Hoyerswerda:Flüchtlinge hungern für Asyl

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Hunderttausende Flüchtlinge in Deutschland warten monatelang auf Nachricht, ob sie bleiben dürfen. Einige Männer in Hoyerswerda protestieren dagegen jetzt mit einem Hungerstreik.

Von Esther Widmann

Seit einer Woche haben die Männer, die auf den Matratzen vor der Flüchtlingsunterkunft in Hoyerswerda ausharren, nichts gegessen. Nicht, weil es nichts gäbe; das Problem ist nicht die Qualität der Unterbringung. Sondern weil sie darauf aufmerksam machen wollen, dass sie teilweise seit einem Jahr auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge warten. Aus Protest sind sie in den Hungerstreik getreten.

Die 18 Männer stammen aus Syrien und dem Irak und haben damit gute Chancen, dass ihren Anträgen stattgegeben wird; fast 90 Prozent der Asylsuchenden aus diesen Ländern dürfen in Deutschland bleiben. Viele der Hungerstreikenden haben Frauen und Kinder, die sie nach Deutschland nachholen wollen. Doch dafür brauchen sie erst selbst eine Aufenthaltsgenehmigung. Bislang liegen ihre Asylanträge aber mehr oder weniger unbearbeitet beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg, das für die Entscheidung zuständig ist.

"Ich möchte nichts Illegales tun oder die Behörden verärgern", zitiert die Website Netz gegen Nazis einen der Männer, der seit September 2014 auf eine Entscheidung wartet. "Aber ich bin nicht hergekommen, um herumzusitzen. Ich möchte für meine Familie und mich eine Zukunft aufbauen und dafür arbeiten."

Fast 240 000 Menschen warten in Deutschland auf eine Entscheidung

Wie die Chemnitzer Freie Presse berichtet, wurden von 11 500 Asylanträgen, die in diesem Jahr in Sachsen gestellt wurden, bislang nur 4100 bearbeitet, das entspricht einer Quote von 36 Prozent. Nur in Berlin und Thüringen seien es noch weniger, berichtet das Blatt. Der gesamtdeutsche Durchschnitt liege bei 46 Prozent.

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Sind die Anträge im zuständigen Ausländeramt im sächsischen Kamenz bearbeitet, geht allerdings lediglich einen Vorschlag ans BAMF in Nürnberg - das ist offenbar im Fall der Hungerstreikenden bereits geschehen. Doch in Franken werden die Anträge nach Eingangsdatum abgehandelt. Und das dauert, denn auch mit 650 neu eingestellten Mitarbeitern kommt das Amt nicht hinterher. Laut BAMF waren Ende Juni insgesamt 237 877 Verfahren anhängig - wie der Mediendienst Integration errechnet hat, sind das mehr als in allen anderen EU-Ländern zusammen. Jetzt sollen sogar kurzfristig 50 Zollbeamte für bis zu sechs Monate als sogenannte Entscheider in einfachen oder klar gelagerten Fällen eingesetzt werden.

Nachfragen zum Stand des Verfahrens, wie sie nach eigener Aussage auch die Männer aus Hoyerswerda an das Amt geschickt haben, seien zwecklos, heißt es auf der Website des BAMF unter "Fragen und Antworten". Und auch der Hungerstreik habe keine Auswirkung auf das Asylverfahren, sagte der Sprecher des BAMF, Mehmet Ata, der Sächsischen Zeitung: Das Bundesamt könne nicht die Verfahren einzelner Personen vorziehen.

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