles?

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Letztens parkte ein schwarzer Hummer auf der Straße, also einer dieser unfassbar breiten Geländewagen, die vier Auspuffrohre haben und dessen Besitzer man schon mal gerne fragen würde, was er sich eigentlich bei der Wahl seines Kennzeichens gedacht hat: WEAPON stand auf dem Nummernschild, sonst nichts. Nun wäre es naheliegend, das doch recht panzermäßig wirkende Fahrzeug als eine Art Waffe zu betrachten, aber so einfach ist das nicht. Ein Kennzeichen, das lernt man in Belgien, kann eine sehr persönliche Angelegenheit sein.

Das ist auch kein Wunder, denn die Zulassungsstellen des Königreichs erfüllen den Traum aller Autofahrer, die besonderen Wert auf ein individuelles Nummernschild legen. Anders als in Deutschland sind sie nicht an Vorgaben gebunden, wie etwa den Zulassungsort oder eine bestimmte Reihenfolge von Buchstaben und Ziffern. In Belgien kann sich jeder das draufschreiben, was er will. Naturgemäß hat auch diese Freiheit ihre Grenzen, die Frage ist nur: Wo genau verlaufen sie? Ein Mercedes-Fahrer sorgt zurzeit für eine aufgeregte Debatte, was überhaupt erlaubt ist. Er hat die Buchstaben ALLAH auf sein Kennzeichen pressen lassen.

Die Brüsseler Zeitung La Capitale druckte sogleich ein Foto des Schildes auf ihrer Titelseite und konstatierte einigermaßen besorgt: "Religiöse Begriffe finden Einzug auf den Kennzeichen." Auch sonst stößt ALLAH auf Unverständnis. "Ein gläubiger Muslim würde das niemals tun", sagt Youcef Bouterfa vom Islamischen Kulturzentrum in Ottignies-Louvain-la-Neuve. Allah stehe über allen, und deshalb sei es verboten, seinen Namen im menschlichen Maßstab zu zeigen.

Die Zulassungsbehörde sieht die Sache entspannter. "Wenn es nichts Anstößiges ist, akzeptieren wir das Schild", sagt eine Sprecherin der Behörde. Die Kennzeichen-Kombination GOD sei ebenso genehmigt worden. Und das bedeute ja auch nichts anderes als Gott.

Natürlich gibt es in Belgien Wünsche von Autofahrern, die nicht genehmigt werden, zum Beispiel Schimpfwörter. Empfindet ein Bürger dennoch ein Kennzeichen als anstößig, kann er sich bei der Zulassungsbehörde beschweren. Bislang kam das allerdings nur drei Mal vor. Der bekannteste Fall ist die Beschwerde der Belgischen Liga gegen Antisemitismus (Ligue Belge contre l'Antisémitisme). Die Organisation hatte ein Auto mit dem Kennzeichen SS moniert. Der Besitzer durfte das Schild aber behalten, da es sich um seine Initialen handelte.

Entscheidungen wie diese entsprechen dem liberalen Selbstverständnis des belgischen Staates. Das vom Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen geprägte Land hat sich eine gewisse Laisser-faire-Haltung angeeignet. Man muss sich eben nicht über alles aufregen, man kann auch prima nebeneinander herleben.

Die Zulassungsbehörde zeigt jedenfalls kein Interesse, die Vielfalt der Wunschkennzeichen einzuschränken, zumal der Staat daran ziemlich gut verdient. Die Gebühr für ein personalisiertes Schild liegt bei 2000 Euro. In Belgien sind insgesamt 12 330 Autos mit einem solchen Kennzeichen unterwegs. Ab und an erwarten einen also ganz wundersame Begegnungen auf der Straße: RAMBO, AK-47 oder einfach SMILE.

© SZ vom 20.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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