Testbetrieb im Luise-Kiesselbach-Tunnel:In ist, wer drin ist

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Bislang durften nur Baustellen- und Rettungsfahrzeuge durch die neue Röhre, bald vielleicht aber auch Staatsgäste. (Foto: Robert Haas)

Seit 2007 treibt der Bau die Benutzer des südlichen Mittleren Rings in den Wahnsinn. Jetzt zeigt sich: Der Tunnel am Luise-Kiesselbach-Platz ist längst in Betrieb - für die Polizei und vielleicht auch für Barack Obama.

Von Karl Forster, München

Es gäbe ein paar passende Binsenweisheiten: Alle Menschen sind gleich, manche aber ein wenig gleicher. Oder wie es bei "Kir Royal" heißt: Wer reinkommt, ist drin. Was in diesem Falle bedeutet: Wer nicht reinkommt, ist zwar auch drin, aber im Stau. Auch die dem ADAC entlehnte Forderung würde passen: Freie Fahrt für volle Bürger! Denn frei war diese Fahrt, und voll waren die Kleinbusse auch, mit Bürgern in Uniform.

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Wenn der neue Luise-Kiesselbach-Tunnel in einem halben Jahr in Betrieb geht, wird die Welt oben zum Paradies. Die Anwohner hoffen auf eine ansprechende Gestaltung des Platzes - und wollen dabei ihre Ideen verwirklicht sehen.

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Wer am vergangenen Freitag etwa um 18 Uhr den Brudermühltunnel Richtung Luise-Kiesselbach-Platz verließ und in weniger als Schritttempo Richtung Passauerstraße kroch, hatte genug Zeit und Muße, um das Wunder zu beobachten: Plötzlich schob sich auf der linken Spur eine Kolonne von Polizei-Vans vorbei. Und wie von Geisterhand (es war kein Geist, sondern ein Motorradpolizist) öffnete sich der Eingang zum Tunnel, der noch gar nicht für den Verkehr freigegeben ist.

Seit 2007 treibt der Tunnel-Bau die Benutzer des Mittleren Rings in den Wahnsinn

Per Bürgerentscheid hatten die Münchner 1996 den Tunnel unter Garmischer und Heckenstallerstraße nebst Luise-Kiesselbach-Platz erzwungen, seit 2007 treibt dessen Bau die Benutzer des südlichen Mittleren Rings in den Wahnsinn. Doch nicht der duldsame normale Autofahrer darf jetzt als Erster durch die Röhre rauschen. Es sind Polizei-Kolonnen - und es sind die Gleicheren unter den Menschen, die schon lange vor der Eröffnung des Kiesselbach-Tunnels im Juli diesen benutzen dürfen.

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Denn wenn es am G-7-Gipfel-Wochenende regnet, müssen Barack Obama, François Hollande und Co. mangels Hubschrauberflugmöglichkeit für den Weg nach Elmau aufs Auto umsteigen. Und eine der dann denkbaren für sie zu sperrenden Routen wäre die durch den neuen Tunnel. Offiziell bestätigt das die Polizei nicht - das würde die "Einsatztaktik durchkreuzen", heißt es bei deren G-7-Pressestelle. Doch in Polizeikreisen ist die exklusive Ausweichstrecke längst kein Geheimnis mehr - und Tests dafür fanden ja schon statt, etwa am Freitagabend.

Dass die Polizei den Tunnel benutzt, zeigt immerhin, dass er funktioniert

Wer sich jetzt darüber empört, dass fast 400 Millionen Euro Steuergeld ausgegeben wurden und nun irgendwelche Staatschefs in den Genuss der ersten Fahrt kommen, dem muss man auch sagen: Jeder Polizist im Untergrund ist besser als darüber, denn da kann er keinen Unsinn machen wie etwa freie, gleiche Bürger nach dem TÜV-gerechten Verbandkasten zu fragen und Ähnliches. Und noch einen positiven Aspekt gibt es: Wenn die Kolonnen im Osten in den Tunnel hineinfahren und im Süden oder Nordwesten wieder herauskommen, zeigt das, dass das Großprojekt, anders als bei solche Unternehmungen etwa in Berlin, wirklich funktioniert. Das lässt hoffen für die nahe Zukunft, wenn die Frechheit, das Autobahnende der A 95 einspurig enden zu lassen, aufhört.

Doch der nächste Wahnsinn droht: Kaum sind Hollande und Obama wieder weg, werden die Fahrspuren auf der A 95 reduziert, weil noch ein paar Brücken fertig saniert werden müssen. Dann aber, das als kleiner Trost, steht die Polizei auch mit im Stau. Denn dort gibt es keinen Tunnel.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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