Oberbayern:Polizei fasst Silvester-Schützen von Lenggries

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Nach dem scharfen Schuss durch ein Fenster durchsucht die Kripo ein Haus und findet zwei Gewehre und Munition. Der Mann gesteht.

Von Klaus Schieder, Lenggries

Er legte ohne Wenn und Aber ein Geständnis ab: Die Kriminalpolizei Weilheim hat einen Lenggrieser mittleren Alters als den Schützen ermittelt, der in der Silvesternacht mit einem Karabiner in der Brauneck-Gemeinde scharf geschossen hat. Die Kugel durchschlug damals das Fenster eines Wohnhauses an der Münchner Straße, zu Schaden kam niemand.

Als Motiv habe der Mann angegeben, dass er zum Jahreswechsel mit dem Gewehr "ordentlich für Lärm sorgen wollte", teilt Andreas Guske mit, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Nach Medienberichten führte ein Hinweis aus der Bevölkerung auf die Spur des Lenggriesers.

Das Projektil prallte zweimal ab, ehe es durch das Fenster flog

Ende vergangener Woche durchsuchten Kripo-Beamte das Haus des Mannes. Dabei fanden sie neben Munition zwei Gewehre. Bei einer der beiden Waffen handelt es sich um einen alten Karabiner K98, zu dem das Projektil passt, das in dem Wohnhaus gefunden wurde. Die Familie, die dort lebt, war in der Silvesternacht glücklicherweise nicht zu Hause. Sie entdeckte erst bei ihrer Rückkehr das kaputte Fenster und die Kugel. Der Schütze habe gegenüber der Kripo gleich alles zugegeben, sagt Guske: "Er hat nicht rumlamentiert und sich nicht quer gestellt." Zugleich habe er betont, "dass er nie jemanden verletzen wollte".

Silvesternacht
:Scharfer Schuss auch in Lenggries - Polizei ermittelt

Ein Projektil hat in der Silvesternacht das Fenster eines Wohnhauses durchschlagen, die Familie war glücklicherweise nicht zu Hause.

Die Polizei nimmt ihm dies auch ab. Das Projektil prallte nach Erkenntnissen der Kripo Weilheim und des Bayerischen Landeskriminalamtes vermutlich zwei Mal ab, ehe es durch das Fenster flog. Niemand unterstelle dem Mann gezielte Schüsse und damit die Absicht, "dass er irgendeinen Menschen schädigen wollte", sagt Guske. Deshalb sei der Fall in Lenggries auch keineswegs mit der furchtbaren Tat im unterfränkischen Oberaurach zu vergleichen, wo ein Mann an Silvester gezielt in eine Menschengruppe feuerte und ein elfjähriges Mädchen tötete. Harmlos war allerdings auch der Schuss in Lenggries nicht. Der Karabiner sei "eine gefährliche Waffe, das ist nicht einfach ein Kleinkaliber", sagt der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.

Der Schütze hat für seine Gewehre keine waffenrechtliche Erlaubnis

Bei dem alten Gewehr, mit dem unter anderem die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg ausgerüstet war, handelt es sich um ein Familienerbstück. Eine waffenrechtliche Erlaubnis besitzt der Lenggrieser dafür ebenso wenig wie für das zweite Gewehr. Vor der Kripo gab er an, ihm sei die Gefahr durch sein Handeln nicht bewusst gewesen. Ob er in der Silvesternacht betrunken war, vermag Guske nicht zu sagen. Das sei im Nachhinein schwer festzustellen. Der Schütze muss sich nun wegen mehrerer Vergehen gegen das Waffengesetz verantworten. Mit einer Haftstrafe muss er wahrscheinlich nicht rechnen.

Im Landratsamt sind derzeit rund 20 000 Waffen registriert, die etwa 4000 Leute legal in ihrem Besitz haben. 300 Eigentümer haben sie geerbt, ihnen gehören insgesamt 570 Waffen. Das ist allerdings nicht alles. "Dass es eine Dunkelziffer gibt, ist sicher der Fall. Wie hoch sie ist, dazu kann man keine Prognose abgeben", sagt Michael Foerst, Sozialamtschef im Landratsamt. Ein Erbe muss nach seinen Angaben innerhalb eines Monats nach Annahme des Vermächtnisses eine Waffenbesitzkarte beim Landratsamt beantragen. "Wir prüfen dann, ob er zuverlässig und persönlich geeignet ist, außerdem muss er volljährig sein." Ist dies der Fall, müsse ein Erbe "noch ein Blockiersystem in die Waffe einbauen lassen". Eine Genehmigung gibt es allerdings nur, wenn das Gewehr oder die Pistole nicht zuvor schon illegal war. Beim Schützen in Lenggries vermutet Foerst, dass jemand den Karabiner wohl aus dem Krieg mit nach Hause gebracht und ihn gesetzeswidrig einfach behalten hatte.

2009 gab es nach dem Amoklauf von Winnenden eine Amnestie für die Eigentümer illegaler Waffen. Im Landratsamt wurden damals 617 Waffen abgegeben. Der Lenggrieser hätte den Karabiner allerdings auch so in der Behörde abliefern können, ohne eine Strafe befürchten zu müssen. Diese Möglichkeit gebe es schon seit mehreren Jahren, betont Foerst. Die Waffen würden ans Landeskriminalamt weitergegeben und dort vernichtet. Dies geschehe fast jede Woche, sagt der Amtsleiter: "Gerade erst bekamen wir eine Maschinenpistole, die ein Bauer auf dem Dachboden gefunden hat."

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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