Ammersee:Ritt auf den Wellen

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Im Flying Dutchman hat Tim Wechsler aus Dießen mit seinem Segelpartner Benedikt Nagel die Weltmeisterschaft gewonnen. Zusammen starten sie bei Regatten auf der ganzen Welt. Der nächste Wettkampf steht in Neuseeland bevor.

Von Carlotta Cornelius, Dießen

Mit vollen Segeln flitzt der Flying Dutchman über die wettergrauen Wellen des Ammersees. Tim Wechsler sitzt konzentriert am Steuer, während sein Partner Benedikt Nagel im Trapez versucht, die Regattajolle ins Gleichgewicht zu bringen. So windig der See an diesem Tag auch ist, man sieht den beiden an, dass sie mit dem Ritt auf den Wellen vertraut sind.

Wechsler und Nagel sind keine einfachen Hobby-Segler. Beide sind seit der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr im italienischen Scarlino amtierende U26-Segelweltmeister in der Flying-Dutchman-Klasse. "Die ist in Europa am weitesten verbreitet", sagt Nagel. Der Ammersee ist ihr Heimatrevier, wo sie bei der Segelgemeinschaft Augsburg (SGA) und beim MTV Dießen aktiv sind.

Während der 20-jährige Wechsler aus Dießen stammt und derzeit in Augsburg Sozialwissenschaften studiert, reist der 19-jährige Nagel extra aus Kempten im Allgäu an. "Der Ammersee ist schön zum Segeln, aber man hat keine Windgarantie", erklärt Wechsler. Da müsse man schon mal um sechs Uhr aufstehen, um günstige Bedingungen zu erwischen.

Diesmal haben sie Glück: Ein böiger Nordwestwind pfeift über den See, sodass das Boot rasch an Fahrt gewinnt. Bei unkonstantem Wind zu trainieren, habe zudem den Vorteil, bei Wettkämpfen im Notfall auch auf widrige Bedingungen vorbereitet zu sein. "Regatten werden aber meist bei konstanten Bedingungen angesetzt", sagt Nagel. "In Scarlino haben wir eine Weile gebraucht, bis wir reingekommen sind, aber dann gab es schönen konstanten Wind", ergänzt Wechsler. Obwohl bei der WM am Ende alles gut gegangen ist, war der Weg zum Titel zunächst von Pannen gesäumt: "Schon am ersten Tag ist einiges am Boot kaputtgegangen." Das sei vor allem dann fatal, wenn das Vertrauen des Seglers zum Schiff leide. "Beim Segeln ist vieles Kopfsache", sagt Wechsler.

Während Tim Wechsler (links) das Steuer bedient, hält Segelpartner Benedikt Nagel das Boot am Trapez im Gleichgewicht. Auf dem Ammersee erreicht der Flying Dutchman Spitzengeschwindigkeiten. (Foto: Georgine Treybal)

Erfahrung und Nerven wie Drahtseile beweisen die beiden auch heute. Lukas Schürer, der das Training für den Youtube-Kanal "Sport Fraktion" filmt, und Seglerkollege Max Ulreich, der ebenfalls in Dießen trainiert, begleiten sie im Beiboot. Gemeinsam werden sie Zeuge, wie das Boot bei einem abrupten Dreher zur Seite kippt und die beiden Segler kurz unter Wasser geraten. "Dreher wie heute entstehen durch Wirbel", erklärt Nagel später an Land.

Zum Segelsport gekommen sind die beiden Weltmeister damals durch ihre Väter. "Ohne die Unterstützung von den Familien würde das mit dem Segeln nicht gehen", sagt Wechsler. Er selbst hat 2008 mit dem Sport begonnen. "Das Segeln hat mir immer Spaß gemacht und ich wollte auch seit dem ersten Tag auf Regatten", erzählt er.

Mittlerweile sind sie in ganz Europa zu Regatten angetreten, demnächst geht es im Flugzeug nach Neuseeland zum nächsten Rennen. Das Startgeld zahle wie immer die SGA, Investitionen ins Boot sowie Anfahrten müssten sie dagegen selbst stellen. Für die aufwendige Neuseelandreise werden die jungen Segler außerdem durch spezielle Förderprogramme unterstützt. Von einer Profikarriere träumen sie schon, sie sehen die Sache aber auch realistisch. "Wir sind relativ spät eingestiegen", sagt Nagel. Außerdem sei Hochleistungssegeln zeitintensiv und mit großen Opfern verbunden. Deshalb steht für beide erst einmal die Uni im Vordergrund.

Ein eingespieltes Team: Tim Wechsler (links) und Benedikt Nagel. (Foto: Georgine Treybal)

Zur Titelverteidigung werden Wechsler und Nagel vermutlich nicht antreten, da die diesjährige Meisterschaft bei beiden in eine Prüfungsphase fällt. Aber: "Die Konkurrenz aus Herrsching ist letztes Mal Vize geworden, die fahren auch dieses Jahr wieder hoch", sagt Nagel. Vielleicht kann sich der Landkreis also auch heuer wieder über einen Segelweltmeister aus den eigenen Reihen freuen.

© SZ vom 14.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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