Kopfkino:"Ich geh jetzt lesen ..."

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Sarah Ulbrich weiß, wie man Kinder fürs Buch gewinnt. Kommende Woche dürfen die vierten und fünften Klassen der Geretsrieder Schulen in ihrem Fachgeschäft stöbern.

Von Melanie Kraus

Der Welttag des Buches wird am 23. April gefeiert, und wie jedes Jahr nimmt die Geretsrieder Buchhandlung Ulbrich teil. Die vierten und fünften Klassen der Geretsrieder Schulen dürfen den Laden am Karl-Lederer-Platz besuchen und dort im Angebot stöbern, und sie erhalten das Buch "Ich schenk dir eine Geschichte - das geheimnisvolle Spukhaus" von Henriette Wich geschenkt. Die SZ sprach mit Sarah Ulbrich, der Juniorchefin des Fachgeschäfts.

SZ: Frau Ulbrich, gibt es für Sie, wenn Sie an die vergangenen Jahre zurückdenken, eine besonders schöne Erinnerung an die Besuche der Schulklassen zum Welttag des Buches?

Sarah Ulbrich: Es freut uns immer, wenn wir merken, dass sich die Lehrer schon Gedanken gemacht und den Tag mit den Schülern vorbereitet haben. Das merkt man daran, dass die Kinder viele Fragen stellen. Außerdem gibt es in jeder Klasse Kinder, die noch nie in einer Buchhandlung waren und denen der Tag dann so gut gefallen hat, dass sie am Nachmittag noch einmal zusammen mit ihren Eltern kommen, um zu zeigen und zu erzählen. Wenn Kinder durch diesen Aktionstag die Scheu verlieren, ist das besonders wertvoll.

Wie kann man Kindern die Begeisterung für das Lesen näherbringen?

Indem man ihnen von Anfang an vorliest anstatt zu sagen: "Du kannst noch nicht lesen, deswegen brauchst du kein Buch." Selbst wenn es nur Bilderbücher sind - man kann gemeinsam in ihnen blättern und daraus ein Ritual machen. So ein gemütliches Miteinander gefällt jedem Kind. Und sobald das Kind dann im Lesealter ist, ist es wichtig, immer wieder Bücher anzubieten. Oftmals braucht es nur ein einziges Buch, das so gut ankommt, dass die Begeisterung automatisch geweckt ist.

Sarah Ulbrich hat zwei Kinder. Lesen ist in der Familie, von den Großeltern bis zu den Enkeln, Alltag. (Foto: Hartmut Pöstges)

Welche Bücher lesen Ihre Kinder denn? Die, die Sie aus der Buchhandlung mitbringen oder haben die beiden bereits ganz eigene Wünsche?

Der Große geht in die zweite Klasse und verschlingt im Moment seine Bücher regelrecht. Besonders die Reihe "Das magische Baumhaus" hat es ihm angetan. Sie umfasst weit mehr als 40 Bände, in denen zwei Geschwister mit ihrem Baumhaus immer wieder an andere Orte reisen und Abenteuer erleben. Das gefällt ihm richtig gut. Der Kleine ist noch nicht in der Schule, aber er sieht sich gerne Bücher an und lässt sich dann vorlesen - auch von seinem großen Bruder.

Ist das Lesen denn ein festes Ritual in ihrem Alltag?

Die beiden haben schon von ganz klein auf selbst Bücher gehabt und angeschaut. Oder sie haben vorgelesen bekommen. Sie sehen ja bei mir, Oma und Opa oder meinem Mann, dass es für uns ganz normal ist, uns hinzusetzen und zu lesen. Der Große erfährt jetzt gerade, wie es ist, selbst lesen zu können. Das genießt er und sagt auch oft, wenn ich ihn nach seiner Beschäftigung frage: "Ich geh' jetzt lesen, das Buch ist so spannend."

Können Sie sich noch an Ihr erstes Buch erinnern?

Puh, das ist schwierig... Nein. Nein, daran kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich in der Grundschule die Reihe "Leselöwen", also Geschichten verschiedener Autoren, gelesen habe.

Welches Buch darf in Ihrer persönlichen Bibliothek auf keinen Fall fehlen?

Mich auf ein spezielles Buch festzulegen ist schwierig. Ein persönliches "Buch der Bücher" habe ich nicht. Dafür lese ich zu viel und auch zu viel Verschiedenes. Wir bekommen ja für den Laden die Leseexemplare der Neuerscheinungen, noch bevor sie veröffentlicht werden, um etwas vorsortieren zu können. Da kommt vieles zusammen und natürlich auch viel richtig Gutes. Allerdings - die Werke von Martin Suter müssen auf jeden Fall da sein. Die muss ich auch immer haben. Ein absoluter Bestseller, den ich auch selbst wirklich richtig gut fand, war "Der Schatten des Windes" von Ruiz Zafon. Außerdem haben mich auch "Die Wand" von Marlen Haushofer, "Stadt der Blinden" von José Saramago oder, etwas aktueller, "Der Schnee, das Feuer, die Schuld und der Tod" von Gerhard Jäger nachhaltig bewegt, so dass sie in meiner Bibliothek nicht fehlen dürfen.

Gibt es ein Genre, das Sie besonders fasziniert?

Eigentlich nicht. Krimis mag ich gerne, aber auch Jugendbücher oder Belletristik. So gesehen also alles querbeet. Ausschlaggebend ist doch, dass das Buch spannend geschrieben ist und beim Lesen fesselt. Da muss es nicht zwingend ein Krimi sein, denn auch andere Genres können diese Sogwirkung entwickeln, dass man die Bücher am liebsten nicht mehr aus der Hand legen möchte.

Wie viele Bücher lesen Sie so im Schnitt?

Sicherlich eins pro Woche. Über Ostern habe ich zwei geschafft. Allerdings habe ich das Gefühl, noch viel mehr lesen zu müssen, wenn man bedenkt, wie viele neu erscheinen. Da geht es wohl allen Buchhändlern so - man würde immer mehr lesen wollen und müssen. Natürlich muss das dann alles in der Freizeit nach der Arbeit passieren. Ich lese immer, bevor ich ins Bett gehe. Eigentlich jeden Abend, eben je nach Müdigkeit mal mehr und mal weniger.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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