Forstenried/Schäftlarn:Aufräumen nach dem großen Sturm

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Der Forstbetrieb München, der auch für das Isartal zuständig ist, hat die Schäden des Orkans "Niklas" weitgehend beseitigt. Laubbäume sollen zunehmend Fichten ersetzen

Von Julian Raff, Forstenried/Schäftlarn

Nur drei Stunden lang tobte am 31. März 2015 Orkan Niklas über den Münchner Süden. Das reichte, um gut fünfeinhalb Quadratkilometer Staatswald in Windwurf zu verwandeln - und den Zehn-Jahresplan des Forstbetriebs München in Makulatur. Der Betrieb, zuständig für 184 Quadratkilometer Wald unter anderem im Isartal sowie im Bereich Starnberger und Ammersee musste die für Juli 2015 angesetzte Fortschreibung des Plans um ein Jahr verschieben.

Hauptsächlich um die ökologischen und ökonomischen Folgen des Sturms und um Anpassungsstrategien an den Klimawandel drehte sich daher auch, was Leiter Wilhelm Seerieder den in der Forstenrieder Betriebsstelle versammelten Bürgermeistern und Funktionären zu berichten hatte: Wie nach Orkan Kyrill im Januar 2007 mussten die Waldarbeiter im abgelaufenen Betriebsjahr, zwischen Juli 2015 und 30. Juni 2016, ausnahmsweise mehr Holz entnehmen als nachwuchs. Der Gesamteinschlag, normalerweise um die 150 000 Festmeter, stieg auf gut 237 000 Festmeter, womit die reguläre und nachhaltige jährliche Entnahme, um 42 Prozent überschritten wurde. Nach Kyrill waren es 15 Prozent. Das angelaufene neue Forstjahr eingerechnet, fallen durch Niklas wohl 357 000 Festmeter an, knapp das 2,4-fache der normalen Jahresernte.

Mit einem Alter von 60 bis 70 Jahren waren die betroffenen Bestände noch nicht voll ausgewachsen und hätten dank kürzerer Hebel an sich gute Überlebenschancen gehabt. Allerdings stehen Fichten auf der flachgründigen Schotterebene besonders labil, da sie dort nur 30 bis 50 Zentimeter tief wurzeln können. Mit der Größe einer Wurfzone steigt das Risiko für die Waldarbeiter beim Aufräumen: Bei jedem Schnitt in die mikadoartig verkeilten Stämme können sich Spannungen mit tonnenschwerer Wucht entladen. Die Groß-Würfe konnten deshalb nur mit schweren Maschinen aufgeräumt werden, während die Waldarbeiter mit der Hand-Motorsäge nur einzelne, vom Sturm gefällte Bäume zerlegten - immer noch gefährlich genug. Umso mehr freut sich Seerieder über eine unfallfreie Aufräumaktion.

Bei aller Vorsicht war Eile geboten. Plangemäß hatten die Forstleute bis Oktober 2015 so weit aufgeräumt, dass eine Borkenkäfer-Kalamität wohl verhindert werden konnte, auch dank guter Ausgangslage nach acht schadensfreien Vorjahren und der günstigen, weil feuchten Witterung 2016. Ebenfalls abzuwenden war die wirtschaftliche Misere: Statt auf dem Markt landete ein Großteil des Holzes in Nasslagern, was sowohl die Qualität erhält, als auch den Preis, der bei sofortigem Verkauf abgestürzt wäre. Der neue Zehn-Jahres-Plan sieht als Reaktion auf die Stürme und ihre erheblichen Konsequenzen unter anderem vor, den durchschnittlichen Einschlag um rund ein Viertel zu senken und die Schäden für einen ökologischen und klimaresistenten Umbau des Waldes zu nutzen. Importe wie die hoch wachsende nordamerikanische Douglasie spielen dabei eher eine Nebenrolle.

Mehr versprechen sich die Experten davon, Fichten durch Tannen zu ersetzen, die Extremwetter inklusive langer Trockenheit besser vertragen. In erster Linie soll aber der Laubholzanteil weiter steigen. Eine Eichen-Aufforstung kostet zwar mit 15 000 Euro pro Hektar gut zehn Mal so viel wie der herkömmliche Fichtenacker, Buchen immer noch zweieinhalb mal so viel; dafür versprechen Laub- und Mischwälder neben dem schöneren Anblick und der größeren Artenvielfalt auch mehr Planungssicherheit. Schnelle Renditen, sagte Seerieder, nützten wenig, wenn die Fichtenernte permanent durch Sturm und Dürre bedroht sei.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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