Zweitwohnungen:Steuer mit Nebeneffekt

Lesezeit: 3 min

Die Zweitwohnungssteuer hatte immer wieder Ärger verursacht - zum Beispiel 2014. Damals war es um mehrere Bundestagsabgeordnete gegangen, die - anders als viele Immobilienbesitzer im Land -für ihre Zweitwohnung in Berlin über Jahre hinweg keine Steuern gezahlt hatten. (Foto: dpa)

Viele Gemeinden im Landkreis verlangen eine Abgabe für Wochenenddomizile. Trotz anfänglichen Ärgers haben sie gute Erfahrungen damit gemacht. Die Veranlagung kann verhindern, dass Immobilien leer stehen

Von Armin Greune, Starnberg

Wer sich im nicht nur bei Urlaubern beliebten Fünfseenland einen Nebenwohnsitz leisten kann, nimmt dort die Infrastruktur in Anspruch - wird dafür aber längst nicht von allen Kommunen zur Kasse gebeten. Starnberg, Gauting, Andechs und Seeshaupt etwa verzichten seit jeher auf eine Zweitwohnungssteuer. Doch die Gemeinden, die sie erheben, haben mit ihr durchweg gute Erfahrungen gemacht, selbst wenn die Einnahmen daraus in aller Regel bescheiden bleiben. Und schon die Erfassung der Wohnungen hilft, die Einwohnerstatistik um Karteileichen zu bereinigen: Während sich ein Teil der Teilzeit-Bürger angesichts der drohenden Besteuerung in den Kommunen abmeldet, lassen andere dort ihren Erstwohnsitz registrieren. Damit erhält die Gemeinde für sie Anteile an deren Einkommensteuer. Was noch wesentlich einträglicher als die Zweitwohnungssteuer ist.

Zudem kann die Abgabe angesichts der Wohnungsnot dazu beitragen, dass Zweit-, Dritt- oder Viertimmobilien nicht leer stehen und nur als Spekulationsobjekt genutzt werden. In Utting etwa sind im vergangenen Jahr zwei oder drei Objekte vermietet worden, weil für sie künftig Zweitwohnungssteuer zu entrichten sind, sagt Geschäftsstellenleiter Florian Zarbo. Die Gemeinde zähle zwar "zu den Vorreitern", die diese Einkommensquelle bereits seit 2005 nutzen - doch bislang hatte man sich ausschließlich auf das Melderegister verlassen, um die Zahlungspflichtigen zu erfassen. 2017 habe man erstmals alle Uttinger Immobilieneigentümer befragt: "Da haben wir viele herausgezogen, die hier schon lange leben", sagt Zarbo.

Die Rathausverwaltung bekam deswegen zunächst zwar viel negatives Feedback, aber die Kritiker seien inzwischen verstummt. Die Zahl der Steuerpflichtigen habe um mindestens die Hälfte zugenommen, die Einnahmen aus der Zweitwohnungssteuer hätten sich fast verdoppelt: Heuer plant Zarbo 90 000 Euro daraus im Uttinger Haushalt ein . In der Gemeinde wird von den etwa 100 steuerpflichtigen Eigentümern ein Betrag von maximal 1200 Euro jährlich verlangt.

In Bernried wird die Abgabe seit 2012 von etwa 50 Bürgern mit Zweitwohnsitz erhoben, die Verwaltung kann damit jährlich 30 000 Euro verbuchen. Auch dort gab es bei der Erfassung der Eigentümer Überraschungen: "Da gab es Altfälle, die schon gar nicht mehr gewusst haben, dass sie bei uns einen Wohnsitz hatten", sagt Kämmererin Eva Reicheicher. Der jährlich zu zahlende Betrag läge etwas unterhalb einer Monatsmiete. In Feldafing führte man 2011 die Steuer ein, heuer wird mit Einnahmen von 65 000 Euro kalkuliert, die einzelnen Eigentümer werden mit 290 bis 4500 Euro jährlich zur Kasse gebeten.

"Die Zweitwohnungssteuer hat sich bewährt", findet auch Herrschings Kämmerer Manfred Wörle: "Allerdings war es ein langer Erziehungsprozess, bis die Leute alle Angaben zum Mietwert ihrer Zweitwohnung gemacht haben." In Herrsching werden je nach Ausstattung des Objekts zehn bis 14 Euro pro Quadratmeter und Jahr verlangt. Dort werden so jährlich 250 000 Euro eingenommen - die absolut höchste Summe unter den Gemeinden im Fünfseenland. In Dießen sind es immerhin 200 000 Euro, die nicht nur von Haus-und Wohnungsbesitzern, sondern auch von Dauercampern bezahlt werden müssen. Die Einführung der Zweitwohnungssteuer habe auch dort 2005 "viele Eigentümer aufgebracht", sagt Kämmerer Max Steigenberger, am Ende aber "zu einer gewissen Bereinigung" des Melderegisters geführt, bei der einige Teilzeitbürger ihren Hauptwohnsitz nach Dießen verlagerten.

In Seefeld wurde die Steuer trotz umfangreicher Erhebungen gar nicht erst eingeführt. Zunächst hatte man 550 Bürger angeschrieben, die mit Zweitwohnsitz gemeldet waren: "Wir haben alle möglichen Unterlagen zusammengestellt und dann gemerkt, dass die Verwaltungskosten höher sind als das, was wir dann vielleicht hereinkriegen", sagt Gabi Ulrich, Leiterin der Seefelder Finanzverwaltung. Während sie nicht gern an den vergeblichen Arbeitsaufwand erinnert wird, sieht das der Berger Bürgermeister Rupert Monn anders: Dort hatte der Gemeinderat vor vielen Jahren die Einführung der Zweitwohnungssteuer beschlossen. Als die Verwaltung dann die Eigentümer anschrieb, habe sich ein großer Teil abgemeldet: "Unterm Strich war es dann unrentabel, die Steuer vom Rest zu erheben, und wir haben ganz darauf verzichtet." Doch weil so auch einige Bürger ihren Erstwohnsitz nach Berg verlegten, "war der Verwaltungsaufwand durchaus lohnend", sagt Monn.

Auch in Gilching hatte man sich 2010 noch 250 000 bis 300 000 Euro von der Einführung der Steuer erwartet, 1266 Bürger waren seinerzeit dort mit Zweitwohnung gemeldet. Bei der Erfassung schrumpfte die Zahl dann fast genau auf die Hälfte: "Seitdem ist das auf Eis gelegt", sagt Mariella Binder, stellvertretende Kämmerin: "Ich glaube eher nicht, dass die Steuer überhaupt noch kommt."

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: