Öffentlicher Dienst:Was Sie über den Streik wissen müssen

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Demo in der Münchener Innenstadt. Verdi fordert in den bundesweiten Tarifverhandlungen für jeden Beschäftigten 100 Euro im Monat mehr und eine Lohnerhöhung von 3,5 Prozent. (Foto: dpa)

Am Mittwoch treten Erzieherinnen, Müllmänner und Klinikangestellte in den Ausstand. Wer wird in München genau bestreikt? Was fordern die Streikenden? Und was passiert, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht einigen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Katja Riedel

Eltern müssen sich an diesem Mittwoch erneut einen Plan B für die Kinderbetreuung überlegen, weil wie in der vergangenen Woche viele Erzieher in München und dem Umland streiken werden. Und sie sind nicht die einzigen. Der Mittwoch wird in Bayern, ganz besonders in München, ein Streiktag. Schon jetzt ist der Arbeitskampf im öffentlichen Dienst spür- und sichtbar: zum Beispiel dort, wo Papiertonnen überquellen, weil kein Müllwagen sie geleert hat. Die SZ erklärt, worum es Streikenden und Arbeitgebern geht - und was auf München zukommt.

Wer streikt?

Im Großraum München könnten sich insgesamt gut 50 000 Mitarbeiter bei Städten und Gemeinden sowie deren Tochterfirmen am Warnstreik beteiligen. Allein bei der Stadt München sind dies etwa 30 000, bei den Kliniken 8000 und bei den Stadtwerken (SWM) 6000 Mitarbeiter. Bei den SWM streiken zwar Mitarbeiter in Versorgung und Bädern, nicht aber der Verkehrsbetriebe. Für diese gilt ein eigener Tarifvertrag. Streiken werden am Mittwoch neben den Erzieherinnen auch Mitarbeiter bei Verkehrsüberwachung, Baureferat, Gartenbau, Abfallwirtschaftsbetrieb, bei Straßenbeleuchtung, Stadtbibliotheken, Jobcenter und der Deutschen Rentenversicherung. Verdi erwartet gut 4000 Streikende in München und dem Umland.

"Wo tun wir den Arbeitgebern weh? Wo schaffen wir Öffentlichkeit?" Dies seien Fragen, die sich die Gewerkschaft vor jedem Streiktag stelle, sagt der Münchner Verdi-Chef Heinrich Birner. Die Erzieherinnen etwa seien hoch motiviert, weil sie für eine bessere Bezahlung schon seit einigen Jahren kämpfen. "Es sind immer Einzelfallentscheidungen", sagt Birner. Gerade bei Unternehmen, die Probleme haben: Bei den Kliniken streiken nun Mitarbeiter in Bogenhausen, Neuperlach und Harlaching mit.

Was fordern die Streikenden?

Die 2,1 Millionen deutschen Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes der Kommunen und des Bundes fordern, dass ihre Arbeitgeber die Gehälter um einen Sockelbetrag von 100 Euro und zusätzlich noch einmal 3,5 Prozent erhöhen. Gerade der Sockelbetrag ist umstritten. Verdi hat diese Aufstockung für alle Beschäftigten, egal ob sie 1500 oder 5000 Euro monatlich verdienen, schon einmal vergeblich gefordert. Nun gilt sie als nahezu unverzichtbar.

Was sagen die Arbeitgeber?

Die Arbeitgeber sind in der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) zusammengeschlossen. In diesem Gremium müssen sie sich einig werden und mit den Gewerkschaften verhandeln, also mit Verdi und dem Deutschen Beamtenbund. Präsident der VKA ist Thomas Böhle,Personalreferent der Stadt München. Bei diesen niedrigen Lohngruppen, argumentieren die Arbeitgeber, hätte der Sockelbetrag Erhöhungen bis zu zehn Prozent zur Folge. Die Gewerkschaften wollen damit offenbar gerade dort neue Mitglieder gewinnen, glaubt mancher.

Zu ihnen gehört auch Thomas Böhle: Der VKA-Präsident glaubt, dass der Entschluss zum Arbeitskampf schon festgestanden habe, bevor überhaupt Tarifverhandlungen geführt wurden. "Die Warnstreiks sind überflüssig und werden nicht zu einer Einigung beitragen", sagte er vergangene Woche. Der Sockelbetrag sei "hochproblematisch". Allein bei der Landeshauptstadt mit ihren rund 30 000 Angestellten, für die der Tarifvertrag gilt, würde dieser mit monatlich drei Millionen Euro zusätzlicher Kosten zu Buche schlagen.

Steht eine Einigung bald bevor?

Das ist schwer zu sagen. Zwar gab es in der vergangenen Woche in der zweiten Verhandlungsrunde eine Annäherung, man sei aber dennoch in einigen Punkten weit auseinander, heißt es von beiden Seiten. Innerhalb der VKA gibt es Kämmerer, die mit spitzem Bleistift rechnen, was billiger ist: Sich schon in der nächsten Verhandlungsrunde am 31. März zu einigen oder es auf weitere Streiktage einzulassen.

Und was passiert, wenn es keine Einigung gibt?

"Dann wird's heftig", sagt Verdi-München-Chef Heinrich Birner. Zunächst könnten beide Seiten eine Schlichtung fordern. Scheitert diese, würde die Gewerkschaft ihre Mitglieder in einer Urabstimmung befragen. Ein Streik würde dann Ende April oder Anfang Mai beginnen.

Wer streikt außerdem noch?

Derzeit laufen viele Tarifverhandlungen. Zum Beispiel auch zwischen Journalisten und Zeitungsverlegern, letztere verhandeln außerdem mit ihren Druckern. Am Montag haben außerdem die bayerischen Brauer erstmals gestreikt. Bei Spaten-Franziskaner-Bräu waren die Beschäftigten mehrere Stunden im Ausstand.

© SZ vom 25.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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