Radarkontrollen:Jetzt blitzt's

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Die Polizei rüstet auf: An mehreren Stellen im Kreis und an der A 95 werden neue Radar-Anhänger aufgestellt. Denn die Zahl der Raser-Unfälle und Verletzten ist dramatisch gestiegen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vor dem Sitz des Zweckverbands Kommunale Verkehrssicherheit Oberland (KVO) auf der Tölzer Flinthöhe hängen Plakate im Regen, die auf den ersten Blick wie eine Kampfansage an Autofahrer wirken. "Donnerwetter, jetzt blitzt's", steht auf einem der blau-weißen Transparente der Verkehrsüberwacher. Das wird in den nächsten Monaten tatsächlich häufiger der Fall sein. Zusammen mit dem Polizeipräsidium Oberbayern Süd testet die KVO einen neuen Anhänger mit Messtechnik, der an Baustellen oder am Straßenrand abgestellt werden kann, wo er an bis zu fünf Tagen rund um die Uhr das Tempo der Autos protokolliert. Michael Braun verspricht sich damit mehr Flexibilität bei der Jagd nach Rasern. "Das ist eine Ergänzung zwischen der mobilen und der stationären Überwachung", sagte der Geschäftsführer des Zweckverbands bei der Vorstellung am Montag.

Die Zahl der Verkehrstoten ist in Bayern im ersten Halbjahr 2016 um rund zehn Prozent gestiegen. Im Landkreis sieht es nicht so trübe aus, wie Jürgen Thalmeier, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, mitteilte. Heuer kam ein Motorradfahrer bei Eurasburg ums Leben, im Vorjahr gab es insgesamt vier Tote. Dafür nahmen jedoch zwischen Januar und Juli die Unfälle zu, die durch zu hohe Geschwindigkeit verursacht wurden - und dabei wurden erheblich mehr Menschen verletzt als im ersten Halbjahr 2015. Im Gebiet der Polizeiinspektion Wolfratshausen krachte es dabei 25 Mal (17 Mal im Vergleichszeitraum des Vorjahres). 17 Personen wurden verletzt (2015: 15). Auch in Kochel gab es einen deutlichen Anstieg von 13 auf 21 Unfälle, wobei sich zwölf Menschen verletzten (im Jahr zuvor waren es fünf). In Geretsried kam es mit 29 zwar nur zu zwei Crashs mehr, die Zahl der Verletzten stieg jedoch von neun auf 19. Ähnlich sieht es in Bad Tölz aus: Im Gebiet der Polizeiinspektion sank die Unfallzahl von 34 auf 30, doch zogen sich dabei 30 Menschen (2015: 17) Verletzungen zu. "Wir fahren alle zu schnell", so Braun. "Aber manche rasen auch, für die haben wir kein Verständnis."

Der neue Blitzanhänger wird zunächst an etwa 30 Stellen im Gebiet des Polizeipräsidiums erprobt. Im Landkreis steht er in Bad Tölz und Wackersberg, Bad Heilbrunn und Kochel, zudem in Waakirchen und entlang der A 95. Braun zufolge soll er vor allem an Brennpunkten innerorts und außerorts, an Baustellen und auf Autobahnen eingesetzt werden. Die Verkehrsüberwacher und das Polizeipräsidium versprechen sich davon eine Entlastung für das Personal, das sonst stundenlang mobil, also aus einem Dienstfahrzeug heraus, die Geschwindigkeit der Fahrer misst. Stationäre Anlagen gibt es nur wenige. Außerdem werde so das Risiko für die Mitarbeiter verringert, während der Arbeit von einem Fahrzeug erfasst zu werden, meinte Braun. Für die Verkehrsteilnehmer soll der Blitzanhänger gut zu sehen sein. Das erhöhe die Akzeptanz in der Bevölkerung, sagte der KVO-Geschäftsführer. Überdies reduziere erfahrungsgemäß alleine der Blick auf den Anhänger das Tempo - auch wenn der gar nicht in Betrieb sei.

Der Modellversuch gliedert sich in mehrere Phasen: Zunächst wird bis zu einem halben Jahr getestet, ob und wie der Messwagen funktioniert - Strafzettel werden in dieser Zeit nicht ausgestellt. Erteilt das bayerische Innenministerium sein Plazet, folgt eine zweite Erprobungsphase, in der es dann auch Verwarnungs- und Bußgelder gibt. Danach entscheidet das Ministerium über die endgültige Inbetriebnahme. Wie Polizeioberrat Peter Böttinger mitteilte, habe das Polizeipräsidium Oberbayern Süd einen Anhänger für den Modellversuch, die KVO ebenfalls einen; das eine Gerät stammt von der Firma Vitronic, das andere von Jenoptik. In Frankreich und der Schweiz sind solche Blitz- Anhänger bereits im Einsatz. Böttinger rechnet damit, dass am Ende "jedes Polizeipräsidium in Bayern ein oder zwei solcher Anlagen betreiben kann".

Die Messdaten werden aus Datenschutzgründen nicht automatisch zur Auswertung übertragen, sondern müssen vom Kontrollcomputer des Anhängers abgeholt werden. "Wir haben noch keine Freigabe", sagte Gerrit Palm von Jenoptik. Deshalb sei dies noch "eine Technik zu Fuß", meinte Böttinger. Ansonsten ist der circa 1300 Kilogramm schwere Anhänger so gut wie möglich gegen Vandalismus gesichert. Er sei aus Stahl, hydraulisch absenkbar, sogar die Scheibe vor den Kameras sei schusssicher, sagte Palm.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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