Debatte um Gruppenunterkunft:Der falsche Ort für Flüchtlinge

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Die Gemeinde Gaißach ist grundsätzlich bereit, Asylsuchende aufzunehmen, lehnt es aber ab, sie im Gewerbegebiet unterzubringen. Dies sei ungeeignet und menschenunwürdig

Von Alexandra Vecchiato

Die geplante Sammelunterkunft für etwa 70 Asylbewerber auf dem Gelände der Firma Moralt ist Makulatur. Der Gaißacher Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung den Bauantrag des Landratsamts zur Aufstellung von drei Wohncontainern abgelehnt. Die Sache damit auf sich bewenden lassen, will Gaißach nicht. Die Räte folgten dem Vorschlag von Bürgermeister Stefan Fadinger, bis zu 20 weitere Flüchtlinge aufzunehmen - aber nicht auf dem Gewerbeareal, stattdessen in einer kleineren Containeranlage. Der Bauausschuss wurde beauftragt, für diese einen geeigneten Standort in Gaißach zu suchen. Sollten sich Wohnungen oder Häuser zur Unterbringung finden, plant die Gemeinde, diese zur Verfügung zu stellen.

Ursprünglich stand der Bauantrag des Landratsamtes nicht auf der Tagesordnung. Fadinger hatte ihn kurzfristig aufgenommen. Er wollte öffentlich klarstellen, dass das Dorf durchaus bereit sei, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Der Gemeinderat unterstütze Fadinger und stimmte für eine Beratung über den Bauantrag. Groß diskutiert wurde im Gremium nicht, obschon sich einige Räte überrascht von Fadingers Vorstoß zeigten.

Der Bürgermeister führte aus, dass der Bauantrag unvollständig sei, weil unter anderem Unterschriften fehlten, zudem widerspreche er dem Bebauungsplan für dieses Gebiet. Eine Befreiung von diesen Festsetzungen könne nicht, wie von Landrat Josef Niedermaier gewünscht, erteilt werden, weil die Staub- und Lärmimmissionen nicht geprüft worden und dort nur Lagerflächen und Stellplätze zulässig seien.

Hauptgrund für die Ablehnung sei jedoch, betonte Fadinger, dass diese Sammelunterkunft menschenunwürdig sei. Er wiederholte seine Befürchtung, es könnte ein Ghetto auf dem Industriegelände entstehen. Denn das Grundstück werde von allen Seiten eingekesselt: 50 Meter nördlich arbeitet die Holzentrindungs- und -sortieranlage der Firma Moralt von 6 Uhr morgens an. Ständig entladen dort Lkws Baumstämme. 50 Meter südlich befindet sich ein Betonmischwerk, das ebenfalls stark von Lastwagen frequentiert wird. Nur 15 Meter beträgt im Osten der Abstand zur Bundesstraße 13.

Dass eine Industriefläche nicht als Standort für Containeranlagen geeignet ist, bestätigt auch das Verwaltungsgericht München. Laut Fadinger wird noch diese Woche das Urteil veröffentlicht, das eine Aufstellung künftig generell in Gewerbegebieten untersagt. So gestärkt verwies der Bürgermeister in der Sitzung erneut darauf, sich bei der Verteilung der Asylbewerber künftig prozentual am Bevölkerungsanteil der Kommunen zu orientieren. Damit würden kleinere Gemeinden weniger belastet, die Verteilung gerechter. "Ich sehe sowieso die Städte stärker in der Verantwortung", sagte Fadinger.

Mit dem Vorschlag, eine Containeranlage für bis zu 20 Personen im Ort aufzustellen, möchte Gaißach als erste Gemeinde im Landkreis eine Alternative zu den großen Flüchtlingsunterkünften aufzeigen. "Das wäre ein Weg, damit könnten wir ein Zeichen setzen", sagte Fadinger. Aber mit 20 Asylbewerbern zusätzlich zu den bereits sieben Flüchtlingen, die in den Oberland-Werkstätten untergekommen seien, habe die Gemeinde dann auch das Maximum ihrer Kapazitäten erreicht. "Wir müssen sehen, wie wir weitere Helfer für die Betreuung werben", so der Bürgermeister.

Das Treffen zwischen ihm, dem Landrat und dem Tölzer Bürgermeister Josef Janker, um das Niedermaier ersucht hatte, hat am gestrigen Mittwoch stattgefunden. Man habe die Beschlüsse des Gemeinderats zur Kenntnis genommen, sagten Sabine Schmid, Pressesprecherin im Landratsamt, und Janker auf Nachfrage der SZ. Die Kreisbehörde wartet nun auf die Vorschläge des Gaißacher Bauausschusses. "Aber der Landkreis wird parallel weiter nach Standorten suchen", erklärte Schmid. Die Lage sei so prekär, dass man alle eingehenden Angebote auf ihre Realisierungsmöglichkeit prüfen werde. So sei es möglich, eine Sammelunterkunft auf zwei benachbarte Gebäude zu verteilen. "Umsonst war das Gespräch nicht", sagte Janker. Auch wenn Gaißach vorab Nägel mit Köpfen gemacht habe. Der Kreis müsse weiter suchen. "Tölz ist mit dabei."

© SZ vom 26.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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