Immobilien:Verkauf der Seeresidenz beunruhigt Bewohner

Lesezeit: 3 min

Die 120 Wohnungen der Seniorenresidenz "Alte Post" in Seeshaupt stehen zum Verkauf. (Foto: Otto Fritscher)

In der Anlage in Seeshaupt mit 120 Wohnungen leben Senioren. Für diese Mieter ändere sich nichts, versichert Philipp Jungblut, Geschäftsführer der Immobilien- und Betreibergesellschaft. Dahinter steht die Karg'sche Familienstiftung. Bürgermeister Bernwieser sieht Bestand der Residenz gesichert

Von Otto Fritscher, Seeshaupt

Wasserdicht. Dieses Wort ist es, das den Bewohnern die Sorge nehmen soll, dass sie einmal aus ihrer vertrauten Wohnung ausziehen müssen. Es handelt sich um keine normalen Mietwohnungen, die erst luxussaniert und dann verkauft werden, wie dies in München oft der Fall ist; das zeigt schon die Struktur der Bewohner dieser Anlage: Der jüngste ist 60 Jahre alt, der älteste gesegnete 105. Und die Lage, fast direkt am Seeufer in Seehaupt am Südende des Starnberger Sees, nur durch die Straße vom Wasser getrennt, darf man durchaus Premium nennen.

120 Seniorenwohnungen sind in den drei U-förmig angeordneten Gebäuden untergebracht; dazu gibt es ein Hotel mit Wellnessbereich, Restaurant, Festsaal und Verwaltung. Seit der Einweihung im Jahr 2001 ist die "Seeresidenz Alte Post" ein Altersruhesitz für Senioren, die sich Zweizimmer-Wohnungen mit einer durchschnittlichen Quadratmeter-Miete von gut 11,50 Euro leisten können - Services natürlich extra.

Für die Bewohner ändere sich indes nichts, sagen Philipp Jungblut (links) als Vertreter der Eigentümer und Makler Peter Schneider. (Foto: Otto Fritscher)

Und nun das: Die Eigentümer haben beschlossen, den Wohnbereich, also alle 120 Wohnungen, " auf dem Markt zu realisieren", wie es in der Branche heißt, sprich: an Investoren zu verkaufen. Das hat bei den Bewohnern der Seniorenresidenz verständlicherweise Unruhe ausgelöst. Werden die Mieten jetzt erhöht? Oder droht gar der Auszug, weil der neue Käufer aus der Seniorenwohnung ein Ferienappartement oder eine Eigentumswohnung machen will?

An dieser Stelle kommt Philipp Jungblut ins Spiel. Ein soignierter Herr, der trotz des frühlingshaften Sonnenscheins an diesem Dienstagmittag das Jackett seines schwarzen Anzugs nie aufknöpft. "Nein, die Bewohner müssen sich keine Sorgen müssen. Für sie ändert sich durch die Privatisierung ihrer Wohnungen nichts", versichert Philipp Jungblut, Geschäftsführer sowohl der Eigentümer- als auch der Betreiber-Gesellschaft, die 70 Angestellte für den Betrieb der Seeresidenz beschäftigt. "Wir haben lange über den Verträgen gesessen und alle Möglichkeiten, die Interessen der Bewohner zu schützen, ausgeschöpft. Die Verträge sind wasserdicht", sagt Jungblut. Ungewöhnliche Worte für jemanden, der als Eigentümer eigentlich Interesse daran haben müsste, die Immobilien zu Höchstpreisen loszuschlagen.

Vermutlich erklärt die Besitzerstruktur, die hinter der Seeresidenz steht, einiges. Diese ist auf den ersten Blick verwirrend, aber letztlich doch recht einfach. Hinter allen möglichen Betreiber-, Beteiligungs- und Immobiliengesellschaften steht die Karg'sche Familienstiftung mit Sitz in Frankfurt. Gegründet wurde sie 1953 von den damaligen Besitzern der Kaufhaus-Kette Hertie; mehr als 180 Warenhäuser samt Immobilien bildeten den Grundstück des Vermögens. 1993 verkauften die Eigentümer, "heute alles Privatiers", so Jungblut, Hertie dann an den Karstadt-Konzern. Und investierten über die Stiftung in den Bau der Seniorenresidenz.

Warum also jetzt der Verkauf? "Wir haben zu viele Immobilien im Portfolio. Es ist an der Zeit, eine Asset Allocation vorzunehmen", erklärt der Stiftungs-Geschäftsführer. Soll heißen, er will das Anlagevermögen neu strukturieren, "weniger Immobilien, vielleicht mehr Wertpapiere". Und die Zeit für den Verkauf sei angesichts der Preise, die derzeit auf dem Immobilienmarkt zu erzielen sind, günstig. In der Tat.

Die Preise für eine der rund 60 Zwei-Zimmer-Wohnung mit 55 Quadratmetern liegen bei rund 210 000 Euro, es gibt auch größere Wohnungen, eine sogar mit 130 Quadratmetern. Den durchschnittlichen Kaufpreis für einen Quadratmeter beziffert Peter Schneider, mit dem Verkauf betreuter Immobilienmakler aus Wolfratshausen, auf "3800, 3900 Euro". Er rechnet damit, dass alle Wohnungen bis zum Jahresende verkauft sind. 15 bis 20 wollen jetzige Bewohner kaufen. Die neuen Besitzer sollen "keinen Durchgriff" auf die Mieter ihrer Wohnungen haben, versichert Jungblut. Dazwischen sei "als Firewall" ein Generalmietvertrag geschaltet, den die Betreiber-Gesellschaft mit der neu gegründeten Immobilien-Gesellschaft, beide im Stiftungsbesitz, geschlossen hat. Nicht zum Verkauf stehen laut Philipp Jungblut das Hotel- und das Verwaltungsgebäude. "Das wollen wir behalten."

Der Verkauf aller Wohnungen soll rund 27,5 Millionen Euro erbringen, "eine schöne Summe auch für die Familienstiftung", sagt Jungblut. Dennoch gehe es für ihn nicht nur um Rendite - die neuen Besitzer könnten mit 3,5 Prozent rechnen. "Die Seeresidenz ist mein Baby, ich habe sie vom Bau her begleitet, da steckt mein Herzblut drin", sagt Jungblut. Für Seeshaupts Bürgermeister Michael Bernwieser ist es indes das Wichtigste, "dass es hier eine Seniorenresidenz bleibt, und nicht heimlich Ferienwohnungen entstehen." Dies habe die Gemeinde im Grundbuch abgesichert.

© SZ vom 15.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: