Hochwasser im Landkreis:Land unter im Oberland

Die Feuerwehren sind in 300 Einsätzen unterwegs. Hunderte Keller sind überschwemmt, auf einigen Straßen steht das Wasser einen Meter hoch.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Eine dreitägige Großaktion hat der Landkreis hinter sich: 20 000 Sandsäcke haben das Technische Hilfswerk und die Feuerwehr gefüllt und verbaut, 1200 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Der Bad Heilbrunner Ortsteil Hohenbirken wurde durch das Hochwasser komplett von der Außenwelt abgeschnitten, Fußgänger und Traktoren konnten den Ort nur über den Bahndamm erreichen. Auf der Straße stand nach Auskunft der Feuerwehr noch am Montagnachmittag das Wasser 1,20 Meter hoch. Abgeschnitten war auch Karpfsee. Hier waren einige Häuser vom Wasser eingeschlossen. Hunderte Keller wurden im gesamten Landkreis überflutet.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Wasserstand Die Isar hatte das Wasserwirtschaftsamt mit dem Sylvensteinstausee im Griff. Sie wurde in Bad Tölz von Sonntagabend bis Montagvormittag knapp unter der Hochwasserkante gehalten. Keine Entwarnung gab es am Montag bis zum späten Nachmittag für die Loisach: In Schlehdorf und Kochel am See herrschte am Nachmittag noch die höchste Meldestufe 4. In Kochel, wo die Loisach sonst um die 75 Zentimeter tief ist, meldete der Hochwassernachrichtendienst auch am Nachmittag einen Pegel um vier Meter. In Beuerberg war die Isar seit Sonntagmittag über fünf Meter tief.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Sylvensteinspeicher Der Sylvensteinstausee war am Montag bis zum Rand gefüllt. Das Wasser stand 13 Meter höher als normalerweise. Beim Wasserwirtschaftsamt sprach man von "Punktlandung". Wäre am Montagmorgen noch mehr Wasser zugeflossen, hätte der Speichersee mehr Wasser abgeben müssen, welches flussabwärts den Wasserstand erhöht hätte. Tobias Lang, Fachbereichsleiter Talsperren im Wasserwirtschaftsamt, sagte, derzeit würden 225 Kubikmeter je Sekunde abgelassen. Dabei werde es in den kommenden Tagen bleiben, um die Hochwasserlage in Niederbayern nicht zu verschärfen. Dank des Speichersees und der Hochwasserschutzmaßnahmen der vergangenen Jahre in Bad Tölz - nur die Baumaßnahmen an den Moraltwerken und an der Bockschützstraße fehlen noch - sei es in der Region nicht zur Katastrophe an der Isar gekommen, sagen Fachleute.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Straßensperrungen Die Staatsstraße 2072 zwischen Bad Tölz und Grünwald, die im Bereich Einöd und Ascholding gesperrt war, wurde am Montagmittag wieder durchgehend aufgemacht. Die Verbindung zwischen Tölz und Königsdorf wurde trotz Baustelle als Behelf kurzzeitig geöffnet. Die Staatsstraße 2073 zwischen Humbach und Dietramszell sowie die Grundstraße zwischen B 11/Königsdorf und Geretsried blieben gesperrt. Überflutet waren weitere kleinere Ortsverbindungsstraßen im gesamten Landkreis, die meisten waren aber nach kurzen Sperrungen wieder befahrbar. Am Montag entspannte sich die Lage.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Trinkwasser Auf die Trinkwasser-Qualität im Landkreis hat die Flut bisher keine größeren Auswirkungen gehabt. Alle bisherigen Ergebnisse der Wasserproben hätten keinen Anlass zur Sorge gegeben, sagt der Leiter des Tölzer Gesundheitsamts, Franz Hartmann. Dies gilt auch für die Gemeinde Icking, die schon seit vielen Jahren Probleme mit ihrer Wasserversorgung hat. Anders als im Jahr 2005 blieb dort dieses Mal zwar das Pumpenhäuschen in der Isarau knapp von der Flut verschont. Doch die Brunnenanlage selbst stand auch am Montag noch unter Wasser, weshalb Hartmann empfiehlt, das Wasser aus dem Brunnen sicherheitshalber mit Chlor zu versetzen. Allerdings ist der Ickinger Brunnen nach Angaben von Wasserwart Stefan Burlein momentan nicht in Betrieb. Das Trinkwasser der Gemeinde kommt derzeit komplett aus dem Hochbehälter oberhalb von Irschenhausen. Dieses Reservoir reicht laut Burlein wohl noch bis zum Mittwoch. Für diesen Dienstag erwartet er erste Hinweise aus aktuellen Wasserproben. Sollte sich dann eine Keimbelastung abzeichnen, muss Icking doch zum Chlor greifen, denn über einen Notverbund zwischen dem Ickinger und dem Schäftlarner Leitungsnetz wird seit langem diskutiert, ohne dass er bisher verwirklicht worden wäre. Rund um die Geretsrieder und Königsdorfer Brunnen bei Wiesen stand zuletzt ebenfalls das Wasser, doch hier vertrauen Hartmann und die Gemeinden auf UV-Anlagen, die eventuelle Keime im Trinkwasser abtöten sollen

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Busverkehr Vergleichsweise entspannt gestaltete sich die Situation im regionalen Busverkehr. Auf den wenigen gesperrten Strecken habe es "wunderbare Umleitungen gegeben", teilte der RVO mit, gesperrt blieb bis Montagabend lediglich die Strecke zwischen Penzberg und Beuerberg, die wegen Überflutung der Straße nicht befahren werden konnte. Ein Busfahrer hatte am Morgen noch die Probe aufs Exempel gemacht. Laut Augenzeugen nahm er es entschlossen mit der "Pfütze" auf und flutete - zur Freude vieler Schüler - den Gang des Fahrzeugs. Daraufhin wurde die Verbindung Penzberg-Beuerberg auf die Autobahn verlegt.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

S-Bahn Die Streckensperrung auf der Linie S 7 konnte Montagmittag überraschend wieder aufgehoben werden. War man sich bei der Bahn vormittags noch nicht sicher gewesen, ob man den seit Sonntag zwischen Baierbrunn und Wolfratshausen eingerichteten Schienenersatzverkehr nicht noch für mehrere Tage würde aufrechterhalten müssen, so hieß es bereits gestern Nachmittag: "Strecke frei." Aus Sicht der Bahn hat sich die aufwendige Hangbefestigung bewährt, die im Herbst 2011 mit Blick auf die am Isarabhang ständige drohende Murengefahr in Angriff genommen worden war. "Wir mussten wir erst feststellen, ob nur eine Räumung der Gleise notwendig ist oder Instandsetzungsarbeiten am Schotterbett", sagte ein Bahnsprecher. Bei einer Probefahrt habe sich dann aber herausgestellt, dass man Entwarnung geben könne. Am Vormittag waren Pendler allerdings noch betroffen, insbesondere Schüler des Ickinger Gymnasiums. "Es hat Verspätungen im halbstündigen Bereich gegeben", erklärte die stellvertretende Schulleiterin Beate Demmelhuber.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Kläranlagen Die Kläranlagen in Kochel am See und Eurasburg konnten die anfallenden Wassermassen nicht bewältigen. Sie funktionierten einwandfrei, das Abwasser wurde weitergepumpt, doch die Kanalnetze waren so voll, dass durch den Stau Wasser zurückgedrückt wurde. Klärwärter Andreas Bauer, der für beide Anlagen zuständig ist, verbrachte die Nächte abwechselnd in den beiden Kläranlagen, um abzusichern, dass keine Leitungen brechen oder die Anlagen voll Wasser läuft. Die Anlage in Kochel lag am Montag unter Wasser, allerdings ist sie speziell für Hochwasserfälle ausgerüstet.

© SZ vom 4.6.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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