Schwabing/Freimann:Leben lernen

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Bezirksausschuss fordert Basis-Infos für Flüchtlinge

Von Stefan Mühleisen, Schwabing-Freimann

Es kommt durchaus vor, dass Stadtteilgremien sich mit landespolitischen Themen beschäftigen. Da werden Lösungsvorschläge formuliert - etwa zu Problemen der Flüchtlingskrise, für die nicht die Kommune, sondern die Bezirks-, beziehungsweise Landesregierung zuständig ist. Äußerst selten stößt eine Initiative direkt von der untersten zur obersten politischen Ebene im Freistaat durch - außer im Stadtbezirk Schwabing-Freimann, da geht das ganz einfach. Denn dort hockt Staatsminister Ludwig Spaenle (CSU) als einfaches Mitglied ziemlich regelmäßig mit am Tisch. Und schon öfter hat er Anregungen des Gremiums von dort direkt in die Staatskanzlei getragen. So auch jetzt wieder. "Ich werde das gerne anschieben", sagte der Minister kürzlich in die Runde, "wenn das Gremium das beschließt".

Er blickt dabei in zufriedene Gesichter; denn alle Fraktionen unterstützen den Antrag von Ekkehard Pascoe (Grüne). Der schlägt vor, jeder erwachsene Flüchtling, der eine Erstaufnahme durchlaufen hat, soll eine schriftliche Broschüre mit Basisinformationen über die Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Die Neuankömmlinge seien weder über das hiesige Rechtssystem noch über ihre Rechte und Pflichten informiert, argumentiert Pascoe: "Der rechtliche Rahmen ist durch das Grundgesetz garantiert, doch das kennt von denen niemand." Nach seiner Vorstellung soll entweder die Landes- oder die Bundeszentrale für Politische Bildung eine Broschüre in mehreren Sprachen herstellen: "Am liebsten wäre es mir, wenn die Menschen das bei Erhalt quittieren."

Den Schlusssatz in Pascoes Antrag hätte ein Amtschef für einen Verordnungstext nicht besser formulieren können: "Die Broschüre ist in handlichen, leicht lesbarem und übersetzbaren, zur besseren Erklärung grafisch aufbereitetem Format vorzulegen und jedem Einwanderer auszuhändigen."

Aus dem Gremium kommt nur eine Gegenrede. Dietrich Keitel (SPD) mäkelt, wenn schon, dann müsse das Info-Heft übersetzt und nicht "übersetzbar" sein. Zudem hätten die Asylsuchenden bei der Ankunft andere Sorgen: "Da werden sie eine solche Broschüre nicht als hilfreich empfinden." Patric Wolf (CSU) zeigt sich vom Gegenteil überzeugt. Flüchtlinge hätten in ihren Unterkünften viel Zeit, sich damit zu beschäftigen: "Das ist eine wunderbare Sache. Ich frage mich nur, weshalb es das nicht schon längst gibt."

Das bedächtige Nicken von Spaenle auf dem Stuhl daneben deutet darauf hin, dass der Minister ähnlich denkt. Wobei seine Worte dazu etwas gespreizt ausfallen. "Ich halte den Gedanken von einer sehr frühen Begegnung und einer Befassung mit dem Rechtsrahmen für sehr gut", formuliert er. Danach heben alle, auch Keitel, die Hand zum einstimmigen Votum.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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