Flutkatastrophe in Pakistan:Angst vor der nächsten Welle

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Die Menschen in Pakistan fürchten eine zweite tödliche Hochwasserwelle. Nach einer Flutwarnung haben die Behörden die 400.000 Einwohner der südpakistanischen Stadt Jacobabad zur Flucht aufgerufen. Doch nicht alle gehen freiwillig.

Nach einer Flutwarnung haben die Behörden die 400.000 Einwohner der südpakistanischen Stadt Jacobabad zur Flucht aufgerufen. Tausende Menschen brachten sich am Freitag mit Autos, auf Traktoranhängern oder Eselskarren in Sicherheit.

Angst vor einer neuen Flutwelle: Tausende Pakistaner sind im Süden des Landes auf der Flucht vor den tödlichen Wassermassen. (Foto: dpa)

Das Hochwasser im Noorwah-Kanal könne jederzeit über die Ufer treten, sagte der Verwaltungschef des Distrikts Jacobabad. Zahlreiche Bewohner weigerten sich aber, ihre Häuser und Besitztümer zurückzulassen. "Ich habe eine Warnung herausgegeben, aber ich habe nicht genug Mittel, um eine Evakuierung zu erzwingen", sagte er.

Zu denjenigen, die sich weigerten zu fliehen, gehört der 46-jährige Noor Mohammad. "Ich habe meine Frau, meinen alten Vater und drei Kinder an einen anderen Ort gebracht, aber ich werde hierbleiben, um meinen Besitz zu schützen", sagte er. "Wohin sollte ich mein Eigentum bringen? Es ist überall Wasser."

Jacobabad in der Provinz Sindh ist die zweite größere Stadt in Pakistan, die seit Beginn der Jahrhundertflut evakuiert wird. Vor wenigen Tagen waren die 450.000 Bewohner der Stadt Muzaffargarh in der zentralpakistanischen Provinz Punjab aufgerufen worden, sich in Sicherheit zu bringen. Die meisten davon flohen in die Millionenmetropole Multan. Multan ist jedoch ebenfalls von der Flut bedroht. Am Freitag gingen die Pegel des Flusses Chenab, in dessen Nähe Multan liegt, nach Angaben der Behörden aber zurück.

Hochwassergefahr steigt

Gefahr droht den Menschen aber nicht nur durch das Wasser: In den Hochwassergebieten ist die Seuchengefahr dramatisch gestiegen. Es gebe bereits 36.000 Verdachtsfälle einer schweren, zum Teil tödlich verlaufenden Form von Durchfall, teilten die Vereinten Nationen mit. "Die Lage ist alarmierend", sagte ein Sprecher des UN-Welternährungsprogramms mit Blick auf den aus einigen Regionen gemeldeten Durchfall. Bislang sei die Erkrankung zwar noch nicht weit verbreitet. Dennoch bestehe Anlass zur Besorgnis.

Ein weiterer UN-Sprecher gab an, dass rund 100 Gesundheitseinrichtungen im Land durch die Fluten zerstört worden seien. Die Hilfsorganisationen arbeiteten mit Hochdruck daran, eine Ausbreitung von Seuchen zu verhindern. Der Ausbruch von Cholera konnte bislang nicht bestätigt werden.

Eine wichtige Rolle bei den Rettungsarbeiten spielte das pakistanische Militär. Insgesamt sind 60.000 der rund 550.000 Mann starken Armee im Einsatz. Insbesondere die USA hatten sich besorgt gezeigt, dass Pakistan zur Fluthilfe Soldaten aus dem Grenzgebiet zu Afghanistan abziehen könnte, wo sie gegen muslimische Extremisten kämpfen. Ein pakistanischer Militärsprecher wies die Befürchtung zurück. Die Hilfe in den Überschwemmungsgebieten habe keinen Einfluss auf den Anti-Terror-Kampf, erklärte er. Ein Abzug von Soldaten von der westlichen Grenze sei derzeit nicht geplant.

Pakistan ist für die USA ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Taliban in Afghanistan. In einigen Hochwasserregionen haben sich die Taliban oder mit ihnen verbündete Hilfsorganisationen als Hochwasserhelfer betätigt und damit Sympathien in der Bevölkerung gewonnen. Die seit zwei Wochen anhaltenden Überschwemmungen gelten als schwerste Naturkatastrophe in der Geschichte Pakistans. Bislang kostete sie mehr als 1600 Menschen das Leben, zwei Millionen wurden obdachlos.

© sueddeutsche.de/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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