Havarierte "Costa Concordia":Pumparbeiten verzögern sich - weitere Leiche entdeckt

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Auf Deck 3 des havarierten Kreuzfahrtriesen "Costa Concordia" haben Taucher die Leiche des 16. Todesopfers entdeckt. Rund um das Schiff wurde Öl im Meer gesichtet - der Treibstoff aus den Tanks des Wracks kann jedoch frühestens von Samstag an abgepumpt werden.

Die Zahl der Todesopfer nach der Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia hat sich auf 16 erhöht. Nach gezielten Sprengungen am Morgen konnten Taucher gleichzeitig auf Deck 3 (Belgio Deck) und 4 (Grecia Deck) suchen. Auf Deck 3 fanden sie eine tote Frau. Die Arbeiten dürften in den nächsten Tagen ungehindert weitergehen können: Laut jüngsten Wetterprognosen werde der Wellengang den Einsatz voraussichtlich nicht gefährden, sagte Franco Gabrielli, Leiter des Krisenstabs.

Wrack der "Costa Concordia"
:Retter tauchen in bizarrer Kulisse

Den Tauchern im Wrack der havarierten "Costa Concordia" bietet sich eine bizarre Kulisse. Überall schwimmen Tische und Stühle umher, auf der Suche nach weiteren Vermissten müssen sie sich ihren gefährlichen Weg durch die Decks bahnen.

Das Abpumpen des giftigen Schweröls aus den Tanks der des Schiffs verzögert sich dagegen mindestens bis zum Wochenende. Die Aktion könne voraussichtlich nicht vor Samstag beginnen, sagte Gabrielli. Danach dürfte es etwa vier Wochen dauern, bis die geschätzten 2300 Tonnen Treibstoff - vor allem Schweröl - aus den 17 Tanks des gekenterten Kreuzfahrtschiffes entsorgt sind. Aktuell laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Wenn sie abgeschlossen sind, soll rund um die Uhr gepumpt werden.

Um das Schiff herum wurden Ölflecken im Wasser entdeckt, nach Worten von Einsatzleiter Gabrielli nur ein "sehr dünner Film". Sie sollen so schnell wie möglich mit Spezialgerät der Küstenwache aufgesaugt werden. Am Mittwoch will Gabrielli zudem einen Plan vorlegen, wie der Abfall auf dem Kreuzfahrtschiff entsorgt werden soll.

Inzwischen wurde ein weiteres Todesopfer identifiziert. Es handelt sich nach Angaben der Präfektur von Grosseto um eine italienische Passagierin, deren Leiche in der vergangenen Woche auf dem Schiff gefunden worden war. 23 Menschen gelten noch als vermisst. Eine Vermisstenmeldung aus Ungarn hatte sich dagegen als falsch erwiesen.

Von den bislang geborgenen 16 Toten wurden bisher neun identifiziert. Unter den Opfern ist nach Angaben der Carabinieri ein Mann aus Deutschland - laut Auswärtigem Amt gelten aber weiterhin zwölf Deutsche als verschollen.

Gute Wetteraussichten für Bergungsarbeiten

Für den Abend waren stärkerer Nordwind und bewegte See in der Region vor der toskanischen Küste vorhergesagt. Am Montag hatte ein Admiral der Küstenwache bereits gesagt, Wellen von einer Höhe bis eineinhalb Meter würden den Einsatz nicht beeinträchtigen. Das Schiff drohe neuesten Messungen zufolge nicht weiter zu sinken.

Am Dienstagmorgen war ein Kranboot der niederländischen Bergungsfirma Smit in die Nähe des gekenterten Kreuzfahrtschiffs gezogen worden. Wenn keine Komplikationen auftreten, sollen die Tanks in knapp 30 Tagen geleert sein.

Die Reederei Costa Crociere sieht sich unterdessen neuer Kritik ausgesetzt: "Der Arbeitgeber ist verantwortlich, man muss also den Blick auf die vom Reeder getroffenen Entscheidungen richten", sagte der Generalstaatsanwalt der Toskana, Beniamino Deidda. In Sachen Sicherheit und Organisation habe es "Probleme und unglaubliche Leichtfertigkeit" gegeben, sagte er und bezog sich damit auch auf die Tatsache, dass die Reederei Francesco Schettino zum Kapitän gemacht hatte. Ihm werden mehrfache fahrlässige Tötung, Havarie und das Verlassen des Schiffes während der Evakuierung vorgeworfen. Der 52-Jährige steht unter Hausarrest.

EU-Verkehrskommissar Siim Kallas wies nach dem Unglück grundsätzliche Zweifel an der Sicherheit großer Passagierschiffe zurück. "Wir können nicht sagen, dass die Größe als solche ein Argument für die Sicherheit ist", sagte Kallas. Entscheidend seien die Ausbildung der Besatzung und gute Evakuierungspläne. "Wir sind sehr traurig, dass bis zu 30 Menschen ihr Leben verloren haben könnten, aber 4000 Menschen sind evakuiert worden. Das sollten wir nicht vergessen", sagte der EU-Kommissar.

© Süddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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