Sie sollen den Mann über längere Zeit ausspioniert, dafür eigens Handys und Fahrzeuge besorgt und offenbar sogar Bekannte in die Beschattung eingespannt haben - um im Januar ihr Opfer im niedersächsischen Visselhövede dann abzupassen und auf offener Straße zu erschießen.
So schildert Staatsanwältin Annette Marquardt vor dem Landgericht Verden, wie die zwei wegen Blutrache angeklagten Albaner vorgegangen sein sollen, um nach der Tradition ihres Herkunftslandes Blutrache zu üben. Ihr 46-jähriges Opfer soll Berichten zufolge als Türsteher einen Verwandten der beiden erschossen und dafür mindestens ein Jahr Gefängnisstrafe in Albanien verbüßt haben. Dennoch schwor die Familie Blutrache nach dem Kanun, dem albanischen Gewohnheitsrecht, das solche Taten zur Wiederherstellung der Familienehre vorsieht.
Zwölf Mal sollen sie auf den 46-Jährigen gefeuert haben
Die beiden Angeklagten sollten sich "besonders verpflichtet" gefühlt haben, die Ehre ihrer Familie durch den Mord wieder herzustellen, so die Staatsanwältin. Dessen Familie floh vor den Drohungen nach Schweden und Deutschland. Doch laut der Anklage verfolgten die 23 und 24 Jahre alten Männer den 46-Jährigen bis in die Kleinstadt Visselhövede, wo er nach der Verbüßung seiner Haftstrafe lebte.
Am Vormittag des 9. Januar soll der 24-jährige dann zwölf Mal auf sein Opfer geschossen haben - auf offener Straße vor einer Schule. Eines der Geschosse durchschlug die Scheibe zum Lehrerzimmer, verletzte aber niemanden. Der 46-Jährige erlitt jedoch so schwere Kopfverletzungen, dass er im Krankenhaus starb. Die beiden Angeklagten, die vor Gericht von Dolmetschern begleitet wurden, äußerten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.
Der Prozess wegen Mordes lief von Anfang an holprig. Wegen eines Formfehlers war die Verhandlung Anfang November für zwei Wochen unterbrochen worden. Am Donnerstag gab es erneut eine Unterbrechung: Direkt nach Verlesung der Anklage rügte die Verteidigung die Schöffenbesetzung der Kammer. Die ehrenamtlichen Richter seien ursprünglich für eine Verhandlung am 31. Oktober ausgelost worden - für einen Feiertag. Mit der Verschiebung des Termins auf den 2. November hätten auch die Schöffen neu bestimmt werden müssen, argumentierte der Verteidiger des 23-Jährigen. Die Kammer unterbrach die Sitzung daraufhin für mehrere Stunden. Am Nachmittag wies sie den Antrag als unzulässig zurück, sagte die Gerichtssprecherin. Der Vorsitzende Richter Volker Stronczyk habe die Rüge zudem als unbegründet eingestuft, die Besetzung der Kammer sei rechtens.