'Ndrangheta:Zu Besuch bei der gefährlichsten Mafia Italiens

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Kalabrien ist viel mehr als nur die 'Ndrangheta. (Foto: Marialuise Thurner)

Was macht die 'Ndrangheta so bedrohlich, nicht nur für Italien, sondern auch für Deutschland? Über eine Reise in eine schrecklich schöne Region Europas.

Von Stefan Ulrich

Einige Zeit, nachdem ich 2005 als Italien-Korrespondent nach Rom gezogen war, sollte ich eine große Geschichte über die Mafia schreiben. Aber bitte ohne die üblichen Klischees.

Die sizilianische und amerikanische Cosa Nostra (bekannt aus "Der Pate" von Mario Puzo) und die neapolitanische Camorra (bekannt aus "Gomorrha" von Roberto Saviano) erschienen mir auch in Deutschland hinreichend bekannt. Doch was war mit der 'Ndrangheta, deren seltsamer Name mich neugierig machte? Italienische Staatsanwälte bezeichneten sie als mysteriöseste - und mächtigste - Mafia des Landes.

Spaghetti-Essen bei einem Mafioso

Meine erste Reise in Sachen Mafia ging nach Platì, in eine der drei traditionellen Hochburgen der 'Ndrangheta. Dort überraschte mich, dass viele Bosse, die Millionen Euro mit Drogen umsetzen, in armseligen Dörfern leben. 2007 wurden dann mitten in Deutschland, in Duisburg, sechs Italiener ermordet. Die Recherchen führten mich nun mehrmals nach San Luca, woher Mörder und Opfer stammten. Die Familie des Haupttäters, Giovanni Strangio, lud mich zum Spaghetti-Essen ein. Kalabresen sind höfliche und gastfreundliche Leute.

In diesem Jahr war das dritte Dorf an der Reihe, Africo. Von dort stammt der Schriftsteller Gioacchino Criaco, der aus einer von der Mafia gezeichneten Familie kommt. Er lehrte mich: Man kann dem Kraken entkommen - und Kalabrien ist viel mehr als nur die 'Ndrangheta.

Der Schriftsteller Gioacchino Criaco, der aus einer von der Mafia gezeichneten Familie kommt. (Foto: Marialuise Thurner)

Eine aufregende und gefährliche Reise

Criacos Familie stammt aus einem wilden Bergort mit abenteuerlicher Geschichte. Sein Vater, ein Ziegenhirte, wurde ermordet, wie es scheint, wegen einer Fehde zweier `Ndrangheta-Clans. Sein Bruder war einer der meistgesuchten Verbrecher Italiens und sitzt nun in Isolationshaft eine lange Gefängnisstrafe ab. Umso verblüffender ist Criacos Weg: Jurastudium mit Hochbegabten-Stipendium, Examen mit Bestnote, erfolgreicher Strafanwalt in Mailand. Und dann sein erster Roman, "Schwarze Seelen", der erzählt, wie die Söhne der Bergwälder von Kalabrien aus den internationalen Drogenmarkt erobern.

In Italien wurde "Schwarze Seelen" zum Bestseller und zur Vorlage eines preisgekrönten Kinofilms. Jetzt kommt "Schwarze Seelen" (Folio Verlag) in die deutschen Buchhandlungen. Ein guter Anlass, mit Criaco durch die rauen Berge seiner süditalienischen Heimat zu streifen und einige andere Menschen aufzusuchen, deren Leben im Zeichen der `Ndrangheta steht. Was macht diese Mafia so gefährlich, nicht nur für Italien, sondern auch für Deutschland? Warum vertrauen ihr die lateinamerikanischen Narco-Kartelle mehr als der Cosa Nostra oder der Camorra? Und wie leben die Kalabrier, die sich der Krake nicht beugen wollen? Eine Reise in eine schrecklich schöne Region Europas.

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