Love-Mobile in Niedersachsen:Rollende Bordelle unerwünscht

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Ein sogenanntes Lovemobil auf einem Parkplatz am südlichen Stadtrand von Hannover (Foto: picture alliance / dpa)

Sie stehen in einsamen Gegenden an norddeutschen Landstraßen: Wohnmobile, in denen Prostituierte ihre Dienste anbieten. CDU und Gleichstellungsbeauftragte haben genug von den "Love-Mobilen" und fordern mehr Sperrgebiete. Einen Gefallen tun sie den Frauen damit nicht - im Gegenteil.

Von Charlotte Frank

Es gibt in Niedersachsen Straßen, die sehen links und rechts aus wie ein Waldcampingplatz. Die B 214 zum Beispiel, kurz hinter der Autobahn, kurz vor Celle: Unter hohen Tannen steht alle paar Meter ein Wohnmobil im Moos, die Vögel zwitschern, manchmal kommt ein Reh vorbei, im Fenster blinkt ein Herz. Manchmal kommt dann ein Freier vorbei.

Love-Mobile werden die Wohnmobile in der norddeutschen Provinz genannt, in denen Prostituierte ihren Körper verkaufen. Rollende Bordelle, an verlorenen Orten, die Frauen sonst eher meiden. Selten auf Überlandfahrten ist der Schauer so groß wie beim Passieren der Mobile und beim Gedanken daran, was Frauen in dieser Abgelegenheit alles drohen kann. Selten passiert man auf Überlandfahrten so viele Love-Mobile wie in Niedersachsen. Nun hat die CDU genug davon und fordert mehr Sperrgebiete. Das klingt erst einmal gut.

"Der Innenminister muss etwas gegen die steigende Zahl von Love-Mobilen tun", sagt Angelika Jahns, innenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion. Nach dem Sommer plant ihre Partei einen Antrag: Die Landesregierung möge prüfen, wie sie den Kommunen bei der Bewältigung des Problems helfen könne. "Die Probleme verschärfen sich", sagt Jahns. Eine Autofahrt genüge für diese Einsicht.

"Unerträglich, wie die Zahl der Love-Mobile wächst"

Angeblich war es Zufall, dass gleichzeitig mit Jahns die Gleichstellungsbeauftragten im ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg zum Kampf gegen die Love- Mobile bliesen: Auf einer Tagung im Juli riefen sie Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) auf, die Wagen aus dem Gebiet der Polizeidirektion Lüneburg zu verbannen. Im Juni war auf Anfrage der CDU herausgekommen, dass Lüneburg die einzige der sechs niedersächsischen Polizeidirektionen ist, in der keine einzige Straße oder Gemeinde als Sperrzone ausgewiesen ist. "Es ist unerträglich, wie die Zahl der Love-Mobile wächst. Der Minister muss handeln", sagt die Gleichstellungsbeauftragte Anne Behrends.

Darauf angesprochen, erklärt ein Sprecher des Ministeriums nur, für Sperrgebiete sei seit 2004 die Polizei zuständig. Eine Abfrage dort ergibt: Es gibt zwar viele Love-Mobile im Land - aber "es sind nicht mehr geworden", sagt ein Sprecher der Polizeidirektion Braunschweig. Ähnlich lauten die Antworten aus Göttingen, Osnabrück, Hannover. Im Übrigen, fügt der Braunschweiger Polizeisprecher hinzu, "ist Prostitution nicht verboten. Sie kann nicht einfach verbannt werden."

Keine Probleme bekannt

Vor dieser Hürde steht nun die Polizeidirektion Lüneburg. Nach dem Antrag der Gleichstellungsbeauftragten muss sie den Erlass neuer Sperrgebiete prüfen. Die aber, zeigt sich jetzt, lassen sich leicht fordern - und schwer ausweisen. "Der Polizei sind keine Probleme mit Love-Mobilen bekannt", sagt eine Sprecherin. Ohne konkrete Beschwerden aber könne man die Wagen nicht ächten. Ein angemeldetes Love-Mobil sei ein legales Gewerbe.

Das Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiter, Bufas, warnt seit Jahren vor neuen Sperrgebieten. Wenn Frauen aus bestimmten Zonen verdrängt würden, würden sie weiter marginalisiert. Dann müssten sie ihre Wohnmobile noch tiefer im Wald parken, noch weiter im Dunkel. Dort, wo sie wirklich keiner mehr sieht und hört.

© SZ vom 17.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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