Dießen/Utting:Dießen springt als Zwischenmieter ein

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Marktgemeinde schließt Verträge und gibt Wohnungen dann an anerkannte Asylbewerber weiter

Von Armin Greune, Dießen/Utting

Fast alle Gemeinden im Fünfseenland haben große Probleme, Wohnungen für anerkannte Asylbewerber zu finden. Die zuvor in Containern oder Sammelunterkünften untergebrachten Flüchtlinge müssten als "Fehlbeleger" diese Mehrbettzimmer eigentlich sofort räumen und die Kommunen wären verpflichtet, Obdachlosen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Im Landkreis Starnberg bemüht sich Sabine Mach vom Koordinationszentrum Bürgerschaftliches Engagement (KoBE), potenzielle Vermieter für anerkannte Asylbewerber zu finden. In Dießen aber hat die Gemeinde selbst die Initiative ergriffen und tritt als Zwischenmieter auf. Mit Erfolg: So konnten bereits vier Objekte für Wohngemeinschaften von jungen Flüchtlingen gefunden werden.

Dort hatte im September vergangenen Jahres Eva Avilés die neu geschaffene Stelle für Asylintegrationsberatung angetreten. Auf ihre Anregung hin erstellte die Marktgemeinde einen Flyer, in dem auf die Wohnungsnot der Asylberechtigten hingewiesen wird und sich die Kommune als Hauptmieter anbietet. Als Reaktion auf die Aktion hätten sich inzwischen nicht wenige private Vermieter gemeldet, sagt Dießens Kämmerer Max Steigenberger: Auch wenn sich nicht alle angebotenen Objekte als geeignet erwiesen hätten, konnten drei Wohnungen schon bezogen werden. Ein weiterer Mietvertrag tritt am 1. Dezember in Kraft und bei einem Objekt, das vom 1. Januar an zur Verfügung stünde, wird noch verhandelt. Außerdem hat Dießen zwei eigene Wohnungen in den Häusern der vormaligen Druckerei Huber an der Johannisstraße und in der Notunterkunft am Waffenschmiedweg an Flüchtlinge vermietet. Darüber hinaus bestehe aber noch Bedarf an weiteren Wohnungen, sagt Avilés.

Die Mietverhältnisse werden von ehrenamtlichen Betreuern unter der Koordination von ihr und der Dießener Arbeiterwohlfahrt begleitet, auch Schulungen für die Flüchtlinge zum Thema "Wohnen" werden angeboten. Die Mietzahlungen übernimmt im Rahmen von Hartz IV in der Regel zunächst das Jobcenter Landsberg, so dass für die Marktgemeinde erst mal kein finanzielles Risiko entsteht. Inzwischen aber verfügen einige Asylberechtigte über ein eigenes Einkommen - dennoch sei es noch kein einziges Mal zu Mietrückständen gekommen, sagt Aviles: "Die meisten der Flüchtlinge sind Anfang 20. Manche beziehen noch Hartz IV, andere sind in der Ausbildung und ihr Lehrgeld wird durch Sozialleistungen aufgestockt, ein weiterer Teil zahlt die Miete schon selbst." Auf die Frage nach der Miethöhe antwortet die Integrationsberaterin, dass maximal 350 Euro pro Einzelzimmer bezahlt werden: "Wir wollen auch aufpassen, dass die Gemeinde nicht zum Preistreiber für WG-Zimmer in Dießen wird".

Für Asylbewerber in Sammelunterkünften werden hingegen wucherverdächtige Mieten von mehr als 30 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Unter diesem Vorzeichen erscheint es verwunderlich, dass noch keine weiteren Kommunen im Fünfseenland Dießens Vorbild gefolgt sind. Auf Nachfrage sagt Mach, auch im Landkreis Starnberg hätten schon Helferkreise vorgeschlagen, dass Kommunen als Zwischenmieter für Flüchtlinge auftreten - was aber aus Gründen der Gleichbehandlung mit Deutschen bisher stets abgelehnt wurde.

Dies war auch in Dießens Nachbargemeinde Utting das Hauptargument gegen die Anmietung von Wohnungen für Flüchtlinge. Dort hatte Edith Weimer, die seit Oktober als Flüchtlingskoordinatorin auf 450-Euro-Basis angestellt ist, zur jüngsten Gemeinderatssitzung einen entsprechenden Antrag gestellt. In Utting sind derzeit noch 28 Flüchtlingen im vormaligen Hotel "Seefelder Hof" untergebracht, 19 davon sind anerkannt und Fehlbeleger, acht haben sie sich für Gemeindewohnungen beworben. Auf der Warteliste fänden sich 20 Aspiranten, 16 davon mit Migrationshintergrund, berichtete Bürgermeister Josef Lutzenberger (GAL). Karl Sauter (CSU) befürchtete, die Gemeinde müsste eventuell für Mietausfälle haften und wollte keine Bevorzugung von Geflüchteten gegenüber Uttingern dulden. Der Richter Peter Noll (GAL) widersprach: Es ginge "nicht um Bevorzugung sondern darum, Nachteile auf dem Mietmarkt auszugleichen und darum, Obdachlosigkeit zu vermeiden". Am Ende stimmten dennoch nur fünf von 16 Gemeinderäten für den Antrag der Asylkoordinatorin.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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