Quartierssuche für Asylbewerber:Der "Runde Tisch" lässt auf sich warten

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Wolfratshausen erwartet 15 Asylbewerber, doch trotz eines öffentlichen Aufrufs der Stadt sind konkrete Hilfsangebote bis jetzt ausgeblieben. Die Caritas beklagt fehlende Planungssicherheit.

Bernhard Lohr

Jetzt also auch Wolfratshausen. Die Stadt stellt sich auf die Ankunft von 15 Asylbewerbern am heutigen Dienstag ein, die in einem Gebäude in der Stadtmitte untergebracht werden sollen. Ein Netz von ehrenamtlichen Helfern, wie es in Bad Heilbrunn, Bad Tölz, Kochel am See und Geretsried entstanden ist, soll sich nach dem Willen der Stadtverwaltung auch in Wolfratshausen um die Menschen kümmern. Deren dezentrale Unterbringung in Wohnungen gilt im Landkreis als Erfolgsmodell. Das Landratsamt, die Rathäuser und die Helfer kämpfen darum, dass dies so fortgeführt wird. Doch das ist alles andere als sicher. Die Caritas beklagt fehlende Planungssicherheit.

Der Landkreis steht in diesen Monaten vor einer neuen Herausforderung. Die letzten Asylbewerber kamen in den 1980-er Jahren an, die letzten Aussiedlerunterkünfte in Bad Tölz und Geretsried schlossen in den 1990-er Jahren. Dessen ungeachtet bildeten sich, als im Dezember 2011 20 Menschen aus Syrien, Irak und der Türkei in Bad Heilbrunn ankamen, schnell Strukturen heraus, die Schule machten. Der Runde Tisch, der sich bald auch in Bad Tölz gründete, organisierte Deutschkurse, aber auch einen Schwimmkurs und richtete eine Malgruppe ein. Arztbesuche wurden organisiert und Kinder unternahmen mit dem SV Bad Tölz Ausflüge ins Ellbacher Moor. Ein Bub und ein Mädchen kamen kürzlich in Bad Tölz zur Welt, und eine Familie aus Syrien, die schon gut integriert war, ist nach der Anerkennung ihres Asylantrags bereits wieder weggezogen.

Anfangs habe man sich gedacht, es werde bei den 20 Asylbewerbern bleiben, sagt die Integrationsbeauftragte der Stadt Bad Tölz, Andrea Grundhuber. Doch mittlerweile sei klar, dass da viel Bewegung drin sei. Dieser Tage kämen wieder zehn Asylbewerber an, andere gingen schneller als erwartet weg. Zwei Kinder kämen jetzt, praktisch ohne Deutschkenntnisse, neu an die Lettenholzschule. Grundhuber hat mittlerweile gut zu tun, um die Helfer-Strukturen zu professionalisieren. So soll es bald Familienbegleiter geben. Grundhuber sieht eine Gefahr darin, dass das ehrenamtlich geknüpfte Netz reißt. 45 Asylbewerber sind jetzt in der Kreisstadt in Wohnungen untergebracht und Grundhuber würde sich wünschen, dass noch mehr Kommunen Wohnraum zur Verfügung stellen.

Thomas Bigl, Leiter des Sozialamts in der Tölzer Kreisbehörde, ist erst einmal froh, dass er am Dienstag 15 aus der Münchner Sammelunterkunft kommende Asylsuchende in einem auf Wunsch des Vermieters nicht näher benannten Gebäude in Wolfratshausen unterbringen kann. Bigl liefert sich eine Art Wettlauf mit der Regierung von Oberbayern, die ihrerseits Gebäude wie das ehemalige Heilbrunner Sanatorium Strauß dahin gehend prüft, ob dort eine Gemeinschaftsunterkunft mit mehr als 50 Personen entstehen kann. Solche Bestrebungen stoßen im Landkreis allerdings auf wenig Gegenliebe. Notwendig wäre mehr staatliche Hilfe für Ehrenamtliche und Schulen, fordert Grundhuber.

Caritas-Kreisgeschäftsführer Toni Thalmaier beklagt darüberhinaus, dass die Politik offen lasse, welche Art der Unterbringung man wolle. Er hat nicht vergessen, wie einst die Unterkünfte für Asylbewerber und Aussiedler im Landkreis plötzlich verwaisten und die Kompetenz seiner Leute aus dem eigens aufgebauten Fachbereich Migration nicht mehr gefragt war. Die Politik sei zu sprunghaft, sagt er, sichert Wolfratshausen aber Unterstützung bei einem Runden Tisch zu. Auch Christina Freundorfer, Vorsitzende der Nachbarschaftshilfe "Bürger für Bürger", signalisiert Bereitschaft zur Mitarbeit. Offiziell tut sich allerdings wenig. Bei Amtsleiter Franz Gehring im Rathaus hat sich trotz öffentlichen Aufrufs noch kein möglicher Helfer gemeldet. Dennoch ist er sicher: Der Runde Tisch kommt.

© SZ vom 11.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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