Giftige Bitterstoffe in Gemüse:Auf den Geschmack kommt es an

Giftige Bitterstoffe in Gemüse: Zucchini können gefährliche Bitterstoffe enthalten.

Zucchini können gefährliche Bitterstoffe enthalten.

(Foto: Illustration: Jessy Asmus/ Sz.de)

Nach dem Tod eines Mannes warnen Experten vor bitteren Zucchini und Kürbissen. Worauf Verbraucher jetzt achten müssen.

Von Dorothea Wagner

Ein Ehepaar bekommt vom Nachbarn eine Zucchini geschenkt, kocht einen Auflauf daraus - und muss wenig später ins Klinikum eingeliefert werden. Der 79-jährige Mann stirbt kurz darauf. Ein Einzelfall? Auch in Kliniken in Bayern gab es in diesem Jahr schon Vergiftungsfälle, sagt das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Worauf Verbraucher jetzt achten müssen, erklärt Maria Roth, die das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart leitet - und die giftige Zucchini aus Heidenheim untersucht hat.

SZ.de: Warum können in diesem Sommer in Zucchini Giftstoffe enthalten sein?

Maria Roth: Viele Pflanzen bilden Bitterstoffe, weil sie ihre Frucht schützen. Kürbisgewächse, also beispielsweise Zucchini, Gurken, Melonen und Kürbisse, bilden giftige Cucurbitacine. Züchter haben diese Bitterstoffe aus den Nutzpflanzen eigentlich herausgezüchtet. Steht eine Pflanze aber unter Stress, kann es trotzdem passieren, dass sie in alte Muster zurückfällt und die Bitterstoffe wieder aktiviert werden. Und die langanhaltende Hitze in diesem Sommer war für die Pflanzen großer Stress.

War deshalb die Zucchini aus Heidenheim giftig?

Das ist eine der möglichen Ursachen. Es kann aber auch sein, dass der Nachbar Saatgut mit Rückkreuzungen einsetzte, welches die Bitterstoffe enthielt. Das kann passieren, wenn in der Nähe des Gartens zum Beispiel Zierkürbisse wachsen und die Hobbygärtner die Samen der Zucchini selbst gewinnen und im nächsten Jahr wieder aussähen. Verbraucher sollten jedes Jahr frisches und zertifiziertes Saatgut kaufen.

Wie wirken die Bitterstoffe der Kürbisgewächse?

Sie greifen den Magen-Darm-Trakt an. Wer zu viel davon gegessen hat, muss in der Regel erbrechen. Das ist ein gesunder Schutzreflex, weil die Giftstoffe dann nicht mehr im Körper sind. Sonst gehen sie durch den Verdauungstrakt und greifen die Zellwände an. Das kann lebensgefährlich werden. Aber auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift. Der Mann aus Heidenheim hat den ganzen Auflauf gegessen.

Müssen die Verbraucher auch bei Gemüse aus dem Supermarkt aufpassen?

Auch die Pflanzen auf dem Feld können auf die Hitze mit der Bildung der Bitterstoffe reagiert haben. Hier fällt nur das Risiko weg, dass verunreinigtes Saatgut verwendet wurde.

Wie findet man heraus, ob man Zucchini und Kürbisse essen kann?

Hobbygärtner und Verbraucher müssen ihr Gemüse auf keinen Fall wegwerfen. Es kann sein, dass nur eine einzige Zucchini betroffen ist - oder gar keine. Um das herauszufinden, reicht ein Test. Wenn die Bitterstoffe in dem Gemüse stecken, schmeckt man das klar heraus. Und wer nur eine Gabel davon probiert und die Zucchini wieder ausspuckt, muss sich keine Sorgen machen. Nur Menschen, die keinen funktionierenden Geschmackssinn haben, müssen vorsichtig sein. Sie sollten andere bitten, das Gemüse für sie zu kosten.

Gibt es noch anderes Gemüse, bei dessen Zubereitung man aufpassen muss?

Die Bitterstoffe der Kürbisgewächse sind in hohen Konzentrationen besonders aggressiv, aber es gibt noch andere Gemüsearten, die Giftstoffe bilden. Bei Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln und Tomaten enthalten grüne Stellen den schwachen Giftstoff Solanin, weswegen man sie wegschneiden sollte. Auch harte, noch nicht ganz reife Auberginen können den Stoff enthalten. Wenn man die Aubergine aufschneidet, salzt, etwas wartet und trocken tupft, zieht es das Solanin aus der Aubergine und man kann sie bedenkenlos essen. Auch rohe Bohnen und Kichererbsen enthalten mit Phasin eine giftige Eiweißverbindung.

Hilft Kochen gegen das Gift?

Bei Bohnen und Kichererbsen ja, bei Zucchini und Kürbissen nicht. Das Gift bleibt auch bei großer Hitze erhalten. Die Menschen müssen auf ihren Geschmackssinn vertrauen.

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