Schule:So sollten Eltern auf die Zeugnisse ihrer Kinder reagieren

Auf die Sommerferien freuen sich alle Schüler - mit ihrem Jahreszeugnis hadern einige Kinder und Jugendliche allerdings. (Foto: dpa)

Drei Lehrerinnen geben Tipps, wie man mit guten und mit schlechten Noten umgeht.

Von Melanie Staudinger

Zugegeben, die große Überraschung am Zeugnistag bleibt meistens aus. Vielmehr wissen oder ahnen Schüler wie Eltern, wie das abgelaufene Schuljahr ausgefallen ist. Eigentlich könnte man sich entspannt auf die Sommerferien freuen und den Alltagsstress für sechs Wochen hinter sich lassen. Und trotzdem ist die Aufregung immer groß an den Tagen vor der großen Notenbekanntgabe, und auch der Frust, wenn etwas nicht so geklappt hat, wie es sollte. Wie Eltern mit den Zeugnissen umgehen sollen, wieso Geld keine schöne Belohnung ist, und warum man manche Kinder lieber vom Lernen ablenkt, erklären Eva-Maria Gassner, Kerstin Weber und Brigitte Wislsperger. Alles drei arbeiten an der Alfonsstraße: Gassner leitet die Mittelschule, Weber die Grundschule und Wislsperger ist Beratungslehrerin.

Die Durchfaller

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Manchmal bringt alles Lernen und Hoffen nichts: Ein paar Kinder und Jugendliche fallen eben durch. Für viele ist das erst einmal ein Schock. Schließlich will kein Schüler zu den Schlechtesten zählen. Die Ehrenrunde ist aber keine Katastrophe und schon gleich gar kein Weltuntergang, wie Gassner berichtet. Ganz im Gegenteil: So einigen Schülern, gerade Jungen, die sehr früh in die Schule gekommen sind, tut die längere Schulzeit gut, sie können zur Ruhe kommen. Wie sich das Kind wieder aufbauen lässt? "In der Grundschule ist das Zeugnis ein zweiseitiger Bericht und wir geben uns alle Mühe, das Kind in seiner Ganzheit zu beschreiben", sagt Weber. Eltern sollten das Zeugnis daher gemeinsam mit ihrem Sohn oder ihrer Tochter durchlesen und zum Beispiel das vorbildliche Sozialverhalten loben. "In jedem Zeugnis stehen positive und wertschätzende Dinge", sagt Weber. Schüler, die Angst haben, wenn sie am Freitag mit schlechten Noten nach Hause kommen, können sich jederzeit an Beratungslehrer wenden. "Wir bieten immer an, dass wir die Kinder heim begleiten. Doch so weit ist es bisher nicht gekommen", sagt Wislsperger. Manchmal reicht schon ein Anruf bei den Eltern, und die Kinder sind beruhigt.

Die Überlebenskünstler

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Diese Schüler gibt es immer wieder, die im Februar ein ziemlich mieses Zeugnis nach Hause bringen, sich dann zusammenreißen und das Klassenziel doch noch erreichen. Das Zwischenzeugnis gilt als Aufrüttler, das Jahreszeugnis als Ziellinie, als Kondensat der gesamten Jahresleistung. Wer also im zweiten Halbjahr nur Zweien schreibt, kann im Jahreszeugnis noch eine Drei haben, auch wenn er die ersten sechs Schulmonate verbummelt hat. Für Kinder, die nur knapp in die nächste Jahrgangsstufe vorrücken dürfen, gilt aber dasselbe wie für alle anderen auch: Der Ferienanfang soll frei von Schule sein. Die Kinder brauchen Erholung, müssen Kraft und Energie tanken - genau wie Erwachsene auch. Im September dann könnten sich die Kinder wieder mit Schule beschäftigen, meint Wislsperger. Eine Ausnahme gibt es, allerdings nur für Schüler, deren Abschluss unmittelbar bevorsteht: "Wenn sie größere Lücken haben, sollten sie in den Ferien schon etwas tun", sagt Gassner. Aber dosiert: Jeden Tag konzentriert eine halbe Stunde bis Stunde pauken ist besser, als zwei bis drei Stunden am Tag gelangweilt vor sich hinzuarbeiten.

Die Angestrengten

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Diese Schüler können einem manchmal richtig leid tun: Sie lernen und lernen und lernen, doch mehr als ein Dreier ist nicht drin. Für Eltern sollte es hier nur eine Antwort geben: "Loben, loben, loben", sagt Wislsperger. Denn wenn ein Kind immer auf einer Drei bleibe, stelle das sehr wohl eine Verbesserung dar, schließlich würden die Anforderungen von Schuljahr zu Schuljahr wachsen. "Gerade in der Pubertät wird es sehr schwierig, wenn andere Dinge plötzlich wichtiger werden als die Schule", sagt die Beratungslehrerin. Hier müssten Eltern noch einmal aufpassen, dass der Schüler nicht abrutscht. "Ansonsten ist das Mittelmaß kein Problem. Mit diesen Schülern haben wir einen Abschluss noch immer hingekriegt", sagt Wislsberger. Eltern können ihre Kinder unterstützen, in dem sie Druck herausnehmen. Nicht jedes Kind muss ein Einserschüler sein. Eine Drei ist immerhin befriedigend.

Die Unauffälligen

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Wenn Kinder weder gut noch schlecht sind, weder besonders herausragende noch besonders unterirdische Sachen abliefern, braucht es eine genaue Analyse der Situation. "Es kommt darauf an, warum das Kind mittelmäßige Noten erreicht, ob im Rahmen seiner Möglichkeiten nichts Besseres drin ist oder ob es einfach faul ist", sagt Gassner. Für erstere gilt dasselbe wie für die angestrengten Schüler - loben, motivieren, Angebote schaffen. Die anderen benötigten zwischendrin einen kleinen Tritt, einen kleinen Anschubser, damit sie sich wieder mehr konzentrieren. Das gelingt in den Ferien am besten, wenn sie nicht zum Lernen gezwungen werden. Für Grundschüler bieten sich kleine Ausflüge an. "In der Natur haben Kinder wunderschöne Erlebnisse", sagt Weber. Sie könnten davon nicht nur nach den Ferien in der Schule berichten, sondern erfahren dabei auch eine Menge Neues. Wer gestärkt ins neue Schuljahr geht, ist motivierter. Das hat auch einen Vorteil für Eltern: Sie müssen dann den Hausaufgaben weniger hinterher sein.

Die Teilbegabten

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Mathe 1, Geschichte 5 - diese Konstellation ärgert Eltern besonders. Schließlich muss niemand in einem reinen Lernfach schlecht sein. Eine Fünf setzen viele gleich mit: "Der hat nichts gelernt". Bei diesen Kindern hilft oftmals eine Sommerferien-Strategie ganz gut: Sie dürfen gar nicht merken, dass sie lernen. Denn wenn sie Gefallen an einer Sache gefunden haben, wird alles leichter. "Wenn das Lernen Spaß macht, geht es schneller und es bleibt mehr Zeit für andere Dinge", sagt Weber. Eine mögliche Vorgehensweise: dem Kind ein Buch zum Lesen geben und es erzählen lassen, was vorkommt. Das tun viele gerne, und dabei erwerben sie Kompetenzen, die im Schulalltag hilfreich sein können. Dabei müssen die Bücher auch keine hochintellektuellen Werke sein. "Es gibt mittlerweile so viel nette Kinderliteratur", sagt Gassner. Ein solches Buch eigne sich auch als Geschenk zum Zeugnis. Geld lehnen die Expertinnen hingegen ab. "Kinder und Jugendliche sollten nicht das Gefühl haben, dass sie für gute Noten bezahlt werden", sagt Wislsperger. Vielmehr sollten sie das Gefühl haben, dass sie für sich selbst und ihre Zukunft lernen.

Die Genies

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Eltern von kleinen Genies haben keinerlei Probleme, ihr Kind zu motivieren: Diese Schüler lernen gerne und viel. Sie haben gute Noten und sind beliebt. Manchmal müssen diese Mädchen und Jungen aber eingebremst werden, damit noch Zeit für andere Dinge bleibt. Lernen allgemein verbieten bringt aber wenig. "Das kann Kinder demotivieren", sagt Wislsperger. Vielmehr sollten Kinder und Eltern gemeinsame Regeln aufstellen, etwa "Ein Tag am Wochenende bleibt lernfrei". Das lässt sich auch auf die Ferien übertragen. Interessierte Kinder bräuchten in der schulfreien Zeit eben eine andere Beschäftigung. Dann vergessen sie auch ihre Schulbücher - zumindest für ein paar Stunden.

Die staatliche Schulberatungsstelle für München ist erreichbar am Donnerstag, 27. Juli, Freitag, 28. Juli, Montag, 31. Juli, und Dienstag, 1. August, von 9 bis 16 Uhr sowie am Mittwoch, 2. August, von 9 bis 14 Uhr unter der Telefonnummer 089/558 99 89-60. Das Schulamt München bietet für Grund- und Mittelschüler eine Zeugnis-Hotline unter 089/54 41 35 64 an. Die Leitung ist offen am Donnerstag, 27. Juli, von 13 bis 17 Uhr, am Freitag, 28. Juli, von 9 bis 15 Uhr, am Montag, 31. Juli, von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr und am Dienstag, 1. August, von 8 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr.

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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