Dortmund:Bundesanwaltschaft geht nach BVB-Anschlag von Einzeltäter aus

  • Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB Dortmund hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen.
  • Der Festgenommene soll nicht aus terroristischen Motiven, sondern aus Geldgier gehandelt haben.
  • Zudem gab es Durchsuchungen in vier baden-württembergischen Städten. Hinweise auf Komplizen gibt es bislang nicht.

Im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus des BVB-Dortmund hat es an diesem Freitagmorgen eine Festnahme gegeben. Wie die Generalbundesanwaltschaft bestätigte, handelt es sich um den 28-jährigen Deutsch-Russen Sergej W., der bereits kurz vor Ostern ins Blickfeld der Ermittler geriet. Die Bundesanwaltschaft geht derzeit davon aus, dass er allein handelte.

Sergej W. werden versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt. Am Nachmittag wird er dem Haftrichter vorgeführt. Nach SZ-Informationen soll der Festgenommene am Tag des Anschlags im Mannschaftshotel von Borussia Dortmund gewohnt haben. Er hatte auf ein Zimmer mit Blick auf die Straße und damit in Richtung auf den späteren Ort des Anschlags bestanden. Dies bestätigte auch der Generalbundesanwalt.

Bereits Mitte März soll der Tatverdächtige demnach ein Zimmer für die Zeiträume 9. bis 13. April und 16. bis 20. April gebucht haben - an beiden Terminen waren Champions-League-Spiele zwischen Borussia Dortmund und AS Monaco geplant. Zu welchem das Heimspiel stattfinden sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt.

Der mutmaßliche Täter soll am Tag des Anschlags mit Hilfe eines dafür eigens aufgenommenen Verbraucherkredits 15 000 Optionsscheine des an der Börse gehandelten BVB mit einer sogenannten Put-Option erworben haben. Damit setzt man auf fallende Kurse. Die Käufe wurden vermutlich aus dem Hotel heraus abgewickelt - verwendet wurde jedenfalls die entsprechende IP-Adresse.

Durchsuchungen in Freudenstadt, Rottenburg, Tübingen und Haiterbach

Sergej W. wurde in der Nähe von Tübingen durch die Spezialeinheit GSG-9 festgenommen, kommt aber offenbar aus Freudenstadt. Im Zuge der Festnahme gab es zudem Durchsuchungen in Freudenstadt, Rottenburg, Tübingen und Haiterbach (Landkreis Calw), teilte das Landes-Innenministerium in Stuttgart mit. Unter anderem wurden dabei Kommunikationsmittel sichergestellt, erklärte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Mittag. Anhaltspunkte für Gehilfen oder Mittäter gebe es aber nicht.

Bei dem Anschlag am 11. April waren drei Sprengsätze in der Nähe des BVB-Mannschaftsbusses explodiert. Dabei wurden der Spieler Marc Bartra und ein Polizist verletzt. Bereits vor Ostern hatte sich abgezeichnet, dass ein terroristischer Hintergrund der Tat eher unwahrscheinlich ist.

Drei Sprengsätze über eine Länge von zwölf Metern

Wie die Generalbundesanwaltschaft mitteilte, waren die Sprengsätze über eine Länge von zwölf Metern in einer Hecke entlang der Fahrstrecke des Busses angebracht. Der vordere und hintere Sprengsatz waren in Bodennähe platziert, der mittlere befand sich in einer Höhe von etwa einem Meter - zu hoch, um die Wirkung voll entfalten zu können.

Die Sprengsätze waren mit Metallstiften bestückt, einer der Stifte wurde noch 250 Meter entfernt vom Anschlagsort gefunden. Die Sprengsätze sollen über Funk ausgelöst worden sein.

Um welchen Sprengstoff es sich genau handelt, steht bislang nicht fest. Die Ermittlungen seien kompliziert, da der Sprengstoff komplett umgesetzt wurde, erklärte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Erkenntnisse könnten nun möglicherweise Bodenproben liefern.

Drei angebliche Bekennerschreiben

Am Tatort waren drei angebliche Bekennerschreiben aufgetaucht, die auf einen islamistischen Hintergrund der Tat deuteten. Die Ermittler hatten allerdings schnell den Verdacht, dabei könne es sich um eine bewusst gelegte falsche Spur handeln.

Im Internet war ein Schreiben aufgetaucht, in dem linke Aktivisten die Verantwortung für den Anschlag übernahmen. Zwei Tage nach dem Anschlag ging bei verschiedenen Tageszeitungen zudem ein rechtsextremistisches Bekennerschreiben ein, das der Generalbundesanwaltschaft zufolge jedoch "Widersprüche und Ungereimtheiten" aufwies.

Das entfallene Spiel wurde bereits am Tag nach dem Anschlag nachgeholt. Die Nachwirkungen des Ereignisses machten den Spielern offenbar zu schaffen. Dortmund verlor sowohl im Hin- wie auch im Rückspiel eine Woche später gegen den AS Monaco und schied aus der Champions League aus.

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