Mordprozess in Pretoria:Pistorius entgeht Einweisung in Klinik

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Oscar Pistorius hört vor Gericht die Entscheidung Richterin Masipas, die ihn zu einer weiteren psychiatrischen Untersuchung zwingt. (Foto: AP)

Oscar Pistorius muss sich psychiatrisch untersuchen lassen - die Tests sollen aber ambulant vorgenommen werden, hat das Gericht in Pretoria jetzt entschieden. Bei der Untersuchung soll die Schuldfähigkeit des wegen Mordes angeklagten Sportlers geklärt werden.

Der wegen Mordes angeklagte südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius muss für seine psychiatrische Untersuchung nicht in eine Klinik. Der 27-Jährige dürfe die Tests, die bis zu 30 Tage in Anspruch nehmen könnten, ambulant vornehmen lassen, hat Richterin Thokozile Masipa entschieden.

Pistorius muss sich am 26. Mai morgens bei der Weskoppies-Klinik als "externer Patient" zum Behandlungsbeginn melden, heißt es in der Anordnung. Wegen der Dauer der Untersuchung wurde der Prozess bis zum 30. Juni vertagt.

Mit dem psychiatrischen Gutachten soll geklärt werden, ob der Angeklagte voll schuldfähig war, als er in der Nacht zum Valentinstag 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp durch die geschlossene Toilettentür erschoss. Pistorius beteuert, die junge Frau für einen Einbrecher gehalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass er sie nach einem Streit tötete.

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Eine von der Verteidigung bestellte Psychiaterin hatte Pistorius eine "allgemeine Angststörung" attestiert. Schon früher im Prozess hatte der Paralympics-Sportler über seine Angst vor der Gewaltkriminalität in Südafrika gesprochen. Mehrere Zeugen hatten dies vor Gericht bestätigt.

Als Reaktion auf die Aussage der Psychiaterin forderte die Staatsanwaltschaft um Strafverfolger Gerrie Nel ein zweites Gutachten. Richterin Masipa gab dem Antrag überraschend statt. Auch wenn der Angeklagte nicht selbst auf das Thema psychische Erkrankung zu sprechen gekommen sei, könne eine entsprechende Aussage nicht ignoriert werden. Das Gericht sei nicht dafür ausgestattet, diese inhaltlich zu bewerten, begründete die Richterin ihre Entscheidung.

Untersuchung soll keine Bestrafung sein

Zur dadurch entstehenden Verzögerung sagte Masipa, ihr sei bewusst, dass das vielen ungelegen komme, aber: "Es geht hier nicht darum, es für irgendjemanden angenehm zu machen, sondern darum, ob der Gerechtigkeit genüge getan wird." Die Überstellung Pistorius' in eine psychiatrische Klinik sei keine zusätzliche Strafe, betonte Masipa, sondern diene allein der Wahrheitsfindung.

Der Angeklagte und seine Verteidiger zeigten sich ungehalten über die Anordnung der Untersuchung. Oscar Pistorius selbst bezeichnete den Antrag des Staatsanwalts einem Reporter der britischen BBC gegenüber als "Witz". Seine Familie äußerte sich dagegen positiv über die Entscheidung der Richterin.

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