Schäftlarn/München:Hilfe bei akuter Wohnungsnot

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Die Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit berät seit zehn Jahren. Jetzt wird das Angebot aufgestockt

Von Martin Mühlfenzl, Schäftlarn/München

Nahezu 9000 Haushalte aus den 29 Kommunen des Landkreises hat die sogenannte Fachstelle zur Verhinderung von Obdachlosigkeit, kurz Fol, seit ihrer Gründung im Jahr 2007 beraten. Die Fallzahlen der Beratungsstelle des Landkreises, die in Händen des Kreisverbandes München-Land der Arbeiterwohlfahrt (Awo) liegt, nehmen weiter zu.

Der Sozialausschuss des Kreistags hat in seiner jüngsten Sitzung die finanzielle Unterstützung für die Fachstelle auf etwa 530 000 Euro jährlich aufgestockt. Die Summe wird dringend benötigt, um das Beratungsangebot auszubauen. "Auch in einer so reichen Region wie der unseren braucht es diese Hilfe", sagt Kreisrat Otto Bußjäger von den Freien Wählern. Seine SPD-Kollegin Johanna Hagn ergänzt: "Dieser Schutz hilft, Menschen vor noch Schlimmerem zu bewahren. Es ist geradezu eine Pflicht, hier nicht zu sparen."

Die Fachstelle hat ihren Sitz in der Balanstraße 55 in München. Das hat praktische Gründe, zudem garantiert die Lage nahe zum Ostbahnhof auch Anonymität. Denn es kostet viele Menschen Überwindung, sich des Ernstes der eigenen Lage bewusst zu werden und die Hilfe der Fol in Anspruch zu nehmen. Die acht Mitarbeiter leisten auch immer mehr Beratungen am Telefon; die Zahl der Bürger, die auf diesem Weg Hilfe suchen, habe in den vergangenen Jahren stetig zugenommen, sagt Stefan Wallner von der Beratungsstelle. Wenn der Anruf eines Hilfesuchenden eingeht und die Mitarbeiter dringenden Handlungsbedarf erkennen, geht es meist ganz schnell: Binnen einer Woche, sagt die Fachstelle zu, werden Betroffene besucht, um gemeinsam eine Lösung für die meist vertrackte Situation zu finden.

Die Wege in den drohenden Verlust der Wohnung sind vielfältig. In den allermeisten Fällen stecken plötzliche Arbeitslosigkeit, Krankheiten, Schulden, familiäre Probleme wie Trennung oder auch häusliche Gewalt dahinter. Etwas mehr als 1200 Fälle hatten die Mitarbeiter der Fachstelle im Jahr 2015 zu bearbeiten; darunter viele Familien, insbesondere Alleinerziehende. Insgesamt 750 Kinder sind demnach im Landkreis von Obdachlosigkeit bedroht gewesen. Doch es sind auch Studenten, die plötzlich nicht mehr weiter wissen, oder Rentner, die bei einer Mieterhöhung vor dem finanziellen Kollaps stehen. Betroffen sind auch Menschen, die einer regulären Beschäftigung nachgehen, aber trotzdem auf Hilfe nach dem Sozialgesetzbuch II angewiesen sind - weil das Geld nicht reicht.

Die Fachstelle hat sich zum obersten Ziel gesetzt, dass die Betroffenen in ihren Wohnungen bleiben können und neue Fälle von Obdachlosigkeit zu vermeiden. Da-rüber hinaus geht es darum, Ersatz zu finden, wenn eine Wohnung tatsächlich nicht mehr gehalten werden kann. Die Fachstelle unterstützt dabei nicht nur beratend, sondern auch finanziell. Die Berater fungieren dabei auch als Vermittler zwischen Mieter und Vermieter und helfen bei der Sicherung der laufenden Miete.

Von mehr als 1200 Fällen im Jahr 2015 konnten drei Viertel mit Erfolg bearbeitet werden. Wohnraum wurde erhalten oder neuer gefunden. Die Fachstelle nimmt für sich auch in Anspruch, die Zahl der Räumungsklagen im Landkreis seit dem Jahr 2011 um etwa 18 Prozent reduziert zu haben.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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