Justiz:Deutschem Magier drohen bis zu 30 Jahre Haft

Jan Rouven

Der deutsche Magier Jan Rouven bei der Arbeit. Er wurde von einem Gericht in Las Vegas zu einer Haftstrafe von 20 Jahren verurteilt.

(Foto: Eckehard Schulz/AP)
  • Das FBI hatte im März auf Jan Rouvens Anwesen insgesamt 3235 Videos und 105 Fotos mit Kinderpornografie gefunden.
  • Dem deutschen Magier droht bei einem Schuldspruch eine Gefängnisstrafe von bis zu 30 Jahren.

Von Jürgen Schmieder, Las Vegas/Los Angeles

Es gibt Anschuldigungen, die sind derart schrecklich, dass sich der Beschuldigte ein Leben lang nicht davon erholt. Selbst, wenn sie sich als unbegründet herausstellen. Ob die schlimmen Vorwürfe gegen Jan Rouven stimmen, das muss in dieser Woche ein Bundesbezirksgericht in Las Vegas entscheiden - doch es geht längst nicht mehr nur darum, ob der deutsche Magier schuldig ist oder nicht. Es geht auch darum, was mit einem Menschen passiert, dem derart scheußliche Dinge vorgeworfen werden.

Ermittler der Bundesbehörde FBI hatten im März auf Rouvens Anwesen in der Nähe des Las Vegas Strip auf mehreren Computern und externen Festplatten insgesamt 3235 Videos und 105 Fotos mit Kinderpornografie gefunden, einige davon sollen Sexualakte mit Kindern im Vorschulalter zeigen. Ein verdeckter Ermittler hatte bei einem illegalen Internet-Dienst für schmuddelige Inhalte den Nutzer Lars45 entdeckt, die Spur führte zu Rouven. Dem wird nun laut Anklageschrift vorgeworfen, diese Inhalte "besessen, benutzt und verbreitet" zu haben, bei einem Schuldspruch droht ihm eine Gefängnisstrafe von bis zu 30 Jahren.

Sein Ehemann wird nicht als Zeuge auftreten

Jan Rouven, so das öffentliche Bild, das ist der Typ mit den Kinderpornos. "Die Sachen haben anderen Menschen gehört, Jan wusste nichts davon", versichert sein Anwalt Jess Marchese. Rouven, 39, sei das Opfer seiner eigenen Naivität geworden, er habe den zahlreichen Gästen in seiner Villa bereitwillig sein Internet-Passwort verraten: "Jemand hat ihm das Zeug untergejubelt." Wer das sein könnte und warum jemand all die pornografischen Inhalte auf verschiedenen Datenträgern gespeichert haben soll, das sagt Marchese nicht. Aufgrund der kniffligen Beweisaufnahme wurde der Prozessbeginn immer wieder verschoben, zuletzt aufgrund einer erneuten Anhörung von Montag auf Dienstag.

Rouven sitzt seit sieben Monaten im Gefängnis, 23 Stunden davon in einer Einzelzelle, Kontakt zu anderen Häftlingen gebe es kaum. "Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Er erträgt das alles viel besser als ich das jemals könnte", sagt Marchese. Er betont aber auch, dass Typen mit Kinderpornos im Gefängnis nicht besonders beliebt seien und dass ihm nach dem Leben getrachtet wird: "Jan könnte im Gefängnis sterben."

Rouven hat bereits auf "nicht schuldig" plädiert, er verzichtet bei diesem Prozess auf eine Jury. Er fürchtet, dass die Geschworenen aufgrund der Berichterstattung über ihn voreingenommen sein könnten. Er beschäftigt zwei Computerexperten, einen Psychologen und einen Detektiv, um Bundesrichterin Gloria Navarro von seiner Unschuld zu überzeugen. Es geht jedoch nicht mehr nur darum, ob Rouven im Gefängnis bleiben und eine Geldstrafe von bis zu einer Million Dollar bezahlen muss. Es geht um viel mehr. Es geht darum, ob Jan Rouven auch nach diesem Prozess noch als Typ mit den Kinderpornos gelten wird.

Es waren keine besonders netten Artikel, die in den vergangenen Monaten über den Magier aus Nordrhein-Westfalen zu lesen waren. Sie handelten von einem jungen Mann mit Lausbubenblick, der bereits im Alter von 16 Jahren seine Musiklehrerin schweben und sich während der TV-Sendung "Stars in der Manege" vom Fußballer Philipp Lahm assistieren ließ. Der es von einem Auftritt in der Gaga-Castingshow "The Next Uri Geller" über Engagements in deutschen Freizeitparks bis auf die Hauptbühne im Tropicana Hotel in Las Vegas geschafft hatte. Dessen Illusionen gleich zwei Mal (in den Jahren 2013 und 2015) zur "besten Magic Show in Las Vegas" gekürt wurden - vor Penn&Teller, vor Criss Angel, vor David Copperfield. Der sogar Requisiten von Siegfried und Roy benutzen durfte und nach einer spektakulären Befreiungsaktion über der Skyline der sündigen Stadt als legitimer Nachfolger des legendären Harry Houdini gehandelt wurde.

Rouven war als Illusionist in Las Vegas - die Zauberei gehört zu dieser Stadt wie einarmige Banditen und Boxkämpfe - größer als das Leben selbst. Genau deshalb gelten Skandal und Prozess als derart spektakulär. Rouvens Manager und Ehemann Frank Alfter hatte bei einer ersten Befragung angegeben, dass Jan Rouven regelmäßig pornografische Inhalte konsumieren würde und der einzige Besitzer des fraglichen Passworts gewesen sei. Alfter hat diese Aussage später revidiert, er ist laut Marchese "aus Verärgerung über das amerikanische Rechtssystem" zurück nach Deutschland gezogen und wird beim Prozess nicht als Zeuge auftreten. Das lässt diese Beziehung nicht besonders gut aussehen, auch wenn Marchese sagt: "Er unterstützt Jan und telefoniert regelmäßig mit ihm."

Am Tag nach der Verhaftung wurde seine Show im "Tropicana" eingestellt

Das Tropicana hatte die Geschäftsbeziehungen mit Rouven bereits am Tag nach dessen Verhaftung gekappt, knapp 40 Mitarbeiter wurden arbeitslos, Rouven galt sofort als Persona non grata. Verrückt sein, ausflippen, durchdrehen, auch mal einen Skandal produzieren, all das ist in Las Vegas erlaubt - doch eine Verbindung mit Kinderpornos will selbst in dieser sündigen Stadt niemand haben. Bereits im Juni hatte die amerikanische Einwanderungsbehörde das Arbeitsvisum des Magiers aufgrund der fehlenden Anstellung für ungültig erklärt. Rouven wird die USA nach dem Prozess verlassen müssen, entweder nach dem Verbüßen einer möglicherweise Jahrzehnte dauernden Haftstrafe oder direkt nach der Verhandlung - außer, er findet bei Freispruch sogleich einen neuen Arbeitgeber.

Das jedoch gilt als äußerst unwahrscheinlich, weil viele Besucher auch bei einer weißen Weste auf diesen dunklen Fleck verweisen könnten und die Kasinos dieses Risiko schlicht nicht eingehen wollen. Im Hotel Tropicana wird von Donnerstag an die junge, männliche Zauberergruppe "Band of Magicians" zu sehen sein. Die Show in Las Vegas, sie geht auch ohne Jan Rouven einfach weiter. Als wäre nie etwas gewesen.

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